Fotos: Marko Mestrovic
NEON GOLDEN ist ein Kollektiv, deren Kunst so aussieht, wie ihr Name klingt: nach einer Mischung aus Tech-Chic und faszinierendem Farbenspiel. Ihre beeindruckenden Visuals sind unter anderem im Club Grelle Forelle zu bestaunen, der nicht zuletzt wegen ihrer Installation zu einem echten Highlight in der Wiener Club-Landschaft wurde und von vielen noch immer wie zum ersten Mal erlebt wird. Außerdem haben sie den Schriftzug „HAPPY BIRTHDAY VICE“ im Rahmen unserer 5. Geburtstagsfeier entworfen, von dem das „VICE“ inzwischen unser Büro und das „HAPPY“ nun das Atelier des Kunstkollektivs ziert.
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Darüber hinaus sind die Artists und Entwickler von NEON GOLDEN aber auch in anderen Bereichen (digitaler) Kunst tätig. Unter dem Namen BEAUTY PARLOUR beschäftigt sich die lose Gruppe auch mit dem Design interaktiver Apps und sucht immer nach frischen Pfaden, um sich kreativ neu zu erfinden. Was sie damit schaffen, sind einerseits authentische und einzigartige Erlebnisse für Konzertbesucher und Partyleute in ganz Wien und andererseits kreative Werkzeuge, mit denen sich User austoben können.
Egal, ob nun im Bereich Visuals oder Apps und unabhängig davon, ob unter dem Namen NEON GOLDEN oder BEAUTY PARLOUR—das Künstlerkollektiv sind ebenso detailverliebt, Technologie-affin und fortschrittsbesessen wie die Entwickler von Microsoft. Und genau wie Microsoft steht auch bei ihnen die große Idee für den Benutzer immer im Zentrum aller Bemühungen. Deshalb war es für Microsoft und uns naheliegend, das innovative Art Collective und ihre spannende Arbeit im Rahmen von 8 Lives zu featuren.
Zu diesem Zweck haben wir uns in drei Schritten mit dem Kollektiv beschäftigt. Zuerst hat Microsoft die Künstler mit einem Windows 8-Device ausgestattet: einem Dell Inspiron One 23. Dann haben wir sie einen Tag lang mit der Kamera bei der Arbeit begleitet. Und zum Abschluss ermöglicht Microsoft ihnen außerdem, im Rahmen von 8 Lives eine innovative Schmuckdesign-App umzusetzen. Mehr zu allen drei Punkten gibt’s im nachfolgenden Interview.
Foto: Beauty Parlour
VICE: Hallo und danke, dass ihr euch die Zeit nehmt! Gleich zu Beginn mal die Frage: Könnt ihr eure eigenen Visuals eigentlich noch sehen?
Neon Golden/Beauty Parlour: Haha, ja es geht wieder. Zugegebenerweise hatten wir nach 5 Jahren Clubvisuals echt genug von unserem Zeug. Da waren wir jedes Wochenende zwei Mal quer durch Europa in einem Club on stage und kamen dadurch auch kaum mehr dazu, was Neues zu produzieren. Das gab uns dann wohl auch den Anstoß, die Richtung zu wechseln und neue Dinge auszuprobieren.
Eure Kunst im Bereich Visuals ist sehr stark event-orientiert. Wie schwer ist es, im Atelier etwas zu entwerfen, das dann auf der Tanzfläche oder bei Konzerten in völlig anderem Rahmen wahrgenommen wird? Wie früh spielen die Musiker und die Location eine Rolle in eurer Arbeit?
Sehr früh. Also zumindest eines von beidem. Anfangs haben wir uns noch sehr experimentell mit der Auslotung der Technologie auseinandergesetzt, von dort sind wir dann aber schnell zu dem Schluss gekommen, dass Visuals nicht in einem definierten Rahmen stattfinden müssen. Sprich, der Raum ist der Rahmen nicht die Leinwand. Vom Content her gesehen waren wir erst bei einer Art visuellem Live-Set. Generative Visuals mit einer bolden, grafischen Handschrift, die während der Performance an die Musik angepasst wurde. Es gab öfters mal Momente, wo die Crowd nicht mehr wusste, wer den Sound und wer die Visuals machte, wenn wir gemeinsam mit DJs wie Tobi Neumann auf der Bühne gestanden haben. Die Leute haben dann schon Tobi zu mir (Stefan Kainbacher, Anm.) gesagt. Später haben wir angefangen definierte Sets für unsere Shows mit Boys Noize oder Digitalism zu produzieren. Dort kam dann irgendwie alles zussammen: Stage-Design, Visuals, Licht—unterschiedliche Technologien, unterschiedliche Produktionsweisen. Danach kamen die ersten Projekte ohne “Visuals” im klassischen Sinn.
Foto: Beauty Parlour
Seid ihr selbst eigentlich öfter in Clubs und bei Konzert-Events anzutreffen – und tanzt ihr dann auch zu euren eigenen Installationen?
Ja definitiv, wer ab und zu in der <>< ist, der hat uns dort bestimmt schon mal getroffen. Wir hosten dort auch eine Partyreihe mit dem Namen Manøver. Die Forelle ist ja sozusagen auch unser Baby und unsere Heimat in der Wiener Clublandschaft.
Habt ihr so etwas wie ein Lieblingsprojekt?
Puh, das ist eine gute Frage. Ich würde sagen, unsere Installation für das Prater Unser Festival. Also wir mögen unsere Arbeiten schon alle, denn wir stecken ja viel Energie rein, sind dabei aber auch immer sehr selbstkritisch und meist ziemlich unzufrieden, weil es in den meisten Fällen trotz allem nicht so geworden ist, wie wir uns das vorgestellt haben. Beim Prater Unser hatten wir echt einen Lauf. Am Tag davor noch voll unterwegs und total verkatert in der Früh getroffen. Wir hatten praktisch kein Budget und ausgemacht war, dass wir etwas mit 12 LED-Balken basteln. 100 Euro haben wir dann noch für das Ausborgen von Stativen rausgeschlagen. Doch die Mission war schnell klar. Es muss ein Altar sein. Kommerz-Trash. Ikea-Hacking. Also sind wir zum Ikea gefahren mit dem Ziel maximal die 100 Euro auszugeben. Auf dem Weg da hin sind wir von der IKEA-LED-Wall beim IKEA-LED-Kreuz angekommen. Rein in die Fundgrube und zwei abgefuckte Billy-Regale gecheckt. Dazu ein paar Plastikboxen. Das Ganze haben wir dann mit ein Paar Schrauben vom Baumarkt zu einem Kreuz zusammengezimmert und mit LED-Modules und den LED-Balken bestückt. Fertig war der Kommerz-Altar. Am Ende hat das Ding richtig cool ausgeschaut.
Foto: Beauty Parlour
Werdet ihr selbst eigentlich gelegentlich selbst davon überrascht, wie eure Installationen dann in der Praxis wirken?
Ja, denn wie meisten Dinge die wir bauen sind so ambitioniert, dass wir sie in der Regel gar nicht testen können. Entweder fehlt die Zeit oder der nötige Platz, um es überhaupt im Vorfeld mal aufzubauen. Bei der Forelle waren es zum Beispiel nur ein paar Wochen von der Idee bis zur Eröffnung—und dann ist das ganze Zeug noch im Zoll hängen geblieben. Wir haben zwar ca. zwei Wochen vorher angefangen, die Teile zusammenzulöten, aber wirklich zusammengebaut und zum ersten Mal gesehen haben wir es in der Nacht vor dem Opening. Zum Glück hat’s in echt aber immer besser ausgesehen als wir uns das ausgemalt haben. Lediglich bei der Electr.Oper hat’s nicht ganz geklappt, aber da hat uns die Technikfirma einen Strich durch die Rechnung gemacht und trotz minuziöser Planung ihren Part nicht eingehalten—da sind dann einige Dinge leider baden gegangen. Hat uns unglaublich geärgert, aber so ist das eben wenn man immer auf das Ganze geht.
Ich nehme an, dass eure Kunst nicht im luftleeren Raum entsteht. Was sind so eure Inspirationen? Und was für Kunst interessiert euch abseits eurer eigenen Projekte am meisten?
Wir sind ein Kollektiv von 15 Personen, die alle aus den unerschiedlichsten Ecken im Schnittstellenberich von Kunst, Design, Architektur und Technologie kommen. Daher sind unsere Inspirationen auch sehr vielfältig. Wir interessieren uns jedenfalls sehr für Interactive und Media Art, Algorithmic Architecture, Contemporary Art und Philosophie, aber auch Technologie und die große Frage nach der Zukunft.
Was ist bei euren Visuals wichtiger: Die Innovation, die hinter einer Lichtinstallation steckt, oder die Emotion, die sie hervorruft?
Beides zu gleichen Teilen.
Was zählt für euch generell mehr: Technik oder Ästhetik? Steht am Anfang eher die Spielerei mit Tech-Neuheiten oder habt ihr zuerst eine Idee, zu der ihr dann die technische Umsetzung sucht?
Ganz klar: Erst die Idee, dann die Technologie. Wir kommen vom Content und Content bedeutet für uns auch den Raum für Emotionen schaffen. Die Botschaft kann aber auch eine rein ästhetische sein. Aber wir überlegen uns definitiv etwas, bevor wir etwas machen. Natürlich spielen wir auch mit Technologie, probieren aus, was alles geht und lernen laufend, damit umzugehen. Wir nehmen sie sozusagen auf in unser Arsenal, damit wir darauf zurückgreifen können, wenn wir sie benötigen.
Ihr habt von Microsoft im Rahmen von 8 Lives ja einen Dell Inspiron One 23 und zwei Surface-Devices zur Verfügung gestellt bekommen. Wie nutzen auch die Geräte bei eurer Arbeit?
Die Devices kommen bei uns einerseits bei unseren aktuellen Projekten im Bereich der generativen Architektur zum Einsatz, wo wir parametrische, skulpturale Objekte und Schmuck mittels Grasshopper und Rhino entwickeln. Daneben benutzen wir sie als Testgeräte bei der Entwicklung.
Was sind eure Lieblings-Features oder -Apps? Wofür verwendet ihr eure Devices am meisten?
Die Liste wäre wohl recht lang, wenn wir anfangen würden, sie einzeln aufzuzählen. Zusammengefasst kann man aber sagen, dass vor allem die kleinen Tools, die einem das Leben leichter machen, viel zum Einsatz kommen. Da gibt es auch tolle Apps, mit denen man zum Beispiel elektrische Widerstände oder den Projektionsabstand eines Beamer ausrechnen kann.
Was meint ihr: Passt sich ein gutes Betriebssystem eher den bestehenden User-Bedürfnissen an oder verändert es diese gemeinsam mit dem neuen Look?
Also unserer Meinung nach sollte ein Betriebssystem es dem User schlichtweg so einfach wie möglich machen, die Dinge zu tun, die er erledigen möchte. Und wenn es dabei noch gut aussieht und Spaß macht, umso besser.
Bringt einen neue Technik eigentlich auch auf neue Ideen?
Ja definitiv, wir sind diesbezüglich auch immer am Ball, aber das ist heutzutage ja nicht mehr so schwierig. Wenn man im Internet gut vernetzt ist, bekommt man ja recht fix mit, wenn sich alle wieder auf ein neues Thema stürzen. Momentan geht es zum Beispiel im Bereich 3D-Printing ab, da tut sich fast täglich was.
Ihr habt vor kurzem erzählt, dass ihr auch über Visuals hinaus Projekte macht. Ein solches, das mit Lichtinstallationen im Wesentlichen gar nichts zu tun hat, ist auch die App, die ihr im Rahmen von 8 Lives umsetzen werdet. Könnt ihr kurz erklären, worum es dabei geht?
Korrekterweise muss man hier einwerfen, dass das genaugenommen kein Neon Golden-Projekt ist. Unser Team präsentiert sich nach außen ja mit zwei unterschiedlichen Namen. Mit “Neon Golden” arbeiten wir im künstlerisch experimentell und vorwiegend im Performance-Bereich. Unsere Designprojekte und auch die Produktionen wie die Grelle Forelle oder Electr.Oper laufen eigentlich über unser Design Studio “Beauty Parlour”. Dort stellen wir uns Herausforderungen an der Schnittstelle von Design und Technologie. Hier ist auch unser neuestes Baby anzusiedeln. Wir arbeiten an einer App, mit der man mittels intuitiver Interaktion sich selbst spielerisch individuelle Schmuckstücke erstellen kann. Diese können dann selbst am 3D-Drucker daheim oder über eine Web-Anbindung online bestellt werden. Momentan sind wir in der Prototyping-Phase, aber sieht schon recht vielversprechend aus.
Und zum Schluss noch mal eine ganz andere Frage: Was ist eigentlich euer Lieblingsessen?
Kässpätlze. Und die Pizza von der Mari, sozusagen unser Haus- und Hoflieferant gleich ums Eck.