Drei Minuten darf es dauern, bis ein Burgerpatty aufgetaut, gegrillt, mit Salat und Gurken garniert, zwischen zwei wabbelige Brötchenhälften geklatscht und in die Wärmetheke geschoben wird. Zumindest lernte das Dennis, als er vor zwei Jahren in einem McDonald’s in Frankfurt anfing. Weil er um seinen Job fürchtet, ist Dennis nicht sein richtiger Name. Damals arbeitete er als Küchenhilfe, heute ist der 29-Jährige Schichtführer und “Mädchen für alles”: Er muss einspringen, wenn jemand am Grill fehlt, wenn sich ein Kunde beschwert oder die Eismaschine wieder mal nicht geht.
“Klar gibt’s Menschen, die unsere Arbeit abwerten. Aber das sind meistens Idioten”, sagt er. Dennis sagt, er möge seinen Job – wegen der flexiblen Arbeitszeiten und weil man immer jemanden zum Reden hat. “Bei uns arbeiten Langzeitarbeitslose, Flüchtlinge, Schüler, Masterstudenten und ehemalige Knackis”, sagt Dennis. Wie viel er genau verdient, möchte er nicht verraten, aber es sei nur ein bisschen mehr als der Mindestlohn. “Für das, was wir leisten, sollten wir mehr bekommen”, sagt er. Wir haben Fragen.
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VICE: Was denkst du von Erwachsenen, die sich Happy Meals bestellen?
Dennis: Dass sie sehr schlau sind. Wenn du keinen großen Hunger hast, bestellst du ein Happy Meal für 3,99 Euro und hast ne Hauptspeise, Pommes, Getränk und was Süßes. Klar ist es ein bisschen weird, wenn ich sie frage, was sie für ein Spielzeug haben wollen. Aber die Fragen sind auf dem Bildschirm vorgegeben. Den meisten ist das Spielzeug egal.
Wieso ist eure Eismaschine immer kaputt?
[Lacht] Gute Frage! Die muss alle zwei Wochen gereinigt werden, dann ist die für sechs bis acht Stunden lahmgelegt. Meistens wissen nur der Supervisor, der Filialleiter oder sein Stellvertreter, wie man das Ding reinigt. Sind die nicht im Haus, wird es brenzlig.
Der zweite Grund: Die Maschine kommt nicht hinterher. Wir haben ein altes Modell: Wenn wir drei, vier Eis hintereinander zapfen, stoppt die Maschine und muss sozusagen wieder Luft holen. Im Sommer ist die Nachfrage unglaublich, unser Eis kostet ja nur einen Euro. Wir verkaufen bis zu 300 Stück in einer Schicht. Manchmal haben wir auch einfach nicht genug Eis bestellt. Wenn die Nachfrage explodiert, ist der Vorrat schnell weg.
Wie rächt ihr euch an unfreundlichen Kunden?
Wenn du unfreundlich bist, bekommst du weniger Pommes, mehr Eis in die Cola oder wir lassen dich länger warten. Aber den Kunden warten zu lassen, lohnt sich nicht: Wenn wir den Gast an einen Tisch setzen, müssen wir ihm den Burger auch noch durchs ganze Restaurant bringen. Darauf hat keiner Bock. Die Küchenmitarbeiter haben gar keinen Kontakt zum Gast, deshalb haben die meisten überhaupt keinen Grund, dir zum Beispiel in deinen Burger zu spucken. Und die Serviceleute bekommen die Burger bereits verpackt. Wenn du paar Monate hier arbeitest, bist du auch abgehärtet, was beschissene Gäste angeht.
Was war die größte Menge an Burgern, die eine einzelne Person verdrückt hat?
Ich glaube, der Grund war eine Wette und der Typ, Mitte 30, wollte 50 Cheeseburger essen. Seine Kumpels feuerten ihn an. Der hat allerdings nach 30 Stück aufgegeben. Den Rest hat er sich einpacken lassen und mitgenommen.
Was bestellen die Kunden, die besonders ungesund aussehen?
Die fetten Burger: Big Tasty, Big Rösti, 1955er. Die haben ziemlich viele Kalorien. Etwa 50 Prozent unserer Kunden sind übergewichtig.
Wir haben Gäste, die jeden Tag kommen. Eine Familie mit zwei Kindern frühstückt täglich bei uns, ein anderer Typ kommt sogar drei Mal am Tag. Die meisten sehen nicht sportlich aus, aber richtig fettleibig sind sie auch nicht. Nur weil man jeden Tag bei McDonald’s isst, muss man nicht dick sein. Guck mich an: Ich esse jeden Tag hier und wiege auch nur 90 Kilo.
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Wie lange liegen die Burger hinter der Theke, bis sie verkauft werden?
Die dürfen nur zehn Minuten in der Kontrolle liegen. Pommes sogar nur sieben Minuten. Danach werden sie wabbelig und wir müssen sie wegschmeißen. Die Burger werden nummeriert, wenn wir sie braten. Wenn er fertig ist und in die Wärmetheke kommt, starten wir eine Stoppuhr. Klar kommt’s auch vor, dass wir Zeiten vertauschen oder übersehen.
Ein Burger lag mal mindestens 30 Minuten rum. Das erkennt man am Salat, der verdirbt am schnellsten und wird labbrig. Es gibt ja diese Berichte, wo Cheeseburger fünf Jahre aufgehoben wurden und immer noch nicht schimmeln oder stinken. Ich weiß nicht, was McDonald’s daran gemacht hat, aber der Burger wird immer gut aussehen. Nur der Salat eben nicht.
Welches Gericht ist am nervigsten zuzubereiten?
Viele Mitarbeiter hassen Happy Meals. Du musst den Gast ständig Sachen fragen: Cheeseburger oder Nuggets? Welches Getränk? Welches Dessert? Welches Spielzeug? Du läufst hin und her und manchmal ist das Spielzeug vergriffen. Dann schreit das Kind auch noch rum.
Würdest du mit deinem Kind bei McDonald’s essen?
Ich glaube, das lässt sich später nicht vermeiden. Beim Happy Meal zahlt McDonald’s sogar drauf. Du kannst beispielsweise einen Orangensaft wählen, der ohne Happy Meal schon fast zwei Euro kostet. Die Kinder von heute sind die Gäste von morgen. Ich denke, dass das die Strategie dahinter ist.
Süß-Sauer ist die beliebteste Soße für Chicken McNuggets. Was passiert mit den Soßen, die nicht gegessen werden?
Die werden weggeschmissen. Unter der Verpackung steht das Ablaufdatum, das kontrollieren wir jeden Tag. Aber wir bekommen meistens alle weg. Außer Chilli Cheese, die will fast keiner.
Wir schmeißen sehr viel weg, am meisten Pommes. Weil die nach etwa sechs Minuten nicht mehr knusprig sind, werfen wir täglich etwa ein Kilo weg. Wenn ein Burger falsch zubereitet wurde oder etwas auf den Boden gefallen ist, müssen wir auch alles wegschmeißen. Einem Kollegen ist mal ein Patty runtergefallen und hat ihn wieder auf den Burger gelegt. Der hat dafür einen riesen Anschiss bekommen.
Wie viel Frust versteckt sich hinter der Frage, ob der Kunde das Bestellte nicht doch in ein McMenü umwandeln will?
Ich bin eher von Gästen genervt, die nicht einsehen wollen, dass ein Menü meistens günstiger ist. Wenn sich jemand einen einzelnen BigMac und eine Pommes bestellt, empfehle ich, dass er ein McMenü nehmen sollte: Es kostet paar Cent mehr und du bekommst noch ein Getränk dazu. Manche beharren dann immer noch auf ihren einzelnen Burger. Meistens sind es Autofahrer im Drive-in. Ziemlich dumm, finde ich, aber wir können die Gäste ja nicht zum Geldsparen zwingen.
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