Sander Stroom aus Estland wurde im vergangenen Oktober in Berlin zum amtierenden Siedler von Catan-Weltmeister gekürt, nachdem er sich gegen 40 Freizeit-Kolonialisten von überall auf der Welt durchgesetzt hatte. Sein Schlüssel zum Erfolg war es dabei, in jeder Phase und Spielsituation die richtige Strategie parat zu haben.
Ich dagegen habe meist den Eindruck, dass meine kolonialistischen Großmachtfantasien stets von jähem Würfelpech durchkreuzt werden. Netterweise hat mir Sander Stroom, der außerhalb des Catan-Bretts als IT-Experte arbeitet, seine neun wertvollsten Tipps verraten, mit denen auch ihr in jeder Situation die richtige Antwort auf die Straßenverläufe, Raubzüge und Baumaßnahmen eurer Gegner habt.
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1. Anfangsphase: Wähle deine Niederlassungen weise und achte auf die kleinen Punkte
Richte deine ersten Moves zu Beginn des Spiels nicht nur danach, auf welchen Feldern das statistisch lukrativste Land liegt (bei den Zahlenchips 5, 6, 8 und der 9)—beachte insbesondere die Summe der Punkte unter deinen Landschaftsfeldern. Je mehr Punkte deine Felder ingesamt aufweisen, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass deine Felder Erträge abwerfen.
Du wirst sicher schnell versucht sein, auf die rot markierten und besonders wahrscheinlichen 6 oder 8 zu setzen, aber wenn deine anderen Landschaftsfelder beispielsweise eine 2 und 3 sind (insgesamt acht Punkte), dann wirst du langfristig deutlich weniger Ressourcen einsammeln als zum Beispiel mit der 5 und der 9 (11 Punkte). Lass dich also nicht von der 6 oder 8 blenden, sondern beachte deine Gesamtchancen.
2. Jage in der Anfangsphase Getreide und Holz
Eine mathematische Analyse von Siedler von Catan hat errechnet, dass Holz und Korn sowohl am Anfang als auch gegen Ende des Spiels die wertvollsten Ressourcen sind. Versuch dich am Anfang stets im Wald oder auf Feldern breit zu machen—idealerweise hast du Zugriff auf beides.
3. Beobachte von Anfang an die Moves deiner Gegner
Ihr dürft euch als gerissene Cataner jedoch nicht nur auf euch selbst konzentrieren, sondern müsst auch im Blick haben, was die anderen tun. Manchmal kann es sich auch lohnen, eure Felder so zu wählen, dass sie den werten Mitspielern den Weg abschneiden oder bestimmte Ressourcen künstlich verknappt werden. Beobachtet, was eure Gegner planen und wie ihr ihre Pläne zur Kolonialisierung der Welt durchkreuzen könnt—zum Beispiel, in dem ihr ihnen den Weg zu Wäldern oder Bergen versperrt.
Wenn du früh deine erste Siedlung errichtest, dann wähle lukrative Ressourcen oder Felder mit möglichst vielen Punkten (siehe oben). Wenn du später baust, dann haben sich deine Gegner vermutlich bereits auf den meisten dieser Felder breit gemacht. Dann solltest du nach den aktuell knapperen Ressourcen Ausschau halten oder dich in der Nähe eines Hafens niederlassen. Da jedes Siedler-Brett dynamisch ist, lässt sich hier natürlich keine pauschale Aussage treffen, aber du merkst schon, dass du deine Pläne stets im Angesicht des Feindes nachjustieren musst.
4. Bau am Anfang fleißig weiter, aber lass dir Zeit mit den Städten
Nachdem du zu Beginn deine ersten beiden Siedlungen errichtet hast, ist es essentiell, dass du so schnell wie möglich eine dritte Siedlung baust. Mit zwei Niederlassungen ist dein Zugriff auf Ressourcen offensichtlich nicht ausreichend diversifiziert. Außerdem brauchst du auch für den Städteverlauf im späteren Verlauf Siedlungsplätze.
Du solltest dich am Anfang jedoch nicht damit hetzen, deine ersten Siedlungen in Städte zu verwandeln—das kannst du auch später noch machen. Wenn alles gut läuft, wirst du am Ende ohnehin die gesamte Karte kolonialisieren. Solange du nicht die Weltherrschaft hast, sind Städte aber vor allem ein praktisches Ziel für Räuber.
5. Verschwende deine Ressourcen niemals sinnlos für Straßen ins Nirgendwo
Das klingt nach einem naheliegenden Tipp. Dennoch richten sich bei weitem nicht alle Spieler danach. Konzentriere dich darauf, wo genau du deine Siedlungen insbesondere aufstellen willst und richte deine Baustrategien danach aus. Wenn deine Niederlassungen zum Beispiel an einer Wiese und einem Wald liegt, dann bau deine Straßen in Richtung des nächsten Bergs oder Feldes. Aber errichte niemals mehr oder minder planlose Straßen, nur weil du glaubst, eine Straße bauen zu müssen.
Wenn du investieren musst, weil du sonst möglicherweise Karten zu verlieren drohst (zum Beispiel, weil du sieben Karten auf der Hand und Angst vor einem Räuber hast), dann investiere in Entwicklungskarten oder Städte—aber nicht in wahllose Wege.
6. Behalte das Material deiner Gegner im Auge und nutze den Mangel aus
Viele Spieler sind so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass sie gar nicht darauf achten, was ihre Gegner eigentlich so treiben. Verschaffe dir stets eine gute Übersicht darüber, was deine Gegner tun und insbesondere darüber, wie viele Ressourcen sie wohl aktuell bunkern. So bist du beim Handeln stets in einer guten Position. Du solltest immer eine Idee haben, woran es deinen Gegner mangelt: Wenn dein Gegner zu wenig Steine hat, dann wird er nur allzu gerne einen für dich lukrativen Deal eingehen. Sei darauf vorbereitet, ihn zu einem amtlichen Preis mit allem, was er braucht, zu beliefern.
Ein wohlinformierter Gesamtüberblick hilft dir auch, wenn du die Monopolkarte spielst. Wenn du zum Beispiel bemerkt hast, dass jemand viel Erz verdient, aber längere Zeit nichts gebaut hat, dann kannst du dir sicher sein, dass es deinem Gegner an einer anderen Ressource fehlt. Mit einer Monopolkarte könntest du ihm jetzt all sein Erz abnehmen—und dein Gegner steht mit komplett leeren Händen da.
7. Investiere in Entwicklungskarten
Diese Karten erscheinen auf den ersten Blick eher nutzlos, aber jede Entwicklungskarte zahlt sich im späteren Spielverlauf aus. Oft brauchst du sie sogar zum Siegen, weil das Brett mit seinen Straßen und Städten dafür nicht immer ausreicht.
Selbst, wenn du vielleicht befürchtest, dass dir eine Entwicklungskarte nicht viel bringen wird, ist es immer noch besser in eine Karte zu investieren, als in beliebige Straßen (siehe Punkt fünf). Unterschätze die Karten nicht: Sie könnte ein Räuber oder ein Siegpunkt sein und den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausmachen.
8. Jage die längste Handelsroute zu richtigen Zeit
Es bringt immerhin zwei Siegpunkte, die längste Handelsroute zu besitzen. Eine schöne Straße ist also durchaus ein erstrebenswertes Ziel für einen echten Siedler. Entwicklungskarten jedoch können dir niemals genommen werden—gerade in der Anfangsphase solltest du also lieber in Karten investieren.
Wenn du noch immer vor hast, die längste Handelsroute mit deinem Imperium zu errichten, dann bewahre dir hierfür einen langen Atem bis zum Ende des Spiels. Wenn du jedoch zu spät beginnst und schon viele Wege blockiert sind, dann sieh von deinem prestigeträchtigen Plan ab.
9. Bewahre auch zum bösen Spiel gute Mine
Eine Partie Siedler von Catan kann erbarmungslos sein und es ist nie schön, wenn das Spiel gegen dich läuft. Du kannst nicht den gesamten Verlauf kontrollieren und planen. Wenn du jedoch häufiger in der selben gemütlichen Runde zockst, dann lohnt es sich, stets gute Miene und ein Pokerface zu bewahren—so wirst du undurchschaubarer und seltener zum Opfer gemeiner kollektiver Streiche.
Du solltest derjenige sein, der immer freundlich bleibt. Verscherze es dir nie mit deinen Mitspielern, damit du stets ein gern gesehener Handelspartner bleibst. Auch der größter Siedlerimperialist sollte stets ein Lächeln auf den Lippen haben—außerdem macht das Spiel so mehr Spaß.