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Svaba Ortak ist schon seit 2011 in der Wiener Rap-Szene bekannt, es hat sich nur bisher medial niemand für seine Musik interessiert. Diese Ignoranz hat auch seine Abneigung gegenüber Interviews geprägt, denn als er welche gebraucht hätte, waren sie nicht da. Das kritisiert er auch an Medien: Sie kommen, wenn der Honig fließt. Nur braucht sie dann keiner mehr. Außerdem seien Interviews sowieso nicht notwendig, wenn man seine Musik hört, sagt er mir bei unserem Treffen. Seine Texte sprechen für sich selbst, mehr müsse man auch nicht wissen. Mit mir hat er sich getroffen: Ich wollte dieses Porträt über ihn schreiben, bevor es mit seinem ersten Album richtig losgeht. Und losgehen wird es, da bin ich mir genauso sicher wie er es sich auch selbst ist.
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Unseren ursprünglichen Termin hat er zwar vergessen, aber er hat sofort angerufen und sich entschuldigt. Er ist ein Mann, der nicht viel um den heißen Brei herumredet, sich nicht mit pseudo-intellektuellen oder analytischen Antworten profilieren muss. Er wirkt charmant, ausgeglichen und ruhig auf mich – aber da seien schmerzhafte Reifungsprozesse dahinter. Seine Freunde würden ihn schon noch als “wild” beschreiben. Und so wirkt er auch: Zwar ruhig und besonnen, aber auch wie jemand, der ordentlich feiern und sich im Fall der Fälle wehren kann. Schon nach den ersten fünf Minuten ist klar, dass es für ihn zwei große Kernthemen gibt: Wien und das Korrektsein.
Wien sei wie eine Frau: Egoistisch, aber schön. Und ohne kann man auch nicht. Während seines fast zweijährigen Aufenthaltes in Frankfurt hat er nicht nur Olexsesh und Schwesta Ewa, sondern auch seine tiefe Bindung zu seiner Heimatstadt kennengelernt. Aufgewachsen ist er im dritten Bezirk – der Modenapark kommt auch heute noch in seinen Texten vor. Sein großer Bruder hat ihm Rap gezeigt und näher gebracht.
Entgegen des gängigen Straßenrapper-Klischees war Svaba gut in der Schule. Dass seine kreative Hirnhälfte funktioniert, spiegelt sich in der Kindheit in seinen Deutsch- und Geschichte-Noten wieder. Was er aber wirklich gut kann und auf Instagram immer wieder präsentiert: Zeichnen. Die Oberstufe belegte er in der Grafischen im 14. Bezirk. Ein weiteres Rapper-Klischee bricht er auch: Obwohl er Talent und Faszination fürs Zeichnen hat, war er nie ein Graffiti-Künstler. Brav war er aber trotzdem nicht – sehr zum Leidwesen seiner gläubigen Eltern. Ein Problemjugendlicher war er laut Eigenaussage nämlich schon.
Seine Wurzeln liegen in Montenegro, bis heute hört er Musik aus seiner Heimat und nennt sie auch als Inspirationsquelle. Wurzeln müsse man eben pflegen, Familie sollte man stets ehren und Freunden helfen. Social Media-Konsum und Smartphones hält er für eine negative Entwicklung in der Gesellschaft.
Wie ernst er es mit der Loyalität gegenüber Freunden meint, merkt man nicht nur bei seinen Texten (“Ich kämpfe nicht für meine Freunde; ich gewinne für sie“), sondern auch anhand seines Werdeganges. Das Eastblok-Kollektiv ist ein Wiener-Zusammenschluss aus zwölf MCs, Produzenten und Tänzern, in dem Svaba Ortak ist. Außerdem ist er auch im Ortak-Kollektiv, die aus Manijak Ortak und Pinki D. Ortak besteht – wie es der Künstlernachname “Ortak” auch andeutetet. Pinki ist Svabas Kindheitsfreund aus der Hauptschule. Und es war auch Pinkis Bruder, der Svaba aufgefordert hat, auf Deutsch zu rappen.
Die ersten Strophen schrieb er noch auf Englisch. Es war die Zeit von GTA San Andreas, die “Kinder- und Bandana-Zeit”, wie er sie nennt. So kam eins zum anderen – als er ein Studio gesucht hatte, wurde ihm der Produzent PMC empfohlen. Seitdem hört man in seinen Werken zu einem guten Teil, neben den Beats von Doni Balkan, hauptsächlich PMC’s-Produktionen. Beide Produzenten sind auch Teil der Eastblok Family.
Ihr erstes Video haben sie damals selbst gedreht: Es wurde eine professionelle Spiegelreflex-Kamera gekauft, von der niemand wusste, wie man sie bedient – vom anschließenden Schneiden des Materials ganz zu schweigen. Also haben sie erstmal nur gedreht und erst nach dem Dreh nach Schnitt- und Bearbeitungs-Programmen gesucht. In der Nacht haben sie den Track “DHMV” auf YouTube gestellt. Am nächsten Tag am Vormittag haben sie im Informatik-Unterricht ohne große Erwartungen nachgesehen, wie oft das Video gesehen wurde: 5.000 Views in nicht mal 24 Stunden. Heute hat der Track fast 400.000 Views.
Und das beschreibt den Geist der Eastblok Family ganz gut: Einfach mal machen. Die MC’s bei Eastblok rappen nicht nur auf Deutsch und Wienerisch, sondern auch auf Türkisch und Serbisch. Svaba schreibt seine Texte am liebsten ganz altmodisch: Draußen und auf einem Papier. Auch sonst ist er eher traditionell.
Spotify und Musikstreaming-Dienste findet er aber gut – auch wenn er “sowas” nicht hat. Er ist ein klassischer YouTube-Hörer. Die Idee davon mag er und zeigt kein Verständnis für Musiker, die Kritik an Spotify und anderen Musikstreaming-Diensten üben. Immerhin sollte man glücklich und dankbar sein, überhaupt Geld mit seiner Musik machen zu dürfen. Gezwungen wird auch niemand – “es ist nur ein Hakerl im Programm”. Auch damit hebt er sich von den meisten Künstlern ab: Die Tatsache, dass Spotify ungefähr sechs Euro für 1.000 Plays zahlt, macht viele Künstler und Bands unglücklich. Dass vor Spotify viele Jungendliche einfach illegal runtergeladen haben, wird gerne vergessen. Svaba Ortak hat es nicht vergessen.
Von der Musik möchte er leben, aber er hatte Geld nicht von Anfang an im Sinn. Die meisten Releases von ihm, gibt es gratis zum Downloaden. Erst als die Enter that Dragon-EP rauskam, fand er sie gut genug, um Geld dafür zu verlangen. Seit 2010 bis 2016 hat er gratis Musik gemacht und es als Übung gesehen. Die Arbeit an seinem ersten Studio-Album hat er vor einem Jahr aufgenommen und sie dauern bis heute an. Wenn er Geld für seine Musik verlangen will, dann muss alles perfekt sein. Und Perfektion braucht Zeit.
Die EP nennt er auch, als ich ihn nach drei Erfolgsmomenten seiner Karriere frage. Dann 2011, als ihn das erste Mal zwei Mädchen am Westbahnhof erkannt haben und ein Foto mit ihm machen wollten. Es war das erste Mal, dass er auf der Straße erkannt wurde – nicht mal ein Jahr nach dem er aktiv wurde. Und die erste Eastblok Night in der Szene, als 400 Menschen gekommen sind und die Texte mitrappen konnten. Die Bestätigungsmomente des Erfolgs außerhalb von YouTube, haben sich in seinem Kopf eingebrannt und motivieren ihn weiterhin.
“Ich bin kein Backstage-Sitzer”, sagt er über seine Fanbindung. Man merkt auch während des Gesprächs, dass er für jeden einzelnen Fan dankbar ist, sich gerne mit den Menschen unterhält und auch nach einem Durchbruch vorhat “vier Stunden nach dem Konzert dazusitzen und Autogramme zu geben.” Zusammen mit seinen Aussagen über Spotify malt er ein dankbares und bodenständiges Bild von sich.
Sein Stil hat sich im Laufe der Zeit auch verändert – am Anfang war ihm der korrekte Aufbau der Tracks wichtig. Er hat sich auf seine 16 Bars und die Hook konzentriert. Heute spielt er mit diesem Aufbau, er rappt nicht mehr nach der klassischen Schablone. Musik, die seinen Freunden oder Eastblok nicht gefällt, bringt er nicht, da ist er nicht eitel. Aber wohl perfektionistisch: Obwohl er noch kein eigenes Solo-Album rausgebracht hat, ist er jetzt schon eine anerkannte Größe und das Idol von angehenden Künstlern, wie zum Beispiel Jugo Ürdens, der mir das über ihn erzählt: “Einer der wenigen, der Rap so macht, wie es sich gehört. Ungefiltert aufs Maul, mit krasser Delivery und einer Menge Wortwitz. Ich würde gerne so gut rappen können wie er, oder auch mal einen Beat für ihn machen.” Es gibt nicht viele Künstler in Österreich, die vor ihrem ersten Album bereits ein Idol für andere Künstler waren.
Dass seine musikalische Meinung auch in der Eastblok-Family zählt, deutet er beim zweiten Treffen an: Sobald jemand einen neuen Track hat, hört ihn sich auch Svaba Ortak an. Er ist zwar einer der Jüngsten, aber sein musikalisches Gehör und Meinung kommen dem gesamten Kollektiv zugute. Als ich nach seinen musikalischen Vorbildern frage, fällt ihm nur das erste Album von The Game ein.
Und auch da bewundert er eher das Zusammenspiel von Zufall, Hartnäckigkeit und Glück als Karriereweg. Auch Falcos Weg bewundert er: Immerhin sei er der erste Rapper überhaupt gewesen und anfangs haben ihn alle österreichischen Radio-Stationen abgelehnt. Erst in Deutschland hat er den Durchbruch geschafft – sicher etwas, worin sich Svaba wiedererkennt. Sein Aufenthalt in Frankfurt hat ihm wertvolle Kontakte im Deutschrap gebracht, seine Features umfassen die 187 Straßenbande, Olexesh und HAZE.
Auf die Frage, ob er glaubt, dass Österreich im musikalischen Umbruch steht, hat er eine klare Antwort: “Das spür ich in meinen Eiern.” Und das wird nicht nur an seinem neuen Album liegen.
Fredi hat Twitter: @schla_wienerin
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