Wenn Strache sich veralabat

Foto von Gerhard W. Loub

Allerorten zeigt sich derzeit Zufriedenheit über den erzwungenen Rücktritt von Andreas Mölzer als Spitzenkandidat der FPÖ für die EU-Wahl. Ich kann diese Zufriedenheit nur bedingt teilen.

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Selbstverständlich, Mölzer ist rechtsextrem. Er ist ein deutschnationaler Burschenschafter alter Schule, selbstgefällig und wohl eher die Art Partybesucher, die hervorgezaubert wird, wenn die letzten ungebetenen Gäste das Feld räumen sollen. Sein Schmiss, erworben als Burschenschafter des „Corps Vandalia”, sitzt feist im Gesicht, darunter schimmert das unangenehme Grinsen des Autors von nationalen Pornos („Der Graue”) durch. Es ist angenehm, wenn wir solche Figuren nicht von allen Plakaten sehen müssen.

Nur—was unterscheidet ihn eigentlich vom durchschnittlichen FPÖ-Funktionär, außer vielleicht der Tatsache, dass die meisten von ihnen bräunliche Pornos wohl eher konsumieren als schreiben?

Knapp die Hälfte der Männer im FPÖ-Parlamentsklub haben ihr politisches Handwerk in rechtsextremen Burschenschaften gelernt. Der Wiener Gemeinderatsklub gilt als Filiale der Burschenschaft Aldania. Der oberösterreichische Landesobmann der FPÖ, Manfred Haimbuchner, und sein Klubobmann Steinkellner kommen aus dem „Corps Alemannia Wien zu Linz”—der gleichen Verbindung, in der auch SA-Sturmführer Horst Wessel (der mit dem Lied) groß geworden ist.

Foto von Werner H. Wögerer

Zu den Burschis kommt in Niederösterreich noch das Aushängeschild des nationalen Lagers, die ehemalige FPÖ-Bundespräsidentschafts-Kandidatin und zehnfache Mutter Barbara Rosenkranz (die Kinder haben selbstverständlich standesgemäße Namen erhalten: Hedda, Ute, Alwine, Sonnhild, Volker, Hildrun, Mechthild, Arne, Horst und Wolf). Der Mann von Barbara, Horst Jakob—ein Schelm, wem die mögliche Abkürzung des Vornamens suspekt ist—galt viele Jahre als zentrale Figur des österreichischen Neonazismus, in der niederösterreichischen FPÖ ist er als Referent gern gesehen. Bei diesen Familienbanden ist wohl auch gut nachvollziehbar, warum Frau Rosenkranz bei Fragen nach dem Verbotsgesetz schon mal ins Stocken gerät.

Heinz-Christian Strache selbst verdiente seine Meriten in der schlagenden Mittelschulverbindung „Vandalia” (mangels Studium ist er kein Burschenschafter, was in manchen Verbindungskreisen dem Vernehmen nach höhnisch belächelt wird). Ebenfalls ein Vandale ist der Strache-Vertraute und Wiener Klubobmann Johann Gudenus junior. Der werte Herr Papa musste vor einigen Jahren als FPÖ-Abgeordneter zurücktreten, nachdem ihm das mit dem Holocaust nicht so ganz klar war und wurde wegen Verstoß gegen das NS-Verbotsgesetz verurteilt. Ebenfalls im inner circle von Strache: Harald Stefan von der notorisch einschlägigen Burschenschaft Olympia, die schon mal Neonazi-Barden auf die „Bude” einlädt. Einer davon, Michael Müller, im Jahr 2003 zu Gast bei den Olympen, wurde mit dem textlich umgestalteten Udo Jürgens-Song „Mit 6 Millionen Juden, da fängt der Spaß erst an. (…) Bei 6 Millionen Juden, ist noch lange nicht Schluss!” in der nationalen Szene so richtig populär.

Foto von Daniel Tratz, via VICE Media

Es ist also klar: inhaltlich gibt es da eigentlich keine Konflikte mit Andreas Mölzer. Doch Mölzer macht Probleme: er sagt in der Öffentlichkeit das, was sonst nur im Bierdunst der Burschenschafter-Buden gesagt werden soll. Vor allem der Angriff auf David Alaba hat Mölzer das Genick gebrochen. Die mit dem N-Wort, das sind die anderen, aber „unser David” wurde vom nationalen Konsens bereits längst weißgespült. Sowas kostet Stimmen – und das ist ein Problem, wenn die FPÖ über ihre KernwählerInnen hinaus erfolgreich sein will.

Und dann gibt es noch eine zweite Schwierigkeit: die FPÖ ist für die EU-Wahl ein Bündnis mit verschiedenen anderen rechtsextremen Parteien eingegangen. Doch sowohl der französische „Front National” wie die Schwedendemokraten versuchen im EU-Wahlkampf gerade, sich seriös zu geben und den Rassismus nicht zu sehr raushängen zu lassen. Da kommen Medien-Berichte über Andreas Mölzer, der die EU als „Negerkonglomerat” bezeichnet, nicht unbedingt gut. Dem Vernehmen nach war der Rücktritt von Mölzer die Bedingung, um dieses Wahlbündnis weiter aufrecht zu erhalten.

Mölzer war also ein Bauernopfer, um der FPÖ zu einem Wahlerfolg zu verhelfen. Inhaltlich bleibt alles gleich, doch nach außen werden die Freiheitlichen jetzt wieder stärker in die Offensive gehen können. Doch wer meint, dass sich auch grundsätzlich etwas ändern könnte, darf be(un)ruhigt bleiben: der neue Spitzenkandidat, Harald Vilimsky, schwadroniert mit Selbstverständlichkeit über „kulturfremde Länder”, „Sozialmissbrauch” und „absoluten Zuwanderungsstopp”. Alles beim Alten also.