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Du hast dich betrunken und lächerlich gemacht und bist als trauriger Mensch aufgewacht. Deine Vorstellung von einem perfekten Partywochenende, bei dem du gleichzeitig maximalen Spaß hast, es allen recht machst, unglaublich clevere Witze abfeuerst und dich dem Substanzenmissbrauch genau in der Dosis hingegeben hast, dass jeder eine unvergessliche Anekdote über dich kennt und du trotzdem am nächsten Tag fit genug bist, um dein Frühstück bei dir zu behalten, ist elendig gescheitert.
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Das liegt daran, dass es solche Partywochenenden in Wirklichkeit nicht gibt. Der einzige Ort, wo sie existieren, ist in den Imagevideos von Biermarken oder in alten George Michael-Videos. Aber dein Leben ist kein „Club Tropicana”, die Drinks sind nicht free und es gibt auch nicht enough fun and sunshine für everyone. Während du am Nachmittag aufwachst, mit einem dumpfen Kopf und einem dicken, alkoholischen Fettfilm zwischen dir und der Welt, wird dir das alles schmerzlich bewusst.
Du realisierst langsam, dass deine Eltern mit allem recht hatten, was sie dir jemals vorgesagt haben und du ein erbärmlicher Versager bist. Mit etwas mehr Selbstbeherrschung könntest du um 16:00 Uhr genauso gut bereits drei Crossfit-Kurse und deine Großeltern besucht haben, anstatt wie das Opfer eines Giftgas-Angriffs, den du selbst verursacht hast, vor dich hin zu vegetieren.
Manchmal ist das Glück eben wirklich wie ein Vogel—und Vögel scheißen einen manchmal eben von oben bis unten zu, während sie vorbeiziehen. Aber das macht nichts. Wenn das Leben dir Kacke gibt, mach Dünger draus. Oder auch Kacke-Wein, wie die Südkoreaner. Mach irgendwas, aber hör auf, dich für deine eigene Freizeitgestaltung zu bemitleiden und lerne, das Verlieren zu genießen. Hier sind ein paar Tipps, wie du den Sonntag besiegst.
Vergesst die Party
Zuerst mal musst du den endlosen Kreislauf durchbrechen, in den dich dein Gehirn an einem solchen Tag einzuspannen versucht. Er geht zirka so: „Oh Gott, fühl ich mich schlecht. Wenigstens war’s ein lustiger Abend. Bis auf dieses eine Gespräch. Warum habe ich über Sex mit Hunden geredet? Wer war da aller dabei? Die wollen mich sicher alle nie wieder sehen. Oh Gott, fühl ich mich schlecht.”
OK, wahrscheinlich redet nicht jeder von euch gleich häufig über Sex mit Hunden (obwohl ich immer noch finde, dass rein theoretisch nichts dagegen einzuwenden ist, wenn die Hunde den aktiven Part übernehmen, aber egal). Du weißt schon, worauf ich hinaus will. Es bringt nichts, missglückte Gespräche noch 20 Mal im Kopf durchzuspielen. Genauso, wie es nichts hilft, bei der abendlichen Dusche-of-Shame daran zu denken, wie du in eurem schlimmsten Moment von außen ausgesehen haben musst. Menschen reagieren auf Verhalten, nicht auf Erinnerungen. Wir sind wie Hunde (nicht wegen dem Sexding, sondern allgemein). Wenn du das nächste Mal einfach so tust, als wärst du der neue Diktator von Nordkorea, wird dir niemand mehr den letzten Hundesex-Sager oder Nippel-Zwicker vorhalten.
Trefft schnelle Entscheidungen
Ich weiß, Sonntag ist eigentlich kein Tag, sondern ein Zustand. Es ist der 24-Stunden-Standby-Modus unserer Existenz und daher nicht gerade die Zeitspanne, in der wir besonders gern (oder gut) Entscheidungen treffen. Aber genau deshalb müssen wir uns am Sonntag in der Regel auch nicht sehr viel mehr Gedanken machen, als die, welches Essen wir bestellen und welchen Film wir uns ansehen wollen.
Manchmal kann auch das schon eine ziemliche Tortur sein. Ich kann mich selbst an Sonntage erinnern, wo ich es nicht mal geschafft habe, in 6 Stunden vor dem Fernseher einen einzigen Knopf zu drücken, bis sich das Gerät automatisch abgeschaltet hat und ich mein doof vor sich hin starrendes Spiegelbild auf dem TV-Schirm gesehen habe. Aber das waren auch nicht meine hellsten und glücklichsten Momente.
Natürlich hat man manchmal auch das Gefühl, dass man sich nach einem besonders harten Abend erst recht etwas Gutes tun und die Party mit dem Feintuning eurer Gefühlsorgel ausgleichen muss. Aber die Wahrheit ist, dass es in deinem Zustand völlig egal ist, was du dir anschaust, weil du kurz vor Mitternacht, wenn du dann wieder nüchtern wirst, sowieso glaubst, du hättest den Tag nur geträumt. Schau also einfach irgendeinen Film, statt eine Stunde mit der Auswahl zu verbringen.
Esst schlimme Sachen
Dasselbe gilt für Essen. Es sollte im besten Fall Fett und Glutamat haben und von der Konsistenz eurem geschwächten Kiefer entgegenkommen. Niemand kaut gerne Knäckebrot, wenn er verkatert ist.
Anstatt dir wie ein New-Age-Opfer vorzusagen „Ich muss mein Leben in den Griff bekommen”, solltest du dir ein neues Mantra zulegen und es sollte zirka so gehen: “Ich habe keinen Respekt vor Leuten, die am Wochenende keinen Scheißdreck essen.” 3.000 Kalorien an Junkfood am Sonntag werden euch nicht fett oder unzufrieden machen. Kapier endlich, dass die restlichen 6 Tage genug Zeit für solche Gedanken bieten. Das Fett wird wie Balsam für deine Seele wirken.
Hört auf, an Montag zu denken
Als ich 12 war, wollte mein Vater mit mir in die Nachmittagsvorstellung von Jurassic Park gehen. Ich hatte am nächsten Tag einen Englischtest und noch viel zu wenig dafür gelernt, aber ich wollte auch wirklich dringend Jurassic Park sehen und solche Kinoangebote gab es bei mir nicht täglich. Also habe ich den Test verschwiegen und den ganzen Film über mit meinem schlechten Gewissen gekämpft. Dasselbe Gefühl beschleicht mich immer noch jeden Sonntag. Und es würde mich wundern, wenn ich der einzige wäre.
Aber anstatt mich jeden Sonntag von 13:00 Uhr bis Mitternacht wie damals vor meinem Englischtest zu fühlen, habe ich einfach eine andere Strategie entwickelt: Immer, wenn das schlechte Gewissen vom Jurassic Park-Schauen aufkommt, denke ich einfach an Jurassic Park, was gleichzeitig ein sensationell guter und ein absurd schlechter Film war, und mache mir Gedanken über den neuenJurassic World-Trailer und wie aus dem dicken Chris Pratt von Parks and Recreation der gestählte Chris Pratt aus Guardians of the Galaxy werden konnte und wie lustig es eigentlich ist, dass der Troma-Trashguru Lloyd Kaufman in Guardians einen Cameo-Auftritt hat—und auf einmal weiß ich meistens nicht mal mehr, was „Montag” überhaupt bedeutet.
Geht raus
Der Journalist und Zitate-Produzent H. L. Mencken hat mal gesagt, Binsenweisheiten sind Dinge, von denen erstens jeder annimmt, dass sie wahr sind und die zweitens meistens nicht wahr sind. Das ist wahr. Aber bei der Binsenweisheit, dass man an die frische Luft gehen und sich gefälligst bewegen sollte, wenn es einem dreckig geht, ist das anders. Klar wirkt rausgehen an einem Tag, wo du nicht mal richtiges Essen kauen kannst, ein bisschen anstrengend. Ist es auch. Aber selbst, wenn du nicht zu den Familientypen gehört, die auf LinkedIn „Sontagsspaziergänge” bei ihren Kenntnissen angegeben haben, bringt es einfach was.
Nicht nur, weil du körperlich wieder lernst, wie ein Homo sapiens zu gehen, sondern, weil du deinem Gehirn so beibringst, dass du kein Gefangener deiner Couch und auch nicht auf deine Eltern angewiesen bist, um an einem freien Tag etwas anderes zu schaffen als essen, schlafen, videospielen und masturbieren. Je nachdem, ob ihr dabei lieber junge Bobo-Familien auf Instagram-Walk oder einsame Creeps treffen wollt, könnt ihr entweder am Nachmittag oder erst nach Sonnenuntergang
starten. Ich hätte sonst jedenfalls nie erfahren, dass die Modellbaustube Montag bis Freitag bis „zumindest 18:04 Uhr” geöffnet hat—und genau solche Dinge sind es, die einen an einem Sonntag glücklich machen.
Markus auf Twitter: @wurstzombie