Das Jahr 2016 ist wie eine Teerwalze über die Welt hinweggerauscht. Nicht nur Ricardo Villalobos kann davon ein Meme-Lied singen. Dabei erging es uns in Europa noch ziemlich gut. Doch wir müssen auch festhalten: 2016 war ein verdammt gutes Jahr für elektronische Musik. Gemeinsam mit unseren internationalen THUMP-Kolleginnen und -Kollegen hatten wir deshalb eine schwere Wahl, als es darum ging, die besten Tracks und Alben des Jahres auszuwählen. Viele Zigaretten wurden geraucht, Clubnächte durchgrübelt, Platten wieder und wieder gewendet. Und kein Hacker wollte uns die Entscheidung abnehmen. Am Ende sind wir dennoch auf 20 großartige Tracks—die wir dir hier gelistet haben—gekommen, die dieses Scheißjahr erträglich gemacht haben. Zeit, zu tanzen! Und aktiv zu werden …
Andrés—”Mighty Tribe”
Andrés, der ehemalige Slum Village-DJ, Produzent und Scratch-Meister aus Detroit, veröffentlicht nicht gerade oft und nicht gerade viel—jedenfalls nicht so viel, wie seine Anhänger es sich wünschen. Zwar gibt es ab und an einen Remix von ihm, ansonsten hält er sich aber weitestgehend daran, eine Platte pro Jahr über sein eigenes Label La Vida zu veröffentlichen. Warum kann es sich jemand wie er erlauben, so wenig zu veröffentlichen, obwohl die gierige Industrie doch genau das Gegenteil verlangt? Antwort: Weil jede Platte so verdammt gut ist. “Mighty Tribe” ist eine Party-Platte, die passend zu den heißen Sonnenstrahlen des Sommers herauskam. Der verrückte Disco-Beat dreht sich um ein paar dezente Soul-Samples—Earth, Wind & Fire und Eddie Kendrick—,schwirrt beinahe neun Minuten lang auf deinen Membranen herum und bringt dich ohne zu zögern auf Touren.—David Garber
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Avalon Emerson – “2000 Species of Cacti”
Gäbe es sowas wie Outdoor-Techno, dann stünde Avalon Emerson mit “The Frontier” und “2000 Species of Cacti”, den beiden Tracks ihrer musikalischen Wüsten-Wanderung auf Whities, sicherlich an der Spitze. Die aus San Francisco stammende und in Berlin lebende Produzentin hat beide Tracks mit einer verträumten, lebhaften Erinnerung an ihre Kindheit in Arizona aufgefüllt. Auch wenn es schwer fällt, sich für einen der beiden zu entscheiden: “2000 Species of Cacti” hat mit der trockenen Hitze seines minimalistischen Beats und der trügerisch kühlen Melodie die Nase ganz knapp vorne. Und wie so ziemlich alle ihrer Produktionen besitzt “2000 Species” diese für Emerson so typische luftige Offenheit—als wäre es der Soundtrack zu jedem guten Coming-of-age- und Roadmovie, das dir jemals gesehen hast.—Thomas Vorreyer
DJ Boring—”Winona”
Es hat zwar bis zum Ende des Jahres gedauert, bis die ersten Think-Pieces zum Thema “Lo-Hi House” eintrudelten, aber die Lo-Fi Ästhetik war dennoch ein bestimmender Trend des Jahres. Dabei kennen Plattenversandshopmitarbeiter Dialoge wie den folgenden schon seit Jahren, etwa von früheren Hieroglyphic Being- oder L.I.E.S.-Veröffentlichungen: “Kann ich die bitte Platte wieder zurückschicken? Die Pressung klingt grottig gemastert.” “Nein, dass soll so!” Aushängeschild der jetzigen Welle war aber dieser Track; wohl auch aufgrund der aufmerksamkeitswirksamen Kombination aus griffigem Produzentenalias, griffigem—weil zum nostalgischen Sound passenden—Tracktitel und dem Interviewsample, in dem 90er Ikone Winona Ryder Sexismus im Schauspielgeschäft offenlegt. Und der Track selbst war dann auch mehr als nur solide, sondern eine stimmige, wuppende Nummer mit nuanciertem 303-Einsatz.—Thomas Vorreyer
DJ Sotofett—”Current 82″
DJ Sotofett hat dieses Jahr still und leise das gemacht, was er jedes Jahr macht: einige der mitreißendsten Tracks des Dance-Ökosystems rausgehauen. Diese A-Seite einer Split-12″ auf Keys of Life gehört zu den besten dieser unaufdringlichen Arbeiten, die er in den letzten paar Jahren veröffentlicht hat. Es ist eine zwölfminütige nächtliche Fahrt durch die schäbigeren Seiten der balearischen Inseln, die mit dem ominösen Beat einer Nacht pulsiert, von der du weißt, dass du einfach ein bisschen zu lange aus warst. Im Laufe der zwölf Minuten ist nicht viel Bewegung drin, spielerisch sphärische Synthie-Flächen lösen eine polternde Bassline ab. In den frühen Morgenstunden—wenn du weißt, dass die Sonne aufgeht, du es aber nicht wirklich schaffst, dich auf den Heimweg zu machen, wird das hier allerdings seinen Zweck erfüllen. Du wirst dich dabei wiederfinden, wie du dir vorstellst, am Strand zu liegen, das frühmorgendliche Mittelmeerwasser zu genießen und von besseren Tagen zu träumen.—Colin Joyce
I Hate Models—”Daydream”
Ziemlich düster ist dieser “Tagtraum” geraten. Der anonyme Produzent I Hate Models präsentierte Ende Juli auf ARTS eine neue EP samt dieses Techno-Bretts, wie man so schön sagt. Schonungslos nach vorne preschend, eine tatsächlich träumerisch flirrende bis zischende Melodie, und ein leicht nostalgisches Grundrauschen. Eine Wucht von einem Track. Stilecht mit einem passenden Video von the29nov films. Bei Hardwax & Co war die Platte verständlicherweise schnell vergriffen.—Thomas Vorreyer
Karen Gwyer—”Prophase Metaphase Anaphase Telephase”
Im Zusammenhang mit Techno wird nicht oft über Biologie gesprochen, doch Karen Gwyers Single “Prophase Metaphase Anaphase Telephase” bedient sich auf genau diesem Feld. Wissenschaftler erkennen sofort, dass jedes dieser Worte für Phasen der Mitose steht—dem Prozess der Zellteilung, von dem alles Leben auf der Erde abhängt. Sieht man sich “PMAT” eine Weile unter dem Mikroskop an, so findet man wirklich etwas in der DNA von Gwyers Snythie-Linien. Und die unterscheiden sich deutlich von dem, was ihre Zeitgenossen im Bereich Acid Techno abliefern. Diese Linien fließen über flatternde Hi-Hats, mutieren, teilen und verändern sich auf eine Art, die die zarte Harmonie und überwältigende Komplexität der natürlichen Welt widerspiegelt.—Colin Joyce
Kaytranada—”Glowed Up (feat. Anderson .Paak)”
Kaytranadas “Glowed Up”, eine Kollaboration des Produzenten aus Montreal mit dem angesagten kalifornischen Rapper und Singer-Songwriter Anderson .Paak, war einer der Höhepunkte seines Debütalbums 99.9%. Die gemütliche Electro-Funk-Angelegenheit ist nicht weniger als das Ausrufezeichen seiner produktiven Diskografie. Ohne diese sprudelnden Synthies, den polterndem Bass und die raue Erzähl-mir-nichts-Attitüde des Tausendsassas war im Jahr 2016 keine Party-Playlist vollständig.—Max Mertens
Konstantin Sibold—”Mutter”
Wenn du im Sommer auf einem größeren Festival oder einer gewissen Insel unterwegs warst, dann dürftest du “Mutter” mehr als einmal gehört haben. Capriati, Väth, Klock, Hawtin, Faki—sie alle wussten um die Qualitäten dieses Tracks. Eigentlich war man vom Stuttgarter Sibold eher Houseproduktionen gewohnt. Als “Uplifting, classic Trance” verkaufte dann Gerd Jansons Running Back-Label den neuesten Release. #Omen, #Frankfurt. Und tatsächlich: “Mutter” ist ein aus der Zeit gefallener Kraftprotz, der an die alte Frankfurter Techno Schule erinnert. Dramatisch, elektrisierend, finster.—Thomas Vorreyer
Lapsley—”Operator (DJ Koze’s 12-inch Extended Disco Version)”
DJ Koze, Chef von Pampa Records und DJ-Urgestein, überrascht uns Jahr für Jahr aufs Neue. Dieses Jahr hat er sich aber mit einem Disco-Edit für die britische Singer-Songwriterin Lapsley selbst überboten. Der Track könnte sowohl den Soundtrack zu einer rührseligen Strandparty als auch für einen vollen Dancefloor liefern. Kozes Remix von “Operator” erstreckt sich im Original über zehn Minuten und verzückt uns mit stimmungsvollen Beats, die mit heiteren Glocken und Flöten garniert sind. Er ähnelt seinen ausgelassenen DJ-Sets und anderen, die Dancefloors zum Kochen bringenden Tracks aus seiner Diskografie, wie dem stimulierenden “XTC” von 2015. Sein Remix für Lapsley ist allerdings nichts für Leute, die nachdenklich in der Ecke stehen. Koze strebt stattdessen nach etwas, für das große Dance-Tracks gemacht sind: dir dabei zu helfen, mit einem breiten Grinsen im Gesicht die beste Zeit deines Lebens zu haben.—David Garber
Lotic—”Formation (Election Anxiety/America Is Over Edit)”
Als in der Nacht der US-Präsidentenwahl die Ergebnisse eintrudelten und viele ungläubig ihre Tränen trockneten, antwortete Lotic, aka J’Kerian Morgan, mit einer gefühlvollen, aus seinen DJ-Sets bekannten Überarbeitung von Beyoncés “Formation”, die Lotic auf Soundcloud hochlud. “Election Anxiety/America Is Over Edit” war die Antwort auf die lähmende Hoffnungslosigkeit, die auf der Welt herrschte. Die donnernde Drum-Linie deutet direkt auf eine bevorstehende Revolte hin—einen allgemeinen Aufruf zum Widerstand gegen White Supremacy. Vor dem Hintergrund der kommenden Machtübernahme durch einen korrupten Führer fühlt sich Lotics Version von Beys Ermächtigungshymne wie eine Aufforderung an, sich “in Formation zu bringen”, die Frontlinie zu stürmen und gegen Systeme zu kämpfen, die dazu geschaffen sind, nicht-weiße Menschen zu unterdrücken. Er fordert uns dazu auf, unsere Schlachten außerhalb des Dancefloors zu schlagen und uns mit der Liebe und der Stärke zu bewaffnen, die wir benötigen, um es durch die dunkle Zeit zu schaffen, die vor uns liegt.—Max Mohenu
Mall Grab—”Can’t”
Mall Grabs “Can’t” mit seinem Alicia-Keys-Sample geisterte bereits ungefähr ein Jahr lang bei YouTube herum, bevor der Track durch das Londoner Label Church richtig veröffentlicht wurde. In mäßig bekannten YouTube-Kanälen versteckt und mit Videos versehen, in denen ein paar nette Formen und schräge Charaktere zu sehen waren, wurde der Track derart geheimnisvoll wie früher anonyme White Labels. Jordon Alexander (der Produzent hinter Mall Grab) war zwar nie wirklich anonym, trotzdem stellt sich die Frage, wie er es geschafft hat, so vollständig ausgeformt, sprich: “fertig” aufzutauchen. Die Produktion ist clever und sofort befriedigend, Keys’ Gesang wird mit betäubenden, elektrischen Piano-Klängen verwoben, eine überraschend strukturierte und subtile Angelegenheit für das Genre House-Track mit R’n’B-Sample. Endlich hat dieser einfache und trotzdem sinnliche Track seinen Weg aus dem Netz in die Welt gefunden.—David Garber
Midland—”Final Credits”
“Final Credits” stützt sich auf ein Sample aus Lee Alfreds “Rockin’-Poppin Full Tilting” von 1980. Midlands Track macht aus der losen Prahlerei des Originals etwas weitaus Schärferes und Strafferes, wodurch eine schwungvolle, frische Hymne entsteht. Es ist ein Klischee, von einem Song zu sprechen, bei dem du “die Hände in die Luft werfen” willst, aber es lässt sich unmöglich ein anderer Track finden, der das Publikum im Sommer 2016 so sehr zusammengebracht hat wie dieser. Midland produziert seit einiger Zeit bemerkenswerte Musik, doch diese ansteckende und intelligente Party-Platte ist genau der Vorstoß in den Mainstream, den er verdient.—Angus Harrison
Move D—”I Gave My Love (Shan & Gerd Janson Edit)”
Es ist nicht leicht, einen House-Klassiker zu überarbeiten, besonders einen, der schon 1993 veröffentlicht wurde—und trotzdem immer noch frisch klingt. Doch Shan und Gerd Janson haben einen Weg dafür gefunden. Das Breakbeat Shuffle, das sie hinzugefügt haben, gibt dir dabei das Gefühl, dass ihre Version vor langer Zeit veröffentlicht wurde, vielleicht sogar zur gleichen Zeit wie das Original. Dieser Track ist ein gutes Beispiel dafür, wie du dein Ausgangsmaterial respektieren kannst, und ihm gleichzeitig eine neue Richtung verleihst.—Philipp Kutter
Mr. Fingers—”Qwazars”
Bei “Qwazars”, Larry Heards langersehnter Rückkehr unter dem Namen Mr. Fingers, arbeitet der legendäre Produzent mit einer anderen Beziehung zu Zeit in der Musikgeschichte. Während junge Produzenten oft nach Neuem streben, folgt der House-Musik-Innovator mit virtuoser Eleganz einem jahrzehntealten musikalischen Pfad. Dass er bei der Verfeinerung dieser Praxis nach all den Jahren noch so hingebungsvoll—und unglaublich versiert—vorgeht, lässt aus jeder Faser der präzisen, hypnotischen Klängen von “Qwazars” ein hart erarbeitetes Verständnis sprechen.—Alexander Iadarola
Pearson Sound—”XLB”
“XLB” ist ein neuer Höhepunkt in den experimentellen Sphären von britischem Techno/Post-Dubstep/Nu-IDM oder wie auch immer du es nennen willst. Es ist eine himmlische, skelettartige Kreatur, die eigentlich recht wenig macht—nur diese permanent schwirrenden Töne wiederholen—, doch die Welt, die dadurch aufgebaut wird, ist riesig. Immer wenn ich ihn gehört habe, wenn das Tropfen sich auflöste und die Bassline endlich mit voller Kraft einsetzte, kochte der Dancefloor. Mit Pangaeas Debüt-LP und einer Menge Ben UFO-Sets füllt die Hessle-Crew weiter die seltsamsten Ecken unserer Realität. “XLB” ist eine seltsame, nervenaufreibende Angelegenheit für seltsame, nervenaufreibende Zeiten.—Angus Harrison
Peggy Gou—”Maktoop”
Die Berliner Produzentin und DJ Peggy Gou bedient sich bei ihren Tracks einer Vielzahl von Einflüssen: Detroit, Chicago, der organischen Kraft des Nachtlebens und vor allem afrikanischen Musiken—alles ist bei ihr zu finden. Aber wie bei den meisten Künstlern, die die Leute zum Tanzen bringen, ist die wahre Kraft ihres Sounds eine ganz eigene. Gous Vorliebe für überlagertes Sounddesign und schmalzige Acid-Linien wird auf diesem Track für das Ninja-Tune-Sublabel Technicolour deutlich. Als eine der rasantesten Erfolgsgeschichten von 2016 dürfte der Name Peggy Gou im nächsten Jahr nicht selten fallen. Der Tracktitel, der arabisch für “Schicksal” ist, mag vielleicht mehr sein als nur ein cleverer Zufall.—David Garber
Project Pablo—”Closer”
2016 hat der kanadische House-Produzent Project Pablo sowohl auf Magic Wire Recordings als auch auf Rotterdams Clone Royal Oak Platten veröffentlicht, doch es war eine Single auf seinem Label SOBO, die vielleicht das bisherige Highlight in seiner erfolgreichen Karriere darstellt. Mit abgedrehten DX7-Melodien, klirrenden Kuhglocken und einem warmen, mäandernden Groove vereint “Closer” alles, was wir von ihm so lieben in einer makellosen, beinahe siebenminütigen Sommer-Hymne. Anders als der Chainsmokers-Song mit demselben Titel passt Pablos “Closer” zu verrauchten Afterhour-Loftpartys, bevor das Licht angeht und die Wirkung der Drogen verfliegt.—Max Mertens
The Black Madonna—”He Is the Voice I Hear”
The Black Madonna (die eigentlich Marea Stamper heißt) produziert schon länger ihre eigene Musik, doch erst ihre Bekanntheit auf den Bühnen der Electro-Welt hat ihr sowohl die Aufmerksamkeit als auch die Ressourcen verliehen, um sich eine lange bestehenden Traum zu erfüllen. In diesem Jahr stellte sie ihr eigenes Label, We Still Believe, mit einem zehnminütigen, ekstatischen Lobgesang auf Disco namens “He Is the Voice I Hear” vor. Von dem Moment an, in dem die sanften Piano- und Geigen-Klänge in einen ausgelassenen Disco-Beat übergehen, wird klar, dass dieser Song für Stamper ein Release mit Statement sein soll, das sich von den typischen 2016er Dance-Musik-Hits abhebt. Für den Track hat sie den Fokus auf Live-Instrumentierung gerichtet und mit dem Grammy-Award-Gewinner und Geiger Davide Rossi sowie dem Pianisten Christoforo La Barbera zusammengearbeitet. Der Titel des Tracks stammt aus einem Zitat von Frankie Knuckles, mit dem er seinem Freund und Mentor Larry Levan ehrt. Auch Stamper widmet ihren Song all den Personen, die sie inspiriert haben—sowohl Knuckles als auch Levan, aber auch Arthur Russell, Walter Gibbons und Loleatta Holloway. Stamper hat ein Händchen für den Spagat zwischen Vergangenheit und Zukunft der Dance-Musik: Ihr Sound geht auf klassischen House und Disco der Paradise-Garage-Ära zurück, während ihre progressive Politik, Ungleichheiten zu bekämpfen und den queeren Wurzeln von Dance-Musik zu huldigen, einige der wichtigsten Themen unserer Zeit anspricht. Nirgends wird dies deutlicher als auf “He Is the Voice I Hear”.—Michelle Lhooq
Toxe and Mechatok—”Still Life”
Wenn man eins sicher nicht über Staycore sagen kann, dann, dass 2016 bei ihnen Stillhand herrschte. Im Gegenteil: Dieses neue und aufregende Kollektiv—das 2014 gegründet wurde und bei dem unter anderem Leute wie Dinamarca, Ghazal und mobilegirl dabei sind—zerlegte bereits Clubs wie die Berliner Panorama Bar. 2016 war ja eine gewisse britisch orientierte Rave-Nostalgie angesagt; die DJ-Sets dieser internationalen Crew halfen hingegen, zu definieren, wie zeitgenössische, zukunftsgewandte Clubmusik klingen sollte. Es ist ein herausfordernder Mix von Hardcore-Beats, Trance-Mustern, karibischen Rhythmen und Pop-Hits. Unter den vielen großartigen Tracks, für die Staycore zuletzt verantwortlich war, ist diese stampfende, von Kenzo unterstütze Kollaboration von Toxe und Mechatok vielleicht am repräsentativsten. Der Track beginnt auf bedrohliche, beinahe Kammerspiel-ähnliche Art, harte Synthies und ein zermalmender Beat verbinden sich und hauchen allen Versprechungen von Staycore Leben ein.—Thomas Vorreyer
Traumprinz—”2 The Sky (Metatron’s What If There’s No End And No Beginning Mix)”
Traumprinz ist einer der wenigen “anonymen Produzenten”, die sich wirklich komplett bedeckt halten, selbst wenn wir wissen, dass er auch Musik unter den Namen Prince of Denmark und Metatron veröffentlicht, aus Hannover stammt und mit dem Label und Kollektiv Gieling aus Weimar verbunden ist, das für seine melodischen, minimalistischen Herangehensweisen an Chicago House bekannt ist. “2 The Sky” ist ein Mysterium, rätselhaft und als Remix eines Traumprinz-Songs durch ein Traumprinz-Alter-Ego verpackt. Die Zutaten sind so reduziert, dass es schwer zu glauben ist, dass daraus ein Song entstanden ist: Ein hüpfender Breakbeat, ab und an untermalt von Bongo-Klängen; eine absteigende Synthie-Tonleiter, die vorbeirollt wie Wellen, die gegen ein Ufer krachen; und dann, ungefähr nach zwei Minuten, setzt ein Vocal-Sample ein, das wie von einer lange verschollenen Soul-Platte klingt und langsam aber beharrlich ins Ohr dringt: “To the sky. Back into the sky.” Durch ein paar impressionistische Piano-Noten und einen aus dem Nichts kommenden Ausruf—”Alright!”—gibt es nach fünf Minuten so etwas wie einen Höhepunkt; doch der Song braucht gar keinen. Er entfaltet sich als zehnminütiger Gipfel, als die Art von kleinem Himmel, nach dem sich Club-Kids am Ende einer langen, ermüdenden Nacht sehnen—oder aber auch am Ende eines langen, ermüdenden Jahres. Leg es auf, wenn du das nächste mal ein wenig Hoffnung brauchst.—Emilie Friedlander
Dieser Artikel ist zuerst auf THUMP erschienen.
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