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Mit diesen 6 Tricks schlaft ihr besser – und könnt trotzdem weiter sündigen

Gut und genug schlafen ist ein Luxus – und die meisten Ratgeber dafür, wie es sich besser schlafen lässt, lesen sich wie esoterische Wellness-Tipps für Besserverdiener. So empfiehlt ein Arzt dem Business Insider unter anderem vollständig auf Alkohol (nein) und Kaffee (NEIN) zu verzichten, medizin.de dagegen empfiehlt das Schlafzimmer in einen “Wohlfühlraum” zu verwandeln und dort keine Arbeit mehr zu verrichten – vielleicht eher ein Rat für Menschen mit Ärztegehalt.

Weil das alles nur bedingt hilfreich ist, erreichen wir an der Berliner Charité den grantigsten Schlafforscher, den wir finden können: Prof. Dr. med. Ingo Fietze, er ist Oberarzt und Leiter des Interdisziplinären Schlafmedizinschen Zentrums der Charité. “Es gibt keine größere Schlafambulanz”, sagt Fietze. An die 6000 Patienten behandelt sein Team jährlich, etwa 1000 Menschen betreut er zusätzlich im Schlaflabor.

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Im Gespräch redet Fietze Tacheles. Dass wir das, was er als “Schlafhygiene” bezeichnet neumodisch “Schlaf-Hacks” nennen, findet er albern. Sowieso würden eigentlich zwei Drittel der Deutschen gut schlafen und bräuchten keine Hilfe. Von den vielen Schlaff-Tipps, die im Netz kursieren, hält er nur wenig, es würde viel unwissenschaftlicher Quatsch erzählt, besonders abgesehen hat er es auf Start-Ups, die für viel Geld Linderung versprechen. Im Gespräch taut Fietze auf. Folgende wirklich gute Ratschläge des Profis und Forschers kristallisieren sich raus.

#FakeSleep: Unwissenschaftlichen Quatsch aufgeben

Heilmittel gegen schlechten Schlaf gibt es viele, wie ein Blick in den Schrank von Dr. Fietze zeigt. Doch längst nicht alles, was es da draußen gibt, hilft auch wirklich.

Der größte Mythos laut Fietze: Besser schlafen. Geht einfach nicht. Zumindest noch nicht. “Wenn man ein begnadeter Schläfer ist, was ja zwei Drittel aller Deutschen sind, dann macht besser schlafen keinen Sinn.”, so Fietze. “Man kann aus einem Kurzschläfer auch keinen Langschläfer machen. Wer aufwacht und sagt: Wieder gut geschlafen, der muss sich keine Gedanken machen.”

Viele Menschen hoffen trotzdem auf besseren Schlaf und glauben an: Kräuter, Tageslichtlampen, Bildschirmdimmer-Apps, und teure Gadgets. “Immer wenn es viel Geld kostet, Hände weg, es ist nichts wissenschaftlich nachgewiesen.” Was stattdessen wirklich wirken würde: Medikamente. Aber ernsthaft schlafgestörte, also Menschen, die seit mehr als drei Monaten nicht mehr gut schlafen können, würden sich nicht trauen, nach Schlaftherapie und Medikamenten zu fragen. Die Vorurteile seien zu groß. Schlafpräparate wären gefährlich (Contargan) oder würden süchtig machen (Barbiturate). Seitdem haben Schlafmedikamente einen schlechten Ruf: “Dieser Mythos hält bis heute an. Und deswegen leiden noch viele mit ihrer Schlafstörung alleine vor sich hin und gehen auch gar nicht erst zum Arzt.” Moderne Mittel mit guter Betreuung des behandelnden Arztes wären aber inzwischen gut geeignet wenn eine tatsächliche Schlafstörung vorliegt.

Was Langweiliges machen: Schlafrituale

Alle Bilder (soweit nicht anders angegeben): Rebecca Rütten

Wer besser einschlafen will, soll sich Schlafrituale überlegen. Regelmäßige Aktionen, die müde machen. “Wenn ein Erwachsener gut damit einschlafen kann, wenn er am Daumen lutscht, dann soll er am Daumen lutschen”, so Fietze.

“Ein Einschlafritual ist einfach eine Tätigkeit, wo man weiß, das bringt runter, das ist langweilig, das entspannt, dabei schläft man ein. Lesen, Fernsehen, Hörbuch. Krimi gucken ist kein Einschlafritual.” Wir schlagen den Tatort vor. “Beim Tatort kann man einschlafen!? Hm, manchmal, ja.”

Die 30-Minuten-Regel: Verstehen wie Einschlafen wirklich funktioniert

Das Wissen um Müdigkeitsphasen ist ein bisschen wie ein Cheat Code. Wer nicht einschlafen kann, sollte seine Zeit einfach sinnvoller nutzen. “Man wird nur alle 90-100 Minuten müde”, erklärt Fietze.

“Im Zweifelsfall nicht ärgern, wenn man nicht einschlafen kann, sondern auf die Uhr schauen und sagen: Wird eh nur in einer Stunde was mit der nächsten Müdigkeitsphase und sich dann halt beschäftigen.” Aufräumen, lesen, schreiben, nur sehr hell sollte es nicht sein.

Gönn dir: Kaffee, Bier und andere Drogen

Gute Nachrichten: Bier hilft. “Darf man ja als Arzt nicht empfehlen. Aber: Ein Glas Bier ist ein ideales Einschlafmittel”, so Dr. Ingo Fietze. “Da ist Hopfen drin, bisschen Alkohol, sehr einschlaffördernd.” Auch Fietze warnt natürlich vor der Alkoholabhängigkeit, aber “gegen 1-2 Gläser Rotwein oder Bier ist überhaupt nix zu sagen. Weißwein macht eher munter, von Schnaps sprechen wir nicht, wird nicht empfohlen.”

Kaffee gilt in den meisten Schlafratgebern als großes Übel, der Wachhalter der Menschheit, eine köstliche Geißel des Schlafes. Ganz damit aufzuhören, würde der Schlafforscher der Charité nicht raten, hat aber einen klaren Leitsatz: “Sieben Stunden vorm Schlafengehen keinen Kaffee mehr.” So lange braucht der Körper nämlich, um Koffein abzubauen, das den Schlafstoff Adenosin unterdrückt.


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Eine klare Warnung geht dagegen an Gras. “Fantastisches Einschlafmittel. Sagen die User. Aber absolute Warnung bei jedem, der weiß, dass es in der Familie Schlafstörungen gibt. Man kann mit dem ersten Joint in eine Schlafstörung rutschen, die bis zum Lebensende bleibt.” Das klingt ziemlich extrem, aber Fietze führt aus: “Die Cannabis-Rezeptoren sitzen im Gehirn da, wo die Schlaf-Wach-Rezeptoren sitzen. Da gibt es viele Verbindungen. Meine Schätzung: 30% aller Dauer-User rutschen in eine Schlafstörung, weil man einfach Gefahr läuft sich im Schlaf-Wach-Zentrum einen Knicks zu holen.”

Die letzte Stunde

Etwa zwei Stunden vor dem Schlafengehen kann man nutzen, um noch das letzte Stück Schlafpotential rauszukitzeln. Etwa 30 Minuten leichter Sport würden reichen, um den Körper müde genug fürs Bett zu machen: “Alles, was nicht auspowert, kann man machen. Wenn man aber 1-2 Stunden intensiven Sport macht, dann verschiebt man seine Einschlafphase um 1-2 Stunden.”

Ebenfalls blöd: Videospiele. Fietze und sein Team haben an Schulklassen untersucht, dass Games kurz vor dem Schlafengehen für schlechteren Schlaf sorgen. “Computerspiele haben immer mit Erregung zu tun, ist ja kontraproduktiv”.

Das Schlafzimmer

Die Temperatur des Schlafzimmers zu checken ist laut Fietze eine gute Idee. “Auf der Haut sollten 29 Grad sein, das ist die ideale Schlaftemperatur. Deshalb sagt man: Zimmertemperatur sollte irgendwas zwischen 17 und 22 Grad sein, 23 Grad mit Auge zudrücken. Aber mehr nicht.”

Die Matratze ist dagegen eine höchst individuelle Angelegenheit. “Da kann man auf die Möbelmesse gehen, da versprechen 300 Matratzenhersteller den besten Schlaf auf ihrer Matratze, aber keiner hat’s untersucht. Schwierig. Man kann mit einem Matratzenwechsel Einfluss auf die Qualität des Schlafes nehmen, aber welche die beste dafür ist… keine Ahnung.” Der Schlafforscher empfiehlt selbst zu testen, was passt. Grundregel: Je älter man ist, desto weicher sollte auch das Bett sein.