9 Dokus über die verrückte Zürcher Technoszene der 90er

Grosse Hallen, synthetische Beats, futuristische Outfits und bei dem einen oder anderen auch Ecstasy im Blutzyklus. Was in den 60er Jahren der Rock’n’Roll war, war für die Jugend der 90er Jahre der Techno: Eine musikalische Revolution, die da war, um Grenzen zu sprengen, die Leute wachzurütteln und den Exzess zu zelebrieren. Auch in der Schweiz war die Techno-Welle gross. Spätestens nach der ersten Street Parade 1992 wurde schnell klar, dass diese Musik in Zürich und der Schweiz eine ganze Generation prägen wird – heute zählt Techno in Zürich offiziell zum Kulturerbe unseres Landes. Neben der Street Parade, dem Oxa (damals “The Club”) oder dem Sensor wurde auch an Partys in stillgelegten Fabrikhallen wie dem Gugelmann Areal Roggwil geravt. Seinen Höhepunkt fand der Techno Anfang der 00er Jahre mit der Dachkantine, die zu den prägendsten Techno-Clubs Europas gehörte.

Genau so wie sich die Raves in den 90er Jahren häuften, häufte sich auch das Filmmaterial dieser Zeit. Was in den 00er-Jahre an Bad-Taste-Partys getragen wurde, war damals trendy und gilt heute als retro-chic. In den Dokus, welche wir in den tiefen des Internest gefunden haben, erwartet uns das gängige Phänomen, dass die Middle-Age-Generation versucht, eine Jugendkultur zu verstehen. Das SRF hat in dieser Position eine Vorreiterrolle übernommen und die Szene aus Distanz erforscht. Wer sich im Gegensatz zum SRF richtig unter das verstrahlte Ravervolk mischte, war Sputnik TV. Diese Crew besuchte fleissig alle Raves in- und ausserhalb der Schweiz und hielt den wahre Spirit des Ravens fest.

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Um die Ursprünge des Technos zu ehren und sehnsüchtig auf die nicht-miterlebte Zeit zu blicken, haben wir neun interessante bis absurde Dokumentationen und TV-Beiträge aus den 90er Jahren rausgesucht.

Street Parade (1992, SRF)

Das waren unsere Eltern, welche die erste Street Parade 1992 unter dem Motto “Liebe, Frieden und Toleranz” zelebrierten. Im Beitrag wird klar, dass hier ein neuer Lifestyle auf das Bünzlitum der Schweiz trifft. Es handelt sich bei der Street Parade nämlich nicht um eine Demo, nein, es ist schockierenderweise eine polizeilich bewilligte Party. Die Bünzlis sind geschockt und die Jugend kann sich in Musik und Style voll ausleben.

“Party, Party, Party – Ein Streifzug durch die Technoszene” (1997, SRF)

Ein Mann, der sich mit weisser Farbe bemalt und live auf einer Technoparty performt, um den Leuten in die Trance zu verhelfen. Kunst und Techno zusammen, obwohl Techno alleine schon eine Kunst ist. Die Technoszene der Schweiz, welche das Zentrum in Zürich hat, wurde drei Monate vom SRF dokumentiert. Das Fernsehteam wurde von einer Baslerin quer durch die Landschaften der Raves geführt und erhielt einen kleinen Einblick in die Szene. Die Message: Techno ist kein Lifestyle oder eine Rebellion, es ist eine Sucht und ein unverzichtbares Gefühl. Es ist scheissegal, wie du aussiehst, auch wenn sich Raver gerne herausputzen, Hauptsache du tanzt zehn Stunden am Stück.

“Techno-Partys und Designer-Drogen” (1993, SRF)

“Man tanzt die ganze Nacht durch, trägt Leder und Lack und zum Einheizen schmeisst man Ecstasy.” Diese Doku fängt schon mit einer recht absurden Anmoderation an, wirkt in unserer heutigen aufgeklärten Gesellschaft irgendwie random, aber ist schlussendlich auf eine trashige Weise unterhaltsam. Hauptinhalt der 45 Minuten sind Interviews mit verstrahlten Personen, die ihre Liebe zu Ecstasy kundtun und gerne drei Tage durchraven. Und ganz ehrlich, was war das für eine Mode mit diesen weissen Handschuhen und den Trillerpfeifen?

“Frauen im Techno-Business” (1995, SRF)

Die erste Doku, in der es nicht nur um Techno geht. Nein, es geht auch um Frauen in einem männerdominierten Business. Hier werden Frauen vorgestellt, die sich in dieser Branche beweisen konnten und jetzt erfolgreich auflegen, wie zum Beispiel Marusha. Emanzipation und Techno gehen Hand in Hand. Ebenfalls lernst du in dieser Doku verschiedene Raverinnen und deren Alltag kennen, wie die 14-jährige Tina, die sich jedes Wochenende was reinschmeisst und 48 Stunden am Tanzen ist.

Street Parade 1994 ( 3Sat & MTV) westbam rave oldskool

In diesem Zusammenschnitt von 3Sat und MTV geht es um die Street Parade 1994. Dabei werden die Parade und deren Besucher in Bildern festgehalten, aber auch, was dieser Anlass und die Musik für die Jugend bedeutet. Die Doku wird von Monika Schäfer moderiert, welche auch 23 Jahre später immer noch beim SRF aktiv ist. Wenigstens haben sich die Filmtechniken verändert: Passend zum Beat der Musik zoomt der 3Sat-Kameramann rein und raus, was, wenn wir ehrlich sind, für die Augen anstrengender ist, als sich auf Drogen 100 mal im Kreis zu drehen. Mister Mike war in diesem Jahr ebenfalls an der Parade. Die Legende hat 2011 einen Swiss Nightlife Award für sein Lebenswerk erhalten.

Dachkantine We Miss You (2009)

Eine Ode an die Dachkantine. In der Doku wird die Geschichte der Dachkantine von Beginn bis zum Schluss dargestellt. Da schmerzt einem beim Schauen schon ein wenig das Herz und eine Welle von Wehmut überrollt einen. Nach dem Schauen dieser Doku hilft nur eines, um die gedrückte Stimmung wieder loszuwerden: ein richtig geiler Rave.

SPUTNIK TV, Alte Kaserne (1993)

Im Gegensatz zu anderen Journalisten mischten sich die Reporter von “Sputnik TV” immer unter die Leute. Das machte die Sendung auf Züri 1 und TeleZüri legendär. In dieser Episode wird live vor Ort aus der Alten Kaserne berichtet und es werden Interviews mit DJs, Partypeoples und allem Möglichen gemacht. Die schräg angezogenen Gäste werden mit Smoothies und frischem Essen versorgt. Es wird auf auffällige Outfits mit Federn, lack und Leder gesetzt, aber auch das gute alte Polyester findet man im Übermass. Wie es ist, den Mond zu essen, das erfährst du bei “Sputnik TV”.

“Rave New World” (1990 – 2000)

Das ist wohl die absurdeste Doku, die du dir jemals in deinem Leben geben wirst – amen und fertig!

Bonus: Bericht vom Gugelmann Areal, Roggwil (1995, SRF)

Wieso zur Hölle lässt man ein Kind eine Dokumentation über Mega-Raves ansagen, ist das erste, was wir uns aus heutiger Sicht fragen. Zweimal im Jahr fanden die berüchtigten Mega-Raves im Gugelmann Areal in Roggwil statt. Raver aus dem ganzen Land reisten für diese Nacht ins Oberaargau. Die guten Zeiten an den Raves (ohne Drogen natürlich) werden dokumentiert. Auch die Omas und Opas aus Roggwil freuen sich über die jungen Raver im Dorf und die Dorfbeiz macht mächtig Profit an diesen Abenden. Nach dem Grossbrand im Areal war die legendäre Zeit der Raves leider vorbei.


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