Konstantin sagt, er und seine Freundin hätten sich nie Sorgen um das Virus gemacht. Auch dann nicht, als sie Anfang der Woche positiv getestet wurden und daraufhin beide in Quarantäne mussten.
In Deutschland haben sich bis zur Veröffentlichung dieses Artikels offiziell 240 Menschen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 angesteckt. Konstantins Freundin ist eine der Infizierten. Sie ist mit erkältungsähnlichen Symptomen im Krankenhaus unter Quarantäne, Konstantin durfte nach drei Tagen und mehreren negativen Tests nach Hause. Dort steht er bis zum Ende der Inkubationszeit ebenfalls unter Isolation.
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Konstantin heißt eigentlich anders, ist Anfang 30 und wohnt mit seiner Freundin in Baden-Württemberg. Weil er die gesellschaftliche Panik um das Coronavirus etwas auflösen und sich in seiner Quarantäne beschäftigen wollte, hat Konstantin einen Twitter-Account mit dem wahrscheinlich offensichtlichsten Namen für seine Mission eröffnet: Corona Influenza. Wir haben ihn in seiner Influenza-Auszeit angerufen und ihn gefragt, wie es ihm geht.
VICE: Wie geht es deiner Freundin?
Konstantin: Sie hatte nur leichte Krankheitssymptome, die schwer einzuschätzen sind: leichte Kopf- und Gliederschmerzen, außerdem Fieber und Niedergeschlagenheit. Als sie krank wurde, sah es nach einer Grippe aus. Alles, was danach kam, war weniger schlimm. Jetzt hat sie immer mal wieder ein bisschen Halsweh oder Schnupfen. Wir wissen nicht, ob das am Virus oder an der Krankenhausluft liegt. Sie kann ihr Zimmer ja nicht richtig lüften. Mir geht es auch gut. Meine Freundin und ich haben uns nie Sorgen um das Virus gemacht.
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Deine Tests waren negativ, du stehst nun trotzdem 14 Tage lang unter Quarantäne. Warum ist das so?
Die negativen Tests sind im Prinzip nicht viel wert. Die sagen, dass ich das Virus gerade nicht in einer nachweisbaren Menge in mir trage. Das kann sich innerhalb der Inkubationszeit aber noch ändern. Zwei Wochen Quarantäne sind Standard für Kontaktpersonen des ersten Grades. Bei mir war das ein bisschen unglücklich, weil ich meine Freundin begleitet habe und dann direkt im Krankenhaus festgehalten wurde. Ich hätte auch von Anfang an zu Hause bleiben können. Aber ich finde die zwei Wochen Isolation durchaus sinnvoll, weil das Virus so ansteckend ist und für Risikogruppen gefährlich werden kann. Ich mache das ja freiwillig. Ich könnte theoretisch jederzeit rausgehen, mich kontrolliert keiner.
Du kannst also auch Leute zu Hause empfangen, weil niemand das überprüft?
Ich weiß gar nicht, was passieren würde, wenn ich nicht kooperativ wäre und trotzdem rausgehen würde. Aber wenn ich Besuch empfangen würde, würde das sicher niemandem auffallen. Die Sache ist eher, dass die Leute Angst haben.
Als meine Freundin und ich beide im Krankenhaus waren, haben wir jemanden gesucht, der sich um unsere Haustiere kümmert. Der Mann durfte nur mit Schutzanzug in die Wohnung und hat danach Desinfektionsmittel benutzt. Als Leute aus seinem Arbeitsumfeld von dem positiven Test meiner Freundin erfahren haben, haben sie ihn dennoch nach Hause geschickt.
Waren die Reaktionen bei dir und deiner Freundin auch so?
Es gab keine feindseligen Reaktionen oder Beschimpfungen, darüber waren wir sehr happy. Wir hatten proaktiv alle informiert, bei denen es ein potenzielles Ansteckungsrisiko gab. Trotzdem gab es besorgte Anrufe, die so gar nicht notwendig gewesen wären. Das war dann so: “Wie geht’s dir? Wann haben wir uns eigentlich zuletzt gesehen? Könnte die Infektion da schon da gewesen sein?” Wenn wir denen sagen, dass wir wissen, durch wen und wann die Infektion stattgefunden hat, geht das auch. Aber gerade in den ersten Tagen war das schon sehr anstrengend.
Die Leute haben massiv Angst. Das ist nach der Medienberichterstattung auch teilweise verständlich. Ich glaube, meine Freundin haben die vielen Fragen etwas mehr mitgenommen, weil sie auch tatsächlich positiv getestet wurde. Ich dachte mir: Wenn ich diese Fragen jetzt schon alle beantworten muss, gründe ich dafür den passenden Twitter-Account. Damit war ich auch sehr beschäftigt in der Quarantäne.
Wie ist ein Tag in Quarantäne?
Erst war ich im Krankenhaus. Man sieht auch da ziemlich wenige Menschen. Das Personal vermeidet den Kontakt. Ich hatte erst gar keine Symptome, deswegen kam bei mir teilweise den ganzen Tag kein Arzt oder keine Ärztin vorbei. Ich bekam drei Mal am Tag Essen und morgens wurde der ganze Raum desinfiziert und geputzt.
Zu Hause ist es bei mir vielleicht etwas anders als bei anderen, weil ich nebenbei twittere. Es ist eine ungewohnte Situation, aber ich versuche sogar gerade wieder zu arbeiten.
Wer hilft dir in deiner Isolation?
Wir waren am Anfang ziemlich auf uns selbst gestellt und haben recht wenige Informationen bekommen. Das lag aber auch daran, dass es nicht so viele Informationen gab. Wenn ich jetzt etwas brauche, kauft ein Bekannter was und stellt es vor meiner Tür ab. Ich hole es dann rein, wenn er wieder weg ist.
Hast du dir einen Nahrungsvorrat angelegt?
Nein, tatsächlich nicht.
Schlägt es auf die Psyche, dass du dich nicht frei bewegen kannst?
Ich versuche, nicht darüber nachzudenken. Aber zu wissen, dass ich nicht zum Supermarkt laufen kann, weil ich Lust auf Tiefkühlpizza habe – und das auch in den nächsten Tagen nicht kann – das ist schon komisch. Es ist ein unangenehmes Gefühl, aber ich würde nicht sagen, dass ich mich eingesperrt fühle. Ich will nicht jammern.
Eine andere Frage, die ich mir stelle, ist aber: Wann treffen sich die Leute wieder normal mit uns, ohne uns für gefährlich zu halten? Wie funktioniert der Übergang? Gehe ich am Sonntag wieder raus und alles ist wie immer? Darüber mache ich mir mehr Gedanken als um die Quarantäne an sich.
Was ist das Erste, was du machst, wenn du wieder rauskommst?
Ich bin überhaupt nicht der Spaziergang-Mensch, aber vielleicht mache ich das. Vielleicht wäre ein Treffen mit meinen Freunden das Normalste, aber davor zögere ich noch ein bisschen.
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