Vergangenes Jahr wurde Bangladesch im World Air Quality Report als Land mit der weltweit schlimmsten Luftverschmutzung eingestuft. Der Grund: Bangladesch ist eines der am dichtesten besiedelten Länder der Welt. Und es ist ein Ort der ungezügelten Industrialisierung. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Luft, das Gift sickert auch in die Erde, der Abfall schwimmt in den Flüssen. Jetzt geht das Land an fotochemischem Smog, Hausmüll und ungefiltertem Abwasser förmlich zugrunde.
Der Fotograf Probal Rashid ist in Bangladesch aufgewachsen. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, wie sich die Umweltverschmutzung auf die Bevölkerung auswirkt und was er während seiner Reise gelernt hat.
Videos by VICE
VICE: Warum wolltest du die Umweltzerstörung fotografieren?
Probal Rashid: Ich wurde in Gazipur geboren, einem sich schnell entwickelnden Industriegebiet Bangladeschs. Früher war die Gegend vor allem für den Reisanbau sehr wichtig. Aber wegen der Nähe zur Hauptstadt Dhaka hat sich dort in den vergangenen 20 Jahren immer mehr Industrie angesiedelt. Ich habe gesehen, wie sich die Industrie ein quasi unberührtes Naturgebiet einverleibt: Natürliche Gewässer wurden giftig, fruchtbares Land war plötzlich komplett unergiebig, ganze Wälder wurden abgeholzt.
Deswegen entschloss ich mich im Jahr 2009, diese industrielle Umweltverschmutzung und -zerstörung fotografisch festzuhalten. Ich begann, durch die anderen Industriegebiete von Bangladesch zu reisen.
Woher kommt diese Umweltverschmutzung?
Dafür ist allein die Industrie verantwortlich; die Gerbereien, Textilmanufakturen, Färbereien, Druckereien, Chemiefabriken, Geflügelfarmen und die Pharmaunternehmen.
Der Fluss Buriganga ist einer der am stärksten verschmutzten Flüsse in ganz Bangladesch. Er fließt direkt an Dhaka vorbei. Fast vier Millionen Menschen leiden unter der schlechten Wasserqualität, die durch unbehandelte Textilabfälle verursacht wird. Dazu fallen in Dhaka täglich ungefähr 4.500 Tonnen Haushaltsabfall an, von denen höchstens 30 Prozent auf richtigen Müllhalden landen. Ein Großteil aber endet im Fluss. Das Wasser vergiftet dann sowohl die Menschen als auch die Tiere.
Wie wirkt sich die Umweltverschmutzung auf die Anwohner aus?
Die Bewohner und Bewohnerinnen an den Wasserwegen leiden sehr. Die Fische sterben durch den giftigen Industriemüll. In anderen Gegenden müssen viele Leute umziehen, weil sie den schwarzen Rauch der Ziegelfabriken nicht mehr länger aushalten. Sie erkranken an Tuberkulose, Lungenkrebs oder Hautkrebs. Die Umweltverschmutzung ist in Bangladesch wirklich eine tödliche Bedrohung für die Menschen.
Welche Gegend ist am schlimmsten betroffen?
Hazaribagh, ein Viertel im alten Teil von Dhaka. Dort befinden sich besonders viele Gerbereien, die ihr mit allen möglichen Chemikalien verseuchtes Abwasser in den Buriganga leiten. Deshalb zählt Hazaribagh auch zu den zehn Orten mit der schlimmsten Umweltverschmutzung der Welt. Wegen eines Beschlusses des höchsten Gerichts von Bangladesch mussten 270 der eingetragenen Gerbereien vor Kurzem in das Industriegebiet Savar umsiedeln.
Wie haben die Leute in den Industriegebieten auf dich als Fotografen reagiert? Die Fabrikbesitzer sind bestimmt nicht begeistert, wenn ein Journalist dort herumschnüffelt.
Stimmt, die Fabrikbesitzer mögen Fotografen und Journalisten echt nicht. Sie wollen unbedingt vermeiden, dass man über ihre Verstöße gegen die Umweltvorgaben berichtet oder die von ihnen verursachte Verschmutzung fotografiert. Deshalb habe ich immer versucht, undercover zu arbeiten.
Wie sollen deine Fotos für Veränderung sorgen?
Fotos wecken Interesse. Mein Projekt ist der visuelle Beweis dafür, dass sich Bangladesch verändert. Und zwar nicht zum Guten: Ich hoffe, dass den Leuten durch die Bilder bewusst wird, wie zerstörerisch sich diese kaum kontrollierte Industrialisierung auf die Umwelt auswirkt. Vielleicht ändert sich dann endlich etwas.