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So ist es, auf der Fashion Week Drogen zu verkaufen

„Die ganzen Klischees sind wahr", erklärte uns ein Dealer und Modelagent. „Das sind nicht einmal Klischees—das ist einfach nur wahr."
Totenkopf aus Kokain

Foto: Imagens Evangélicas | Flickr |CC BY 2.0 Von den weitverbreiteten Gerüchten um Kate Moss' Kokainkonsum bis hin zu Bekleidungslinien mit Werbekampagnen, in denen Models ganz unverhohlen Poppers inhalieren: Es ist kein Geheimnis, dass Drogenkonsum und Mode Hand in Hand gehen. Auch wenn nicht alle Models und Szenetypen Koksschnüffler sind (gibt ja auch noch Ritalin, is' klar), zur New York Fashion Week, wenn zahllose Europäer in Panterfelljacken, eingeölten Haaren und verfügbarem Einkommen die Stadt heimsuchen, um auf Laufstegshows und Afterpartys neben ihren nicht minder furchtbaren New Yorker Pendants zu stehen, wird einen Gang hochgeschaltet.

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Vor ein paar Jahren sprach VICE mit einem Drogendealer darüber, wie während der Art Basel in Miami der Rubel rollt, und so dachten wir, es wäre eine gute Idee, mit noch einem Dealer darüber zu reden, wie es ist, bei der NYFW zu arbeiten. Nachdem unsere üblichen Connections uns alle auf ihre schwarzen Listen setzten, sobald sie „Frage für einen Artikel" hörten, erinnerten wir uns daran, dass dieser eine Freund, der als Modelagent in der Branche arbeitet, früher im Geschäft war. Er arbeitet bei einer hochangesehenen Firma und will nicht, dass seine Arbeitgeber wissen, dass er das Geschäft mit einer zwielichtigen Nebentätigkeit zu verbinden pflegte, und so bat er uns um Verwendung seiner Pseudonyme „Dick Tracy, Brian Boitano oder Manny Ribera LOL."

VICE: Was für Arbeit machst du denn in der Modeindustrie?
Dick Tracy: Eigentlich bin ich Agent, Booker, Manager—das ist alles das Gleiche. Bald sind es bei mir fünf Jahre. Ich manage zwischen 70 und 90 Models, aber sie sind nicht alle gleichzeitig in der Stadt. Zu den größten Shows, auf denen meine Models diese Fashion Week laufen, gehören Calvin Klein und Marc Jacobs.

Verkaufst du momentan zusätzlich zu deinem Modejob Drogen?
Im Moment kaufe ich nur große Mengen Gras—hauptsächlich um gratis rauchen zu können. So hat es bei mir mit dem anderen Shit auch angefangen. Ich hab nie Koks verkauft, aber ein paar Jahre lang hatte ich durchgehend MDMA. Das kam aus dem Nichts. Mein Freund, der dealte, war verreist und ich hab für ihn übernommen. Es hat sich von selbst verkauft. Ich habe an Freunde und ein paar Arbeitskollegen verkauft.

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Das andere Zeug, die härteren Drogen, die habe ich mehr so den Club-Kids verkauft—das Zeug gehört in deren Welt einfach dazu. Ich versuche, nicht an Leute zu verkaufen, mit denen ich arbeite, und diese Welten getrennt zu halten, auch wenn es manchmal zu verlockend war, um es sein zu lassen. Ich hab vor über einem Jahr aufgehört, härteres Zeug zu verkaufen. Ich nahm viel zu viel und es nicht mehr in Händen zu halten, war für mich der einzige Weg, damit aufzuhören.

Stimmen die ganzen Stereotype bezüglich der Modewelt und Kokain- beziehungsweise Drogenkonsum?
Das alles stimmt. Das sind nicht einmal Klischees—das ist einfach nur wahr. Mein Kollege ist gerade von den Männermode-Shows in Mailand zurückgekommen und angeblich hat einer der Designer bei einer Afterparty einen Kelch Kokain rumgereicht.

Gibt es Designer, die für Drogenkonsum auf ihren Partys berüchtigt sind?
Ich würde sagen, jede Party mit Freigetränken gewinnt. So viel ist klar. Man kann schon auf die Partykultur schließen, wenn man den Gesamteindruck der Marke selbst ansieht, weißt du?

Welche Droge ist deiner Meinung nach dieses Jahr in und warum? Ist Kokain immer noch die beliebteste Droge?
Definitiv Koks. Molly hatte seine Zeit und wurde dann richtig scheiße. Ich hatte letztes Jahr das Gefühl, Molly war heißer als Koks—vielleicht wegen all der Rapper, die um die Zeit rum anfingen, mehr in der Mode mitzumischen. HipHop pflanzt den Leuten viel von diesem „Was ist gerade heiß"-Shit ins Hirn. Scheint so, als hätten alle letztes Jahr MDMA fallengelassen, als es nur noch verdünnt war. Das gibt es bei Koks zwar auch, aber nicht so viel. Das ist die Standarddroge.

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Wie viel hast du in etwa während der Fashion Week verkauft, als du noch im Geschäft warst?
Ich kaufte immer viel. Viermal so viel wie die übliche Lieferung. Ich weiß nicht mehr, wie viel genau, aber ich würde schätzen, so für 2.000 Dollar wöchentlich. Die größte Menge, die ich bei einem Treffen verkauft habe, waren vielleicht 30 Gramm Molly—und bei Gras bewegt sich das auch etwa in dem Rahmen.

Meine Kunden haben immer sofort Mundpropaganda betrieben und von Anfang an stand mein Telefon vor lauter Kunden nicht mehr still. Das ging echt schnell. Ich brauchte vielleicht eine Woche, um ein Pfund loszuwerden—während der Fashion Week ging es noch viel, viel schneller. Ich hab gern in großen Mengen eingekauft, denn es konnte ganz schön nerven, nach der ersten Ladung noch etwas holen zu müssen.

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Wo hast du während der Fashion Week Drogen verkauft?
Ich hab so gut wie immer auf den Afterpartys verkauft. Ich hatte auch tagsüber immer Stoff dabei, denn die Leute kontaktierten mich ständig. Sie kamen in mein Büro, ins Fitnessstudio, auf Partys. Ich musste nie irgendwohin, sondern die Leute kamen zu mir.

Nutzen Dealer Leute aus, die auf der Fashion Week etwas kaufen?
Ich kann mir vorstellen, dass sie das tun, vor allem weil die Kunden nicht wiederkommen werden. Sie sind meist nur die eine Woche oder das Wochenende hier. Mädchen sind wegen der Shows in der Stadt, oft sind sie zum ersten Mal hier, und sie sind außer Rand und Band. Wenn sie Geld haben, ja, dann nutzen manche Leute sie aus.

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Und was ist mit Menschen in der Modebranche, die sich mit Drogen Gefallen erkaufen?
Wenn du ein weibliches Model bist, dann werden die Nicht-Models der Modeszene vieles tun, um deine Aufmerksamkeit zu kriegen. Promoter, zum Beispiel, tun einfach alles, damit du dich an ihren Tisch setzt: das Mädchen in einem Auto abholen, sie zum Abendessen ausführen, sichergehen, dass sie auch ausgehen, vielleicht Drogen für sie besorgen. Ich höre immer von einem Haufen zwielichtiger Scheiße in der Welt der Männermodels. „Gay for pay" gibt es definitiv, und ich bin mir sicher, dass das auch mit Drogen zu tun hat.

Interessiert es dich als Modelagent, ob deine Klientinnen während der Fashion Week Drogen nehmen?
Als Agent will ich wissen, was sie machen, und es hilft, wenn sie mir ehrlich sagen, was sie so treiben, damit ich ihnen helfen kann, wenn sie sich mal Probleme einhandeln. Aber ich sehe es dann ohnehin auf Social-Media-Seiten—sie stellen alles ins Netz und können schwer etwas verstecken. So lange sie nicht scheiße aussehen, wenn sie arbeiten müssen, und es morgens keine panischen Anrufe auf den letzten Drücker gibt, ist das für mich in Ordnung. Ich vertusche ständig Zeug—das ist einfach das Wesen dieses Jobs, ich verfälsche Dinge oder bügle sie glatt, um die Lage zu bessern.

Es gibt da die Mädchen, die versessen darauf sind, Stars zu werden, und sie sind unglaublich ausdauernd auf dem Weg dorthin—und sie nehmen keine Drogen. Andere werden von der Partykultur verschluckt und denken, sie könnten immer noch beides machen. Die jüngeren Models sind da gefährdeter, weil sie oft alleine sind und die Stadt noch nicht verstehen. Mädchen, die nicht schlafen und die ganze Nacht trinken, bekommen aufgedunsene Gesichter, und das kommt bei Castings nicht so gut.

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Nehmen die Leute während der Fashion Week tagsüber Drogen, um am Ball zu bleiben?
Absolut—ich habe das mitangesehen und auch mitgemacht. Manchmal muss man einfach tun, was man tun muss, um durch den Tag zu kommen. Vor allem während der Fashion Week, man arbeitet den ganzen Tag ohne Pause und geht danach zu Partys von Klienten. Ich muss da an Matthew McConaugheys Figur in The Wolf of Wall Street denken.

Hast du irgendwelche Geschichten über geplatzte Deals, oder über allgemeine Komplikation beim Dealen auf der Fashion Week?
Einmal hab ich mir selbst eine richtige Panikattacke verpasst. Ich hab mich betrunken und meine Drogen irgendwo versteckt, wo ich sie sonst nicht hintue. Mir ging der Arsch auf Grundeis, ich dachte, jemand hätte sie gestohlen.

Ein anderes Mal war da eine Gruppe israelischer Typen, die ausgehen wollten, nachdem sie mich gebeten hatten, sie in einem Striplokal zu treffen. Sie kauften bei mir und dann wollten sie mich nicht gehen lassen. Sie kauften mir Drinks, sie kauften mir Lapdances, etc. … Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis ich da wegkam. Und das alles wegen ein paar Gramm Molly.

Das Schlimmste war, als ich einmal etwas an jemanden verkaufte, während wir in seinem Auto saßen. Ich ließ aus Versehen mein Handy da drin liegen und es wurde mir klar, genau als er losfuhr. Ich holte schnell mein iPad raus und nutzte die „Finde mein iPhone"-App, während ich wie ein Gestörter die Lafayette Street entlang hinter dem Auto herrannte. Ich hätte ein Wegwerfhandy nehmen sollen.

Gibt es ein Land, dessen Models besonders hart feiern?
Australische Models, kein Zweifel. Alle dort unten sind voller Energie und für jeden Spaß zu haben. Britische Models belegen knapp den zweiten Platz.