Alice Weidel ist zwar die Spitzenkandidatin der AfD, entspricht aber definitiv nicht dem Durchschnitts-Mitglied ihrer Partei. Keine Partei ist männlicher als die AfD (Frauenanteil 16 %) und mit 38 Jahren hebt sie sich von den meist grauhaarigen Herren auf AfD-Parteitagen ab (Daten über das Durchschnittsalter von AfD-Mitgliedern gibt es nicht). Weidels Privatleben passt auch nicht zur Parteilinie: Sie lebt mit einer Frau aus Sri Lanka zusammen und zieht mit ihr zwei Söhne groß – ihre Partei lehnt die Ehe für Alle ab, und laut AfD-Wahlprogramm besteht eine ideale Familie aus “Vater, Mutter und Kindern“.
Während andere AfD-Politiker immer wieder mit rassistischen und nationalistischen Aussagen auffallen, gibt sich Weidel als moderne und liberale Anführerin. Weder Weidels Privatleben noch ein längerer Auslandsaufenthalt in China haben sie allerdings davon abgehalten, das Gesicht einer ausländerfeindlichen und nationalistischen Partei zu werden.
Je länger der Wahlkampf geht, desto mehr kommt aus Weidels Vergangenheit ans Licht: Anfang September veröffentlichte die Welt eine E-Mail aus dem Jahr 2013, die von Weidel stammen soll. In der Mail werden Araber, Sinti und Roma als “kulturfremd” bezeichnet und die Mitglieder der Bundesregierung als “Schweine” und “Marionetten der Siegermächte”. Die Zeit veröffentlichte einen Artikel, nach dem Weidel eine syrische Asylbewerberin illegal beschäftigt haben soll. Weidel streitet den Vorwurf ab. Da dieses Interview mit Weidel bereits Ende Juli geführt worden ist, konnten wir sie leider nicht zu diesen Vorwürfen befragen.
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Interviews mit Politikern der sechs größten Parteien findet ihr hier. Wenn wir den Eindruck hatten, die Antworten der Politiker verzerren die Wahrheit oder stehen im Widerspruch zur offiziellen Position ihrer Partei, haben wir Anmerkungen eingebaut.