Die Zeit, in der Steam als die liebste Plattform der Gamer galt, ist seit einiger Zeit vorbei. Viele Spiele, die hier erscheinen, sind Schrott; die redaktionelle Auswahl wurde abgeschafft; Entwickler beschweren sich über sinkende Einnahmen; in der Community tümmeln sich unmoderierte Hassgruppen. Die vielen Probleme äußern sich auch in sinkenden Nutzerzahlen. Trotzdem ist Steam für mehr als 120 Millionen User noch immer die wichtigste Anlaufstelle für neue Spiele.
Wenn Steam beziehungsweise der Entwickler Valve seine Probleme nicht selbst in den Griff bekommt, sind findige Fans gefragt. Sie bauen Tools, damit die Plattform wieder Spaß macht. Dabei enthüllen sie so manche Geheimnisse. Wir stellen die besten vor.
Videos by VICE
Entdeckt Funktionen in Spielen, von denen ihr nicht wusstet, dass sie existieren
Für die meisten Nutzer und Nutzerinnen ist die Bibliothek das Herzstück von Steam. Hier werden alle gekauften Spiele angezeigt, können installiert und gestartet werden. Aber welche Eigenschaften haben sie wirklich? Was passiert in jedem einzelnen davon? Um das zu erfahren, müsst ihr euch entweder sehr gut auskennen, oder ihr nutzt ein Tool. Für eure Bibliothek ist Steam Filters so etwas wie der weise Bibliothekar, der jedes noch so kleine Detail über Spiele auf Steam weiß.
Das Browser-Tool zeigt euch nach Eingabe eurer Steam-ID eure Bibliothek an, sowie jedes “Tag”, also jedes Stichwort eurer Spiele. Die Tags werden von der Steam Community vergeben. Sie sind sehr detailliert und verraten neben erwartbaren Infos wie Multiplayer oder Mac-Kompatibilität auch, ob Dinosaurier, Illuminaten, gute Musik, isometrische Perspektive oder Pferde in den Games vorkommen.
Ein Beispiel: Ihr möchtet wissen, ob ihr ein Spiel besitzt, das auf dem Mac funktioniert und eine Kampagne hat, die ihr mit einer Freundin kooperativ und online spielen könnt? Es soll Rollenspielelemente enthalten, aber kein Fantasy-Setting haben, aber Orks findet ihr trotzdem ganz witzig? Google wäre verwirrt, Steam Filters weiß die Antwort: Das Action-Strategiespiel Dawn of War 2.
Das Tool ist erstaunlich mächtig, denn es verrät euch Details über Funktionen, Eigenschaften und Inhalte von Spielen, die ihr vielleicht gar nicht kanntet. Das geht übrigens auch für Spiele, die ihr nicht besitzt. Hier schlägt das Tool zwar nicht eigenständig eine gigantische Liste aus Tags vor, es autovervollständigt aber jene, die ihr eintippt. Findet also Tags, die ihr interessant findet, etwa in eurer Bibliothek über Steam Filters oder direkt in Steam, und füttert dann mit diesen Tags die Suche von “Steam Filters”. So könnt ihr äußerst detailliert nach Spielen suchen, die ihr gut findet.
Automatische Ordnung für Steam
So zentral die Bibliothek fürs das Nutzererlebnis von Steam ist, so schlecht organisiert ist sie. Ordnen kann man die Spiele der eigenen Bibliothek nur nach den rudimentärsten Kriterien: Installierte Spiele, Virtual Reality Games, vor kurzem gespielte Spiele und einige andere.
Das reicht aus für alle, die wie der Durchschnitts-User laut der Analyse-Seite Steam Spy, nur knapp elf Spiele besitzen. Doch Power User besitzen Hunderte, wenn nicht Tausende Spiele. Ein Grund dafür sind die regelmäßigen Steam Sales, bei denen Spiele zu Rabattpreisen verschleudert werden sowie Bundle Deals, die gleich Dutzende Games auf einmal zum Account hinzufügen. Wer Steam über längere Zeit aktiv nutzt, wird ein Ungetüm einer Spiele-Bibliothek besitzen: Gewaltig, unübersichtlich, chaotisch.
Wer will kann mühsam die gesamte Bibliothek manuell in Kategorien ordnen – oder ihr schnappt euch das Tool Depressurizer und automatisiert das. Das inoffizielle Tool erweitert nämlich die Bibliothek der Steam-Desktop-Version um mächtige Filter, mit denen ihr eure Bibliothek immer wieder neu und nützlich ordnen könnt. Was sind die Spiele, die besonders positiv bewertet wurden? Wo sind alle Rollenspiele, die im Weltraum spielen und keinen Multiplayer-Modus haben? Einziger Nachteil: Depressurizer ist derzeit nur mit Windows-Rechnern kompatibel.
Baut euch euren eigenen Steam-Algorithmus und entdeckt neue Geheimtipps
Vor sechs bis sieben Jahren galt Steam als eine Art Wundertüte des Gamings. Jede Woche erschien eine überschaubare Anzahl an Spielen und die meisten Spiele waren zumindest interessant, viele gar herausragende Geheimtipps. Diese Zeit ist vorbei. Im letzten Jahr erschienen im Durchschnitt 21 Titel täglich auf Steam. Über 7.000 waren es 2017 insgesamt auf der Gaming-Plattform. Und es dürften noch mehr werden, denn vor Kurzem kündigte Valve an, die Plattform für so gut wie jedes Spiel zu öffnen.
Steam hofft, dass, der Masse zum Trotz, ein Algorithmus der Strategie-Gamerin und dem Bus-Simulator-Fan gleichermaßen neue, gute Spiele vorschlägt. Noch klappt das nicht sehr gut. Aber es gibt Wege, wie ihr selber an bessere Spiele-Empfehlungen kommen könnt.
Clevere Steam-Fans haben nämlich einen Algorithmus für Geheimtipps entwickelt. “Hidden Gems” greift auf die Entwickler-Schnittstelle von SteamSpy zu, eine Plattform, die verschiedene Statistiken über Steam sammelt. Das Einrichten ist etwas fummelig, aber am Ende bekommt ihr eine Tabelle, die euch sagt, was es für Geheimtipps auf Steam gibt. Der Algorithmus ist nicht perfekt, er speist sich aus Nutzer-Reviews, aber die Empfehlungen, die dabei herumkommen, haben es in sich. Als das Magazin PC Gamer den Algorithmus testete, war das Spiel Caves of Qud einer der Geheimtipps. Heute gilt das Rollenspiel als eines der genialsten Indie-Games auf Steam und hat eine treue Fan-Community.
Falls ihr in eurer Freizeit nicht an massiven Tabellen arbeiten wollt, – was stimmt nicht mit euch!? – könnt ihr euch einfach die Arbeit anderer Steam-Fans zunutze machen. Eine besonders empfehlenswerte Seite ist Steam250. Deren Macher benutzt ebenfalls eine ganze Reihe von Algorithmen, um ein nützlicheres Ranking zu erstellen, als es Steam aktuell kann.
Die Ergebnisse sind überraschend und vielversprechend: Auf Platz 6 der 250 besten Spiele auf Steam ist kein großes Blockbuster-Spiel, sondern Factorio, ein Spiel über das Bauen von möglichst effizienten Fabriken. Das beste Spiel, das niemand kennt, dagegen soll aktuell eine sechs Jahre alte Erweiterung für das Japan-Strategiespiel Total War: SHOGUN 2 sein. Nur wenige Leute besitzen und bewerten es, doch fast alle, die das tun, sind komplett begeistert. Mit diesen Empfehlungen bringt Steam250 die Freude über völlig unerwartete Entdeckungen zurück.
Verhökert euer Inventar, kauft ein neues Spiel
Euer Steam-Account ist wertvoll. Und das liegt nicht nur an den Spielen, die ihr besitzt, sondern an eurem Inventar. Hier landen Emojis, digitale Sammelkarten, Rabattgutscheine und Ingame-Gegenstände, die ihr durch das bloße Spielen eurer Games freischaltet. Wenn ihr Steam aktiv nutzt, dann versteckt sich darin vermutlich der Gegenwert eines aktuellen Spiels. Ihr müsst nur wissen, wie ihr an dieses Geld kommt.
Das geht über den Community-Marktplatz der Plattform. Hier handeln findige Verkäufer mit Waffen-Skins für Counter-Strike, Gamerinnen verticken seltene Sammelkarten und Rüstungsteile für Dota 2, und Spekulanten versuchen wie an der Börse das große Geld mit dem richtigen Item zu machen.
Viele Nutzer ignorieren diesen Bereich komplett – ein Fehler. Denn so lasst ihr euch Geld entgehen, das ihr zum Beispiel auch für neue Spiele ausgeben könntet. Über die Wochen, Monate und Jahre aktiver Nutzung von Steam sammeln sich nämlich Unmengen an Gegenständen in eurem Inventar an. Für euch haben sie vielleicht keinen Wert, aber irgendjemand unter den über 120 Millionen Nutzern der Plattform sucht gerade diese eine Karte, diesen besonderen Schulterpanzer für Dota 2 oder einen bestimmten Waffen-Skin und will dafür Geld bezahlen.
Mit dem Itemvalue Tool könnt ihr zunächst herausfinden, wie viel der Inhalt eures Inventars wohl wert ist. Falls ihr glücklich mit dem Ergebnis seid und verkaufen wollt, könnt ihr nun den Steam Inventory Helper nutzen. Die Erweiterung für den Chrome-Browser zeigt euch den Wert der Gegenstände an und ihr könnt sie direkt anwählen und zum Verkauf freigeben. Wenn ihr noch dringender Geld braucht, könnt ihr auch die Sofortverkauf-Funktion von Enhanced Steam nutzen. Diese Steam-Erweiterung für alle gängigen Browser kann Gegenstände zu einem so niedrigen Preis verscherbeln, dass sie automatisch verkauft werden.
Wichtig: Das Guthaben, das ihr euch so verdient, ist nur auf Steam gültig. Es in “echtes” Geld umzuwandeln, erfordert einiges an Tauschgeschäften. Und um auf dem Markt von Steam, Dinge zu verkaufen, solltet ihr unbedingt die Zwei-Faktor-Authentifizierung via Steam Android- oder iOS-App nutzen. Sonst aktiviert Steam die Verkäufe erst nach einer 14-tägigen Wartezeit. Außerdem ist beim Einsatz von Browser-Erweiterungen auch immer Vorsicht geboten. Checkt regelmäßig die Berechtigungen, die diese Tools von euch abfragen
Checkt, ob ihr wirklich zuschlagen müsst
Die großen Rabatt-Aktionen sind für Gamerinnen und Gamer ein Fest. Tausende Steam-Fans warten sehnsüchtig auf den Moment, wenn wieder ein großer “Sale” ausgerufen wird und viele Spiele stark vergünstigt werden.
Frustrierend sind die Rabatt-Aktionen aber vor allem dann, wenn man knapp davor ein Spiel zum Vollpreis gekauft hat. Für die meisten Nutzerinnen und Nutzer, die nicht jedes Gerücht über neue Sales-Aktionen in Foren wie Reddit und ResetEra verfolgen, können die Steam Sales überraschend kommen. Um solche Überraschungen und verfrühte Fehlkäufe zu verhindern, haben einige Gamer whenisthenextsteamsale.com gestartet. Die Seite versucht vorherzusagen, wie viele Wochen es noch dauert bis die Wunschliste etwas günstiger wird, basierend auf Erfahrungswerten anderer Steam Sales.
Bei Motherboard: Das vielleicht seltsamste Videospiel der Welt
Viele Steam-Fans brauchen aber nicht mal einen Sale, um von der größten Games-Plattform der Welt in Versuchung geführt zu werden. Es reicht schon, die App aufzumachen: Auf der Startseite wirbt Steam mit neuen Spielen, mit Rabatten, mit Bundles. Wenn ihr euch trotz knappen Budgets schwer kontrollieren könnt, könnt ihr euch mit einem kleinen Trick helfen:
Ihr könnt die Standardansicht von Steam von der Startseite mit den vielen Spiele-Features auf einen ruhigeren Bereich der Plattform, etwa eure Games-Bibliothek, ändern. Die Möglichkeit dazu findet ihr in den Optionen von Steam unter dem Punkt “Oberfläche”. Hier könnt ihr auswählen, welches Fenster standardmäßig beim Start des Programms geöffnet werden soll.
Folgt Dennis auf Twitter und Motherboard auf Facebook, Instagram, Snapchat und Twitter