10 Fragen an eine Flugbegleiterin, die du schon immer stellen wolltest

Es sind ein Haufen Klischees über Flugbegleiterinnen im Umlauf, viele davon zweifelhafter Natur und nicht unbedingt schmeichelhaft. Die meisten stammen wohl noch aus der Zeit, als Flugbegleiterinnen Stewardessen genannt wurden und man zwischen Langstreckenflügen eine Woche Ferien an einem exotischen Ort einlegen konnte.

Diese Zeiten sind längst vorbei. Fliegen hat sich von einem Luxus, der aussergewöhnlich und exklusiv war in ein notwendiges Übel gewandelt. Während man heute den Flug im vollgestopften Billigflieger möglichst schnell hinter sich bringen möchte, war zu Beginn der massentauglichen Luftfahrt schon die Reise Teil der Ferien. Dafür konnte es sich auch kaum jemand leisten, in die Ferien zu fliegen.

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Mit der Demokratisierung der Luftfahrt hat sich auch der Job der Flugbegleiterin total verändert und hat einiges von seinem Glamour eingebüsst. Für irgendeinen Billigflieger zu arbeiten, ist wohl kaum ein Traumberuf. Eine Flugbegleiterin einer grossen Airline hat aus dem Nähkästchen geplaudert und uns erzählt, was sich hinter dem undurchdringlichen Lächeln verbirgt.

Laura* hat nach dem Gymnasium angefangen als Flugbegleiterin zu arbeiten, weil der Job flexibel ist und sie Lust hatte rumzureisen. Heute hat sie schon neun Jahre Erfahrung und die ganze Welt bereist. Mittlerweile arbeitet sie nur noch Teilzeit als Flugbegleiterin und ist auf interkontinentalen Flügen unterwegs. Sie möchte hier anonym bleiben, weil sie befürchtet ihren Job zu verlieren, wenn man sie erkennt.

VICE: Wieviel Wut auf die Passagiere versteckt sich hinter deinem Zahnpastalächeln?
Laura: Ich glaube, das Lächeln wird uns in der Ausbildung eingetrichtert. Meine Freunde finden es immer sehr lustig, wenn sie mit mir zusammen fliegen. Ich habe dann eine ganz andere Stimme und ein anderes Lächeln. Die Uniform hilft, sich in diese Rolle zu begeben und man tut sich selbst einen Gefallen. Wenn man überfreundlich ist, haben die Leute wenig Angriffsfläche. Aber klar – manchmal ist man sehr wütend und wir müssen uns auch nicht alles gefallen lassen.

Wie schaffst du es, nicht auszurasten, wenn sich ein Gast richtig daneben benimmt?
Ich versuche den Passagieren immer zu erklären, wieso wir irgendwas auf diese oder jene Art machen. Dann geht man in die Küche nach hinten und motzt über die Person ab, das ist klar. Manchmal reicht es schon, wenn man den Passagier nebendran anlächelt, der auch schon die Augen über seinen Sitznachbarn verdreht.


Hast du schon mal jemandem ins Essen gespuckt?
Nein, das habe ich nicht. Aber manchmal kann es halt passieren, dass ein Essen nicht mehr warm ist oder ein Brötchen kurz auf den Boden gefallen ist. Das gibst du dann sicher der Person, die dich am meisten genervt hat. Man könnte auch per Zufall mit dem Trolley genau dieser Person ans Bein stupsen. Aber man macht sich damit keinen Gefallen. Wenn sich jemand daneben verhält, dann sage ich ganz laut, so dass es alle Leute rundherum auch hören: “Das geht so nicht!” Ich rede mit diesen Leuten, als wären sie Kinder. Dann kommen die eher drauf, dass sie sich scheisse verhalten haben.


Was war dein schlimmster Fluggast?
Schwierig zu sagen. Es gibt einige, aber wie wäre es mit dem: Ein Passagier dachte sich scheinbar, er sei etwas Besseres. Er wollte unbedingt ein Fisch-Menü, aber das gibt es gar nicht in der Economy Class. Er hat richtig rumgeschrien: “Was ist das für ein Scheiss hier?!” Ich habe ihm dann gesagt: “OK, wir finden eine Lösung.” Und er konnte ein Fisch-Menu aus der First Class haben. Aber es war nicht mehr ganz warm und er hat es nicht einmal gegessen, sondern auf den Boden geschmettert und wieder drauflos gepoltert. Mit dem Typ habe ich nicht mehr geredet.

Findest du Leute, die in Trainerhosen fliegen, asozial?
Gerade letzten Monat war ich auf einem Flug in die USA und jedes einzelne amerikanische Chick hatte Leggings an. Für die Jungen ist Fliegen gar kein Ereignis mehr. Hauptsache sie haben es bequem. Als Flugbegleiterin musst du auch auf dem günstigsten Flug schön angezogen sein, auch wenn ich privat fliege. Man kommt sich fast ein bisschen dämlich vor, wenn man selbst so schick angezogen ist und alle Passagiere im Pyjama dasitzen – Fliegen hat wirklich an Glamour verloren. Das allerschlimmste sind aber Leute, die barfuss im Flugzeug rumlaufen. Das geht gar nicht! Eklig! Und wer Shorts anzieht wird zu hundert Prozent frieren.


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In wie vielen Städten der Welt hast du deine Affären?
Seit ich einen Freund habe in gar keiner mehr. Ich hatte Bekanntschaften in verschiedenen Ländern, auf mehreren Kontinenten, denen man einfach mal schreiben konnte. Gar nicht unbedingt, um Sex zu haben, sondern auch nur um zu fragen, ob es eine gute Bar in der Nähe gibt. Heutzutage ist, glaube ich, Tinder dafür recht praktisch. Man kann Leute auch mal anschreiben und fragen, wo es heute eine gute Party gibt.

Wie oft haben Piloten und Flugbegleiterinnen etwas miteinander?
Ich würde sagen, jeder Pilot hatte schon mindestens einmal was mit einer Flugbegleiterin. Da bin ich mir wirklich sehr sicher. Weil es viel mehr Frauen als Männer in diesem Umfeld gibt, macht das die Piloten automatisch attraktiver. Ich persönlich finde Piloten in der Regel unattraktiv, weil sie denken, dass sie die Geilsten sind. Es gibt einen Witz darüber: Wie erkennt man einen Piloten an einer Party? Er sagts dir. Wobei: Die älteren Piloten sind aus einer anderen Zeit, oft sehr cool und charismatisch. Die Jungen kommen in ihrem karierten Hemdchen und ihrem Abercrombie & Fitch-Pullover daher. Richtige Bünzlis.

An was denkst du, wenn du am Eingang stehst und die Passagiere begrüsst?
Uns wird gesagt, dass wir die Leute von Anfang an beobachten sollen. Wir halten Ausschau nach Leuten, die zum Beispiel betrunken sind. Auf die gehen wir dann zu und fragen sie, ob sie nicht vielleicht aussteigen möchten. Ich finde es auch spannend, die Leute anzuschauen und sich zu überlegen, woher sie wohl kommen und wohin sie gehen. Beim Aussteigen ist man dann müde und sagt nur noch Byebye-Floskeln.

Findest du es peinlich, wenn Passagiere nach der Landung klatschen?
Meistens klatschen Touristen, die nur einmal im Jahr fliegen und sich bekreuzigen, wenn sie ins Flugzeug einsteigen. Leute, die mehr Angst vorm Fliegen haben, klatschen glaube ich eher. Ich weiss, dass es alle unmöglich finden, aber für mich ist es herzig. Die meisten anderen Flugbegleiter finden es auch schön! Es ist eine Art Dankbarkeit, welche die Passagiere zurückgeben und ich habe dann das Gefühl, dass ich meinen Job gut gemacht habe. Lustigerweise klatschen die Leute mehr, je unsanfter die Landung war. Sie denken wohl, dass es dann schwierig war. Aber selber klatsche ich nie.

Unhöfliche Gäste, schwierige Arbeitszeiten und der Lohn ist auch nicht so wahnsinnig. Ist der Job nicht einfach mies?
Es ist ein total unterbezahlter Job. Kurzstrecken zu fliegen finde ich echt mies. Wenn du keine Übernachtung hast, machst du vier Flüge an einem Tag und der Zeitplan ist so eng, dass du nicht mal Zeit zum Essen findest. Das würde ich nie machen! Da verdienst du mit dem Trinkgeld in einem Café als Kellnerin mehr und hast ein schöneres Leben. Dass man in dem Job viel herumkommt, ist das Einzige, was noch cool ist. Fünf Länder in einem Monat sehen oder im Winter nach Afrika fliegen zu können, wo man seinen Feierabend am Strand verbringt. Jede Stadt kann zu deinem Zuhause werden, wenn du dich darauf einlässt.

*Laura ist nicht ihr richtiger Name. Wir haben ihn geändert, da sie Angst hat, sonst ihren Job zu verlieren.

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