Es ist das Foto eines frech die Zunge rausstreckenden Jungen, das unter den knapp 80 Bildern im Feed des Instagram-Accounts “Linstable Photographie” sofort heraussticht. Hinter dem Profil steckt der Fotograf Jean-Michel Landon, der auch als Sozialarbeiter in der Gegend rund um die riesigen Häuserblocks von Créteil unterwegs ist – einem einkommensschwachen Pariser Vorort mit vielen Sozialwohnungen. Uns erzählt er, wie er zur Fotografie gekommen ist und warum ihm so viel an den jungen Menschen von Créteil liegt.
VICE: Wie hast du dich zum professionellen Fotografen entwickelt?
Jean-Michel Landon: Als ich jung war, hatte ich oft eine Einwegkamera dabei und machte Fotos von meinen Freunden. Meine richtige Leidenschaft kam aber erst, als ich im Oktober 2011 in einem Sozialbau im Südosten Frankreichs mein erstes “richtiges” Foto schoss.
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Als ich dann erfuhr, dass dieser Sozialbau komplett abgerissen werden sollte, startete ich ein Fotoprojekt, mit dem ich den Alltag in der Siedlung objektiv darstellen und damit erhalten wollte. Jetzt konzentriere ich mich auf den Bezirk Échat in Créteil. Ich will dabei nichts beschönigen oder romantisieren, das hilft niemanden. Nur eine schonungslose Darstellung bringt etwas.
Was macht Échat so interessant?
Die dortige Bevölkerung wird immer jünger, aber die Behörden kümmern sich nicht um die Bedürfnisse der jungen Menschen. Die Infrastruktur schreckt ab, der Stadtrat ignoriert die hohe Arbeitslosenquote, das kommunale Zusammenleben wird vernachlässigt. Deshalb will ich festhalten, was in Échat und vor allem in seinen rund zehn Sozialwohnungsblocks wirklich passiert.
Du verbringst viel Zeit mit jungen Menschen, hörst ihnen zu und gibst Ratschläge. Wie kam diese Beziehung zustande?
Das hat sich einfach so entwickelt. Ich arbeite jetzt schon seit fast 20 Jahren in den Vororten von Paris und gelte in Créteil als “alter Hase”, als Freund, der sich für die Leute einsetzt. Ich bin immer da, wenn jemand Hilfe braucht.
Wie kommt deine Arbeit in den Vororten an?
Sehr gut, inzwischen kenne ich auch den Bürgermeister von Créteil sehr gut. Vor zwei Jahren habe ich ihn vor den wachsenden Problemen in Échat gewarnt, aber bis jetzt hat er sich meinen Vorschlägen noch verwehrt. Ich lasse mich jedoch nicht abwimmeln, dafür bin ich viel zu stur.