Music

Ein Blick zurück: die ersten Top 100-Listen im DJ Mag

Vor ein paar Monaten hat das DJ Mag seine jährliche Top 100-Liste veröffentlicht. Manche Leute waren empört über die Reihenfolge, andere überrascht, andere erfreut und wieder andere hat das alles überhaupt nicht interessiert (uns übrigens auch nicht). Interessant wurde das Ganze aber, als der britische Produzent und DJ Bodyjack kurz darauf Scans der ersten DJ Mag Top 100-Liste überhaupt im Internet veröffentlichte und damit eine ziemliche Welle auslöste. Das Ding ist von 1993! Wie ihr euch sicherlich denken könnt, hat sich seit der ersten Ausgabe dieses weltweiten Beliebtheitswettbewerbs einiges geändert, wahrscheinlich seid ihr trotzdem verwundert in welcher Hinsicht. Wir haben das noch mal niedergeschrieben, um uns selber daran zu erinnern, wie viel sich in den letzten 20 Jahren doch geändert hat.

WO SIND DIE GANZEN FRAUEN?

In der Ausgabe von 1993 scheinen es nur vier Frauen in die Liste geschafft zu haben—das lässt sich anhand der schlecht kopierten Pressefotos erkennen, auf denen einige doch recht androgyn aussehen. Wisst ihr, wie viele dieses Jahr auftauchen? Zwei. Und wisst ihr auch, wie viele es letztes Jahr waren? Null. Niente. Zwischen 2007 und 2012 war Tech-House-Superstar Claudia Cazacu die einzige Frau überhaupt, die es in die Liste geschafft hat, angefangen mit Platz 93 im Jahr 2010. Nicht einmal Annie Mac, Aushängeschild der BBC und Fabric Resident, hat es dieses Jahr in die Liste geschafft.

Videos by VICE

ALLE HABEN „GARAGE” GEMACHT

Man würde sicher nicht erwarten, dass ein Großteil der DJ Mag-Leser auf diese cheesy Art von House abfuhr. Und damit meine ich US Garage, benannt nach seinen Ursprüngen in New Yorks berüchtigtem Paradise Garage Club, wo Larry Levan das Sagen hatte. Klingt im Prinzip wie jede andere Art von Wohlfühl-House, jedoch mit einem besonders „beflügelnden” Appeal. UK Garage hingegen ist zwar immer noch am Leben, hat sich mit der Zeit aber zu Dubstep, Grime und vielen anderen Formen von Underground-Bass-Music entwickelt. Jemand, der „Garage” macht, findet man dieses Jahr also garantiert nicht mehr in der Liste.

ÜBERALL NUR WEIßE

In der diesjährigen Liste findet man irgendwie nur weiße Leute. Aber wie ihr selber sehen könnt, glich die DJ Top 100 nicht immer einer Warteschlange bei einem Country-Konzert. Was ist da bloß passiert?

HIP-HOP UND TECHNO, IM GEISTE VEREINT

Meine Güte, in der ersten Liste tauchen—zwischen all den Techno-, House- und Trance-Größen—DJ Premiere, Jazzy Jeff und Funkmaster Flex auf. Zur Erinnerung, das war zu der Zeit, als jeder Rapper mindestens einen clubtauglichen House-Beat auf seinem Album hatte und experimentierfreudige Techno-Produzenten Breakbeat-Platten mit HipHop-Beats gemacht haben. Klar, mittlerweile gibt es Trap Music, die die Grenze zwischen HipHop und Techno wieder aufweicht, aber das Zeug taucht bestimmt nicht in der Top 100 dieses Jahres auf.

CARL COX

Dieser lässige Brite ist der einzige Typ, der cool genug ist, um in den ganzen zwei Jahrzehnten in der Top 100 aufzutauchen. War der wohl irgendwann mal nicht dabei?

WIR BRAUCHEN KEINE NUMMER EINS!

Heutzutage dreht sich anscheinend alles um Listen und Platzierungen: Nummer Eins, Top Drei, Nummer 64, den DJ, der erst drei Plätze hoch und dann fünf Plätze runter ist. Mal im Ernst, wen interessiert das? Anscheinend kann niemand mehr einfach die Musik genießen, sondern muss den Künstlern irgendwelche Platzierungen zuschreiben, die entweder die Weltherrschaft oder totales Versagen repräsentieren. Das war 1993 noch nicht so, damals wurden die DJs, die es in die Liste geschafft haben, einfach alphabetisch aufgelistet—eine sehr gerechte Herangehensweise, die niemanden bevorteilt. Verdammt, diese Zeit fehlt mir! Auch wenn ich damals ungefähr zwei Jahre alt war und mich vollgesabbert habe.