Egal, ob ihr es “das große Sauf- und Fressfest” nennt, “die Tage, an denen die Welt den Göttern des Kapitalismus ein Opfer bringt”, oder einfach nur “Weihnachten“: Vom 24. Bis 26. Dezember strömen wir fast alle in die Heimat, um uns bei “4 Stunden Kaminfeuer-Simulator” am Schein der elterlichen TV-Geräte zu wärmen und endlich einmal Ruhe zu finden. Ja, es ist eine besinnliche Zeit des Nachdenkens – über Fitnessstudiomitgliedschaften gegen den Gänsebratenkörper und Kochsalzinfusionen gegen den Glühweinkater.
Doch es wäre alles nur halb so schön, würden wir nicht an Weihnachten – auf Klassentreffen, bei After-Bescherungs-Partys oder mit der Familie um den Tannenbaum – die Leute treffen, denen wir das ganze Jahr aus dem Weg gegangen sind. Ihr wisst schon, wen wir meinen:
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Benni, 26, hängt immer noch in derselben Kneipe rum, in der ihr euch vor acht Jahren bei der Abifeier zuletzt gesehen habt. Er hat jetzt eine Dartscheibe mit seinem Namen.
Agnes, 22, fand es eine geile Idee, direkt vor der Weihnachtsmesse Ketamin zu nehmen, schüttet bei der Kommunion einer zwölfjährigen Messdienerin aus Versehen Messwein in den Nacken, fällt um und muss von ihrem Vater rausgetragen werden.
Louis, 26, wünscht sich von seiner Oma ein MacBook. Als er zwei Paar Socken auspackt, die sie mühsam gestrickt hat, rinnt eine Träne über seine Wange.
Onkel Jürgen, 57, sagt, dass er zum Fest der Liebe für Obdachlose gespendet hat, “weil unser ganzes Steuergeld kriegen ja schon die Asylanten hinten reingesteckt!”.
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John, 23, schenkt seiner Freundin einen Gutschein über “10 lange Umarmungen”.
Katha, 31, backt Weihnachtsplätzchen mit Hasch und verteilt sie an ihre Großeltern, ohne sie vorzuwarnen. Sie hat das mal in einem Film gesehen und damals sehr gelacht.
Norbert, 40, arbeitet bei einer großen Versicherung. Zu Weihnachten schenkt er seinen Kindern Schlüsselanhänger, Kugelschreiber, Bleistifte und Schreibblöcke mit dem Logo seines Arbeitgebers.
Milos, 33, wollte dieses Jahr unbedingt das Weihnachtsessen für seine Familie ausrichten. Er kauft Döner für alle und sagt, das sei postmodern.
Ismail, 21, sagt zu seiner Freundin: “Ich bin so glücklich mit dir, ich will gar kein Geschenk.” Sie hält sich dran. Er ist beleidigt.
Oma Lisl, 87, kennt nur Weihnachtslieder aus der Volksweihnacht ’44.
Benno, 27, erklärt seinem Bruder, dass Weihnachten eine einzige ekelhafte Lüge und Erfindung des Kapitalismus sei. Sein Bruder ist fünf.
Kevin, 26, hat noch nie Kevin – Allein zu Haus gesehen.
Peter, 24, bleibt an Weihnachten in der Großstadt und fährt nicht zu seinen Eltern nach Bayern. Er hat dort keine Grasdealer und hat Angst, selbst welches mitzubringen.
Jürgen, 52, schenkt seinem neunjährigen Sohn den Todesstern von Lego. Nach dem Auspacken sagt Jürgen übertrieben bedauernd: “Oh! Leider erst ab 14+, dann muss ich den wohl selbst zusammenbauen.”
Torsten, 47, hört jedes Jahr die Weihnachts-CD von den Toten Hosen.
Ina, 24, ordnet alle Figuren in der Weihnachtskrippe ihrer Oma so an, dass es aussieht wie ein riesiger Gangbang zwischen Menschen und Tieren.
Yvonne, 26, kauft für ihren Freund ein 200-Euro-Geschenk, weil es ihr erstes gemeinsames Weihnachten ist und sie ihn sehr liebt. Sie kennen sich seit fünf Wochen.
Tobias und Claudia, beide 37, hatten schon am 15. Bescherung. Die neuen iPhones würden schließlich niemandem etwas bringen, wenn sie verpackt im Wohnzimmer liegen.
Alwin, 26, jobbt als Weihnachtsmann. Er kann sich am besten auf die Arbeit konzentrieren, wenn er unter seinem Mantel nackt ist.
Winson, 32, erzählt nach Weihnachten jedem im Büro, dass er über die Feiertage ein halbes Kilo zugenommen hat.
Sina, 25, ist vor einem Jahr aus ihrer 20.000-Einwohner-Stadt nach Berlin gezogen. Am 25. Dezember reist sie abrupt aus ihrer Heimatstadt ab, weil ihr “die provinzielle Enge in den Köpfen die Luft zum Atmen” raubt.
Moritz, 28, und Rahel, 32, ist es durch akribische Planung gelungen, dass ihre Tochter am 24.12. zur Welt kommt, damit sie nur einmal im Jahr Geschenke kaufen müssen.
Gina, 25, fährt über Weihnachten nicht zu ihren Eltern, weil sie “keine Energie für sowas” hat. An Heiligabend ruft sie weinend zu Hause an, weil sie Heimweh hat.
Erik, 26, will nicht auf seine Freundin hören und zündet die Weihnachtsbaumkerzen von oben nach unten an. In der Notaufnahme tröstet sie ihn damit, dass der Norwegerpulli wirklich hässlich war.
Bernd, 28, erklärt einem ehemaligen Klassenkameraden beim Weihnachtstammtisch, dass er nicht versteht, wie er in Berlin leben kann, obwohl “da alles voll mit Türken und Transen ist”.
Julius, 19, schüttet seinem seit 16 Jahren trockenen Onkel Rum in den alkoholfreien Punsch.
Carina, 38, hat zu Weihnachten eine alte, einsame Frau aus der Nachbarschaft zu ihrer Familie eingeladen, vergisst an Heiligabend aber, sie abzuholen.
Rolf Zuckowski, 70. Singt. Immer. Noch.
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