Alle Fotos von Kamil Biedermann
Von abgefrorenen Fingern frühmorgens auf dem Velo zum Hitzetod durch Winterjacke am Nachmittag – der Zürcher Frühling ist vor allem eines: unberechenbar. Der April war sich nicht zu schade, uns mit frühsommerlichen Temperaturen derart zu teasen, dass wir unsere Winterjacken bereits verstauen wollten, nur um am nächsten Tag den Schnee freizulassen, der uns den ganzen Winter über enthalten wurde.
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Gewiefte Lehrer pflegten an schulischen Wandertagen zu sagen: Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur schlechte Ausrüstung. Bullshit! Eine anständige Freizeitplanung im Frühling braucht neben einem zuverlässigen Wetter-App auch genügend Alternativprogramme. Weil die allmorgendliche Kleiderauswahl sowieso schon schwer genug ist (Style vor praktischem Schichtsystem!), haben wir uns im VICE-Office zusammengesetzt, um dir den ultimativen Guide für deinen Frühling in der Stadt mit auf den Weg zu geben:
1. Gönn dir das Feierabendbier am oberen Letten, bevor der Sommer die Testosteron-geladenen Tanktop-Träger mit ihren Ghettoblastern anschwemmt und das Flussbad bis in den Herbst unerträglich macht.
2. Sei einer der Ersten, der vom Letten-Viadukt in die Limmat springt, solange der untere Letten noch dir ganz allein gehört. Bitte spring nur auf der Seite vom Flussbad und nur wenn du ein geübter Schwimmer bist – damit du auch wieder gesund rauskommst.
3. Fahr doch wieder mal ins Alpamare, nachdem du fast erfroren bist.
4. Lerne endlich anständig Pingpong zu spielen, damit du beim Doppel nicht immer der Buh-Mann bist.
5. Kennst du gute Tische, dann trage sie gleich in dieser Pingpong-Tisch-Datenbank ein.
6. Lass dich auf der Josefwiese von den Boccia-Profis wegen deiner wackeligen Wurftechnik abschätzig belächeln und wirf deine Kugel zur Strafe in ihr Feld.
7. Willst du dich noch mehr zum Deppen machen, versuch dich dort mal an der 20-Meter-Slackline.
8. Lache als Ausgleich dafür all die Acroyoga-Pärchen aus, wenn sie sich in Rudeln sammeln, um sich gegenseitig in die Luft zu stemmen.
9. Box dich durch all die Kinderwägen bei der neuen Gelateria di Berna am Brupbacherplatz für das Gerüchten zufolge beste Glacé der Schweiz. Die Preise sind dafür wirklich bernerisch!
10. Noch besser gehst du zum Eisvogel im Kreis 5. Die Auswahl ist zwar kleiner und die Kugel kostet fast vier Stutz, die ältere Dame an der Theke hat aber viel mehr Charme und anstehen musst du auch nicht.
11. Besteige den Üetliberg mal zu Fuss bei angenehmen Frühlingstemperaturen anstatt den Zug zu nehmen.
12. Sind das zu viele Höhenmeter für deinen lahmen Winterkörper? Dein Frühlingsdate wird sich womöglich auch mit dem Aussichtspunkt beim Strickhof zufrieden geben. Besser, als wenn dir auf halber Strecke die Puste ausgeht.
13. Pflücke auf dem Riedenholz-Hof selbst deine echten Stadt-Züri-Erdbeeren.
14. Nutz die Chance und schau dir noch ein letztes Mal ein Spiel des FCZ in der Challenge League an, bevor die Schmach des Abstiegs in die Zweitklassigkeit ein Ende findet.
15. Mach einfach mal wieder einen Mittwochnachmittag frei, um nichts zu tun. Oder um bekifft im Glattzentrum rumzuhängen.
16. Verwandle deinen trostlosen Balkon mit Setzlingen aus der Stadtgärtnerei zu einer kleinen Oase.
17. Fachsimple mit Plainspottern am Flughafenzaun über die neuesten Flugzeugtypen, am besten beim Start eines A380 (täglich um 11:45 und 15:35!).
18. Iss anschliessend beim Spotter-Treff “Heli-Grill” Würste mit wohlklingenden Namen wie “Blackhawk” oder “Hot Chopper”.
19. Verdient der Frühling seinen Namen nicht, schwitze deinen Kater bei bis zu 35 Grad in der Masoala-Halle aus. Vergiss das Powerade dabei nicht.
20. Versuche die Zoowärter zu überreden, dass du im Geiste noch Kind genug bist, um beim Kamelreiten mitmachen zu dürfen.
21. Lerne endlich dein Velo selbst zu reparieren, anstatt bis Juni auf einen Termin für den Veloservice zu warten.
22. Ersteigere dir an der Velogant einen herrenlosen Drahtesel zum Schnäppchenpreis.
23. Nutze deine neu errungene Freiheit und überquere mit deinem Velo die Stadtgrenzen an den Greifensee oder radle zum Türlersee, falls deine Schenkel dich so weit tragen.
24. Hol dein rostiges Skateboard aus dem Keller mach mal wieder einen Kickflip.
25. Du warst früher eher Teil der uncoolen Rollerblader-Fraktion? Dann ist die Panzerpiste beim Flughafen dein Place-to-be.
26. Setze dich mit Dosenbier auf die Piazza Cella und beobachte das Treiben. Es wird bestimmt nie langweilig.
27. Kauf dir bis Ende Mai ein vergünstigtes Sportabo für die städtischen Badis und Hallenbäder.
28. Feier die letzten Nächte in den Clubs durch, bevor viele Tanzstuben langsam in den Sommerschlaf übergehen.
29. Spar dir den Clubeintritt und gehe auf die ersten Openair-Raves auf der Allmend.
30. Magst du es lieber sauberer und kommerzieller: Wenn das Wetter mitmacht, veranstaltet Rakete bereits hin und wieder Spontan-Daydances beim Mythenquai.
31. Macht der Zürcher Frühling nicht, was er soll, dann geh doch mal wieder ins Museum. An der Ausstellung “Macht Ferien!” im Museum für Gestaltung kannst du dir die Schweiz von ihrer Schockiseite ansehen.
32. Nachdem du jetzt weisst, dass die Schweiz im Sommer eigentlich genug zu bieten hat, entscheide dich gegen den Druck, deinen Sommer mit Ferienplänen vollstopfen zu müssen und bleibe einfach mal hier. Deine Ferientage kannst du im tristen Herbst eh besser brauchen.
33. Lass das Kind in dir raus und geh mal wieder ins Dinosauriermuseum oder ins Technorama.
34. Mach eine Zeitreise durch Zürcher ÖV-Geschichte und gib dir am Tram-Korso alles vom Rösslitram bis zur Cobra mit epochengerecht gekleideten Passagieren.
35. Verscherbel deinen herumliegenden Plunder am Kanzleiflohmarkt zu Dumping-Preisen. Tipp: Mit lauwarmen Prosecco aus Pappbechern lässt es sich besser feilschen.
36. Kauf mit deinen Einnahmen an der Fundbörse in Wollishofen wieder neuen Plunder.
37. Fehlt dir nach dem Kaufrausch das Kleingeld für den Ausgang, solltest du mal einen Blick auf das Lauter Festival werfen, das ausgewählte Bands und DJs im Stall 6 und El Lokal zum Nulltarif anbietet.
38. Vermeide bei schönem Wetter tunlichst vermeintlich hippe Orte wie den Gerolds Garten oder die Chinawiese, wenn du dich nicht gerne wie ein Huhn in der Legebatterie fühlen möchtest.
39. Ausser du hast einen Bluetooth-Störsender. Geh damit auf die Chinawiese und mach dir einen Spass draus, all die Boomboxen ausser Gefecht zu setzen, du Sadist.
40. Überwinde deine Komfortzone namens Kreis 3 und 4 und verlasse Zürich! Geh endlich mal an die Bad Bonn Kilbi, sofern du irgendwie an Tickets kommst.
41. Anstatt immer nur über LGBTQ-Rechte zu reden, geh einfach mal selbst an die Zürich-Pride. Die Party davor und danach wird bestimmt gut.
42. Sag bei all den Fake-Facebook-Events wie dem Cevapcici-Festival oder dem Shisha-Openair zu. Die Enttäuschung darüber, dass die Events wohl nie stattfinden, wird deine übertriebene Frühlingseuphorie in einen gesunden Rahmen pressen.
43. Reg dich über all die frisch verliebten Paare auf, nur um dir zum vierten Mal Tinder runterzuladen.
44. Bedien dich für Date-Ideen einfach an dieser Liste (gern geschehen!).
45. Lass dir von der Uni nicht den Frühling versauen und scheiss auf deine Prüfungen. Auf ein Semester mehr oder weniger kommt es nicht an.
46. Mach mal endlich deinen Uni-Abschluss und Mutti stolz.
47. Die Sukkulenten-Sammlung der Stadt Zürich scheint dieses Jahr der heisseste Scheiss zu sein. Falls du dich fragst, was das sein soll: So nennt man heute Kakteen.
48. Nutz deine letzte Chance für eine Sommerfigur und melde dich für eines dieser Fitness-Bootcamps an, bei dem du in Gruppen durch die Stadt gepeitscht wirst.
49. Scheiss auf deine Sommerfigur und entscheide dich für Body-Positivity. Bewirf die Bootcamps mit sündhaft teuren Zürcher Glacékugeln.
50. Beschwere dich ein letztes Mal über das wechselhafte Frühlingswetter in Zürich, bevor dich der Sommer einholt und dich daran erinnert, wie sehr du Mücken, Wespen und die allsommerliche Sauna in deiner Wohnung hasst.
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