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Schmächtig, blass und milchgesichtig: So sieht der neueste Porno-Trend aus

Phoenix Marie will sich nach einem Workout entspannen, als plötzlich laute Gitarrenklänge aus der Garage kommen. Wütend stapft die 35-Jährige los, um dem Verursacher, ihrem “Stiefsohn”, die Leviten zu lesen. So weit, so typisch MILF-Porno. “Rock Hard” ist der nichtssagende Titel dieser Szene, die das Pornostudio Reality Kings letzten Oktober veröffentlicht hat.

In der Garage sehen wir Conor Coxxx – einen zotteligen, extrem blassen, schmächtigen jungen Mann in seinen 20ern. Er ist einen Kopf kleiner als die 1,75 Meter große Phoenix. Nachdem sie dem kleinlauten Coxxx eine Standpauke gehalten hat, merkt Phoenix, dass ihn ihre Beschimpfungen anmachen. Sie zieht ihn aus, packt ihn sich und wirbelt ihn wie eine Stoffpuppe durch die Gegend. In einem beeindruckenden Anfall von Rollentausch hebt sie ihn sogar kopfüber zu einer 69 im Stehen hoch. Die Szene ist definitiv ungewöhnlich.

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Coxxx sieht nicht aus wie der typische Pornostar: “Ich wusste, dass ich weder die Körpergröße noch das Aussehen der anderen Typen habe. Ich sah immer schon viel jünger aus.”

Tatsächlich durchbricht sein zierlicher Körper uralte Pornostereotype: Er überragt seine Drehpartnerin nicht, entspricht nicht der normativen Maskulinität und wird in der Regel dominiert – in den Armen einer normalgroßen Frau ist er winzig. Und er ist nicht allein: Seit Kurzem sind auch andere, ähnliche gebaute Stars erfolgreich. Das liegt auch an der veränderten Nachfrage. Abweichende Körpertypen sind immer beliebter.


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Auch wenn es in Pornos nie den einen Männerkörper gab, existiert in unseren Köpfen ein Archetyp des Pornostars. Diese Vorstellung ist in den Augen einiger Akademiker sogar so stark, dass sie dieses Bild für ein niedriges Selbstwertgefühl unter Männern verantwortlich machen. Darsteller Logan Pierce gibt zu, dass “männliche Darsteller in der Regel dazu da sind, eine männliche Projektion von ‘Maskulinität’ zu verkörpern.” Mainstream-Pornos bedienen schließlich Mainstream-Männerfantasien. Das Ideal sei aber, wie er mir sagt, über die Jahre vom breiten Muskelberg zu schlankeren, wenn auch definierten und konventionell attraktiven Männern wie ihm übergangen.

Conor Coxxx mit Charlie Chase | Foto: Conor Coxxx

Coxxx hatte sechs Jahre in der Band The Last Relapse gespielt, bis er mal wieder nicht wusste, wie er seine Miete bezahlen soll. Ihm war klar, welchem Ideal er gegenüberstand, trotzdem sah er sich nicht als chancenlos: “Ich hoffte, dass meine Ausstattung mir genug Arbeit sichert”, sagt er. Aus finanzieller Not wurde schließlich eine Karriere. Selbst in Los Angeles, wo er jetzt lebt und arbeitet und die Konkurrenz riesig ist, konnten sich Coxxx und seine schmächtigen Kollegen in den letzten Jahren nicht über mangelnde Jobangebote beklagen.

Eine der momentan bekanntesten Darstellerinnen hat bereits mit einigen dieser schmächtigen Pornostars gedreht. Stella Cox sagt, der aufkeimende Trend sei auf Produzenten zurückzuführen, die auf der Suche nach neuen und schockierenden Szenarien sind. Da sich mit herkömmlichen Pornos im digitalen Zeitalter immer weniger Geld machen lässt, ist die Industrie besonders offen dafür, mit Normen zu spielen oder Zartbesaitete zu schockieren.

Insbesondere das MILF-Genre hat einen etablierten und verlässlichen Markt für hagere, atypisch maskuline Männer wie Coxxx geschaffen. Viele männliche Fans sagen ihm, dass sie sich in Szenen mit weniger idealisierten Körpertypen einfach besser wiederfinden. Cox selbst ist laut eigener Aussage kein großer Fan des traditionell-maskulinen Idealtypus. Sie ist davon überzeugt, dass andere Körpertypen und die Szenarien, in denen sie auftreten, auch Frauen mehr ansprechen werden.

Dr. Roberto Olivardia ist Psychologe in Harvard und erforscht das männliche Körperbild. Er stimmt zu, dass der männliche Durchschnittskonsument Pornos mit weniger idealisierten Körpern wie dem von Coxxx ansprechender findet. Sie erleichtern es dem Zuschauer, sich selbst darauf zu projizieren. “Für die Pornoindustrie ist es von Vorteil, unterschiedliche Männertypen zu zeigen”, sagt er. “Du willst, dass sich so viele Männer wie möglich auf diese Fantasie projizieren können und sich selbst als ähnlich wahrnehmen.”

Selbst wenn traditionelle Männerkörper weiter Mainstream-Pornos – oder zumindest die ganz großen Szenen – dominieren, haben Darsteller wie Coxxx, Polla und Konsorten den Geist aus der Flasche gelassen. Dürre Typen sind in der Pornowelt jetzt genau so sexualisierbar wie das klassische Männlichkeitsideal. Die Tatsache, dass sie neben den hypermaskulinen Darstellern ihren Platz in den Produktionen der Mainstream-Studios gefunden haben, prophezeit uns eine abwechslungsreichere und interessantere Pornowelt der Zukunft – wie Stella Cox sagt: “Ich bin mir sicher, dass das nur die Spitze des Eisbergs ist.”

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