Drogen

So viel Koffein bringt dich um

Die Strukturformel von Koffein über einem Bild einer Tasse Kaffee

Es ist eine Meldung, bei der einem der Cappuccino aus der Hand fällt: Ein 16-Jähriger in den USA ist gestorben, weil er zu viel Koffein getrunken hat. Der Schüler aus South Carolina hatte innerhalb von zwei Stunden eine große Flasche Mountain Dew (koffeinhaltige Limo), einen Caffè Latte und einen Energydrink geleert. Im Klassenzimmer brach er daraufhin zusammen und starb im Krankenhaus. Die Obduktion ergab, dass das Koffein bei dem Jungen offenbar Herz-Rhythmus-Störungen ausgelöst hatte.

Seine Eltern wandten sich danach an die Öffentlichkeit: “Eltern, bitte, sprecht mit euren Kindern über die Gefahren dieser Energydrinks”, sagte der Vater einem TV-Sender. “Und Teenager und Studenten, bitte hört auf, sie zu kaufen.”

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Ist Koffein also schlecht für uns? Gefährlich sogar? Können Kaffee und Energydrinks töten? Und wenn ja, ab welcher Dosis?

“Es sind vor allem Exzesse, die gefährlich sind”, sagt Felix Schönrath, Oberarzt am Deutschen Herzzentrum Berlin zu VICE. “Wer eine ganze Nacht Computerspiele spielt, dabei fünf Energydrinks trinkt und auch noch aufgeregt ist, weil er die ganze Zeit Figuren abballert, für den wird es schon gefährlich.” Störungen des Herzrhythmus- und Nervensystems können die Folge sein. Auch wie schnell man trinkt, sei entscheidend. “Das ist wie beim Alkohol: Wer jede Stunde ein Glas Wein trinkt, ist am Schluss weniger betrunken als jemand, der eine Flasche innerhalb von einer Stunde herunterkippt.”


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Der 16-jährige Schüler habe keine Überdosis Koffein genommen, erklärte der Gerichtsmediziner in den USA, sondern vor allem zu schnell getrunken. Das sei entscheidend gewesen. Vorerkrankungen hatte er jedenfalls keine. Solche plötzlichen Todesfälle sind jedoch selten, in Deutschland ist keiner bekannt. Die Menschen, die an Koffein gestorben sind, hatten meist vorher Herzprobleme, oft unerkannt. Oder haben Koffeintabletten genommen, die stärker dosiert sind als Getränke. Wie ein 23-jähriger Brite, der 2010 starb, weil er zwei Löffel konzentriertes Koffeinpulver mit einem Energydrink heruntergespült hatte. Nebenher Sport zu treiben oder Alkohol zu trinken, belastet den Kreislauf zusätzlich. Dazu entzieht das Koffein Flüssigkeit, der Körper trocknet aus.

Ab 84 Tassen Koffein den Notarzt rufen

Doch wieviel Koffein ist zuviel? “Das kommt auf die Person an”, sagt Oberarzt Schönrath. Eine starke Tasse Kaffee enthält ungefähr 100 Milligramm Koffein. 10 Gramm gelten als definitiv tödlich, also das Hundertfache einer Tasse, wie die Pharmazeutische Zeitung berichtet. Entscheidend ist aber das Körpergewicht. So könnten circa 84 Tassen reichen, um eine 60 Kilo schwere Frau dahinzuraffen. Ein 85 Kilo schwerer Mann müsste ab 119 Tassen den Notarzt rufen.

Vergiftungserscheinungen können auch schon bei einem Gramm Koffein auftreten. Also dem Zehnfachen einer Tasse Kaffee. Die Folge sind Unruhe, Herzrasen, Hyperaktivität, Kreislaufprobleme, Durchfall und Angsterscheinungen. “Bei Energydrinks steigern Zusatzstoffe wie Taurin oder Guarana die Wirkung”, sagt Schönrath. “Und durch viel Zucker schmeckt man das bittere Koffein nicht und trinkt mehr.” Bei hohem Konsum von koffeinhaltigen Getränken beobachteten Forscher einen Kalium-Mangel, der zu Muskellähmungen, Kammerflimmern und Herzstillstand führen kann.

Laut der Webseite Koffein.com ist Espresso Spitzenreiter unter den Koffeingetränken, mit 110 mg pro 100 ml. Energydrinks enthalten 32 mg, Cola kommt auf bis zu 25 mg, je nach Marke. Die Zahlen decken sich mit anderen Schätzungen. Gesunde Erwachsene können ruhig bis zu 400 Milligramm Koffein zu sich nehmen, rät die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit Efsa – über den Tag verteilt. Also vier starke Tassen Kaffee.

Aber wirkt Koffein nur schädlich? Die Pharmakologin Karen Nieber hat ein Buch über Kaffee und die Wirkung von Koffein geschrieben. “Bei geringer Dosierung wirkt es an Adenosin-Rezeptoren unserer Zellen, die uns Müdigkeit signalisieren, und blockiert sie”, sagt die Professorin gegenüber VICE. Wir bleiben also fit. Einziges Problem dabei: Es bilden sich immer neue Rezeptoren, sodass man noch mehr Kaffee trinken muss, um nicht irgendwann müde zu werden. Das kann zu einer Abhängigkeit führen.

“Koffein ist ein Wachmacher”, sagt Nieber. “Es führt aber nicht zu einer Leistungssteigerung. Es wird fälschlicherweise oft angenommen, dass man mit Koffein besser lernen kann. Das ist ein Irrtum.” Es macht nicht schlauer, sondern hilft eben nur, wach zu bleiben.

Wissenschaftler gehen außerdem davon aus, dass Koffein Patienten mit Asthma, Diabetes oder Parkinson helfen kann. Es kommt also auf den Trinker an und die richtige Dosierung.

Du solltest dich also nicht schlecht fühlen, bei deiner Tasse Kaffee morgens. Solange es nicht Hundert werden.

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