Die Idee war simpel, aber effektiv: Um zu zeigen, wie pietätlos er das Verhalten mancher Besucher am Holocaust-Mahnmal in Berlin findet, machte der Autor Shahak Shapira sich über die Selfies her, die Touristen dort schießen. Er suchte sich zwölf besonders schlimme Exemplare aus und kopierte ihre Protagonisten dann in historische Fotos von Szenen aus dem echten Holocaust. Der Schock-Effekt des “Yolocaust”-Projekts war beabsichtigt:
Damit sie nicht erkannt werden, haben wir die Leute auf den Fotos gepixelt. Alle Fotos von yolocaust.de
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Auf der Webseite, die laut Shapira mittlerweile 2,5 Millionen Menschen auf der ganzen Welt gesehen haben, bot er den Menschen hinter den Selfies an, ihr Bild sofort von der Seite zu nehmen – sie mussten nur in einer Email an die Adresse undouche.me@yolocaust.de darum bitten. Douche ist Englisch für Trottel.
Mittlerweile finden sich auf yolocaust.de keine Bilder mehr – alle zwölf hätten sich bei ihm gemeldet, schreibt der Autor auf der Seite. “Fast alle haben die Botschaft verstanden, sich entschuldigt und sich entschieden, ihre Selfies von ihren persönlichen Facebook- und Instagram-Profilen zu löschen.”
Eine E-Mail hat Shapira fast in voller Länge veröffentlicht – die des jungen Mannes, der sein Bild zusammen mit der Beschriftung “Auf toten Juden herumhüpfen” gepostet hatte. Genau, der hier:
“Ich bin der Typ, der dich, wie ich gerade las, zu Yolocaust inspiriert hat”, schreibt der junge Mann in seiner demütigen E-Mail. “Mir wird schon schlecht, wenn ich es nur ansehe. Ich wollte niemanden beleidigen. Nun sehe ich meine eigenen Worte in den Nachrichten.”
Das vielbeachtete Projekt, das aber auch auf vereinzelte Kritik stieß, ist damit zu Ende. Auf der Website hat der Autor dann noch ein paar der Reaktionen veröffentlicht, die er von Unbeteiligten zugeschickt bekommen hat – und die reichen von überschwänglichem Lob über Scam-Mails bis zu Beschimpfungen wie “Heul weiter, dummer Jude” oder “DU ARSCHLOCH!!!! ICH WÜNSCHTE, DU WÄRST IM HOLOCAUST!!!!”. Und auch das zeigt: Das Thema ist so aktuell wie immer – und um die Lehren aus der Geschichte muss immer noch gekämpft werden.