Was wir im ersten Start-up-Supermarkt über die Zukunft erfahren

Manchmal ist es einfacher, sich einfach nicht die Frage nach dem Warum zu stellen. Wenn man zu lange darüber nachdenkt, ob die Welt wirklich Wicked-Cricket-Grillen braucht, also geröstete und gewürzte Grillen in den Geschmacksrichtungen “Rosa Pfeffer”, “Fleur de Sel” und “Allgäuer Wildkräuter”, könnte die Antwort zunächst einfach mal “Nein” lauten.

Forscht man im Netz danach, was Wissenschaftler in Zukunft auf unseren Tellern vermuten, sind es oft Insekten. So eindeutig ist das alles also nicht.

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Nun gibt es Grillen im gerade eröffneten Start-up-Supermarkt in Berlin. Er heißt “Der Testmarkt” und bietet in seinen Regalen aus unbehandeltem Holz all das an, was junge Firmen entwickelt, aber noch nicht in den großen Ladenketten untergebracht haben. Es sind Produkte, die uns in der Zukunft begegnen werden – zumindest manche von ihnen. Nach Ansicht der etwa 100 Innovationen lässt sich sagen: Die nächste Eskalationsstufe unseres Konsums steht bevor.

“Twist Out” heißt der ökologische Abflussstab, der aussieht wie ein Mix aus einer Zündschnur und einer seltenen italienischen Nudelsorte. “Im Handumdrehen” wird er in den Abfluss gedreht und wieder herausgezogen, besteht aus 100 Prozent unbehandeltem Buchenholz und zieht die Haare und andere Überreste menschlichen Lebens komplett öko und “Made in Europe” aus dem Abflussrohr. Wir werden also alle nicht nur Sachen essen, die nebenan angebaut wurden, sondern scheiden sie dank heimischer Produkte erfolgreicher wieder aus. Regional kacken liegt im Trend.

Kleiner Tipp am Rande: Es fällt leichter, die Zukunft des Konsums zu studieren, wenn man sich an der Probiertheke des Testmarktes einige gute Schlücke Meermaid-Rum gönnt. Er stammt nicht aus der fernen Karibik, sondern aus einem Hinterhof in Berlin-Friedrichshain. Seine 62 Prozent Alkoholgehalt bringen auch den potentiell kritischen Konsumenten schon gegen Mittag in angenehme Erprobungslaune.

Als die nette Testmarkt-Verkäuferin den Rum wegstellt und den großen Teller mit den etwa einen Zentimeter langen, wie Mini-Kakerlaken aussehenden Grillen näherschiebt, erklärt sie: “Alle Grillen hier stammen aus der Europäischen Union.” Sie schmecken übrigens wie Chips. Exotische Tiere schmecken oft nach Hühnchen, Insekten nach Chips. Das hat bis jetzt auch kein Start-up ändern können.

Regionaler Konsum zieht heute niemandem mehr die Birkenstock-Sandalen aus. Aber dass selbst Abflussstäbe und gewürzte Grillen mit ihrer europäischen Herkunft werben, lässt für die Außenhandelsbilanz Chinas nichts Gutes vermuten. Während wir Donald Trump dafür verurteilen, dass er mit seinem Protektionismus Handelskriege heraufbeschwört, ziehen wir auf unseren Tellern den Gartenzaun höher.

Direkt an der Kasse des Ladens steht ein Fieberthermometer, das im Ohr eines Kindes dessen Temperatur messen und den Eltern auf einer App anzeigen soll. Und wer von so viel Innovation erschöpft ist, kauft im Testmarkt einen Schlaftrunk. “Natürlich. Vegan. Made in Germany. Laktosefrei. Glutenfrei.”

Die Herkunft von Produkten ist aber nicht nur ein Thema, wenn es darum geht, der Globalisierung eins auszuwischen. Im Testmarkt wird beispielsweise Olivenöl aus Palästina geführt. Es geht nicht ums Öl, sondern um das Statement. Der ethische Konsum ist so 2017, die Zukunft ist der politische Konsum. Wer dabei auch noch gut aussehen will, cremt sich mit Himbeersamenöl ein. “Ohne Glycerin. Ohne Alkohol. Vegan & ohne Tierversuche. Mit Pflanzenölen aus Europa.”

Testmarkt-Gründerin Ola Klöckner

Gegründet haben den Testmarkt Ola Klöckner und Franziska Schetter. Die beiden sind Marketing-Expertinnen, stammen aus München und haben von der Idee bis zur Ladenöffnung nur ein Dreivierteljahr gebraucht: “Unsere Idee war, junge Unternehmen zu supporten”, erklärt Ola. Sie ist 32, trägt eine abgeschnittene Jeans zum Jackett und ist “mega geflasht von dem, was hier abgeht”.

Den übernächsten Schritt auf der Konsumtreppe zu erahnen, ist nicht leicht, aber vielleicht wird es dann ja, nach all dem Regionalen, Veganen, Ökologischen um die Ewigkeit gehen. Um Dinge, die nicht vergehen. Im Testmarkt gibt es schon einen kleinen Vorgeschmack: konservierte Rosen. Drei Jahre lang soll sie wie frisch blühen. Ohne Wasser, Liebe oder sonstige Ermutigung.

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