Ein zerstörter Sarg, durch den man ein menschliches Skelett sieht, auf dem Friedhof La Recoleta in Paraguays Hauptstadt Asunción gibt es viele Grabräuber.
Alle Fotos: Aurélien Buttin
Menschen

Fotos: Der Friedhof, auf dem die Toten keine Ruhe finden

Paraguays Hauptstadt Asunción hat ein Grabräuberproblem.

In Paraguays Hauptstadt Asunción – oder La Muy Noble y Leal Ciudad de Nuestra Señora Santa Maria de la Asunción, wie sie mit vollem Namen heißt, die sehr ehrwürdige und loyale Stadt unserer heiligen Frau Maria der Himmelfahrt – gibt es eine Handvoll Museen und historische Stätten. Die hat man jedoch relativ schnell durch, wie ich bei meinem Besuch feststellen musste. Aber die Stadt am Rio Paraguay hat noch mehr zu bieten.

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Als ich in einer Bar ein paar Bier trank, überhörte ich ein Gespräch über den Friedhof La Recoleta. Er soll der schönste der Stadt sein. Mein Interesse war geweckt. Am nächsten Tag schnappte ich mir meine Kamera und machte mich auf den Weg.

Ein Mausoleum mit einer Außenwand aus pinken Fliesen

Foto: Aurélien Buttin

Dort angekommen, fand ich mich schnell in einem Gewirr aus gepflasterten Wegen wieder, gesäumt von kunstvoll dekorierten Familiengruften. Nur hin und wieder durchbrach das saftige Grün eines Baums die Steinbauten und Keramikfliesen. Hier wird niemand unter der Erde bestattet. Die Särge liegen eingemauert in Familiengruften und Mausoleen, manche kann man sogar durch Glasfenster sehen, einige sind mit Tüchern zugedeckt. In vielen Gruften stehen Fotos der Verstorbenen.

Als ich mich allerdings weiter vom Friedhofseingang entfernte, wurde es immer makabrer. Einige Gruften waren stark beschädigt, die Türen aufgebrochen, die Fenster eingeschlagen, Särge zerstört. Sie lagen teilweise halb verbrannt auf den Wegen, einige noch warm vom Feuer. Ein Stück weiter bemerkte ich Leichenteile und Knochen auf dem Boden. Mir wurde schlecht.

Verbrannte und zerbrochene Särge liegen auf dem Boden

Foto: Aurélien Buttin

Schließlich fand ich zwei Friedhofswärter. Einer war um die 30, der andere etwa doppelt so alt. Der Jüngere erklärte mir, dass Grabräuber Schuld an den Verwüstungen seien. Um 18 Uhr, wenn der Friedhof schließt, klettern Leute über die hohen Friedhofsmauern und entzünden Feuer, um sich warm zu halten und zu kochen. Dann plündern sie die Gruften, nehmen mit, was sie können. "Schmuck natürlich, aber auch Bronzeplaketten", sagte der Friedhofswärter. In Medienberichten ist außerdem die Rede von Kreuzen, Vasen, Türgriffen und sogar ganzen Türen. 

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Paraguay leidet unter anhaltender wirtschaftlicher Instabilität und Korruption. 27 Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze. Die Friedhofswärter sprachen über das nächtliche Treiben auf dem Friedhof mit einer Mischung aus Machtlosigkeit und Belustigung.

eine geöffnete Gruft mit Särgen

Foto: Aurélien Buttin

Trotz der vielen Grabräubereien finden noch regelmäßig Bestattungen auf La Recoleta statt. In einem Bericht der Lokalzeitung ABC von 2019 sagt ein Wärter, dass der Friedhof immer zugleich von 22 Leuten bewacht werde. Allerdings ist das Friedhofsgelände weitläufig und hat 13 Tore, was die Arbeit sehr erschwert. Im Januar 2023 hat der Bürgermeister von Asunción die Begräbnisgebühren der Stadt verdoppelt und versprochen, Recoleta aufzuräumen und die Sicherheit dort zu verstärken. Bis heute hat sich jedoch nichts geändert.

Die Angehörigen versuchen ihr Bestes, mit der Situation umzugehen. Viele verwenden bei den Bestattungen weniger ansprechende Materialien, um die Gräber für potenzielle Diebe uninteressant zu machen. Andere bestatten ihre Angehörigen nicht mehr traditionell in Gruften, sondern weichen auf Friedhöfe aus, auf denen sie sie begraben können.

Auf La Recoleta jedenfalls finden die frisch Verstorbenen erstmal noch keine Ruhe.

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Ein Sarg hinter einem zerbrochenen Fenster

Foto: Aurélien Buttin

Blick in eine Gruft durch ein vergittertes Fenster. Der Sarg ist mit einem Spitzentuch zugedeckt, davor steht ein Foto, daneben Vasen

Foto: Aurélien Buttin

Blick in einen Holzsarg durch ein Loch, darin sieht man menschliche Überreste

Foto: Aurélien Buttin

Blick auf zerstörte und verwüstete Gräber

Foto: Aurélien Buttin

Eine verwüstete Gruft

Foto: Aurélien Buttin

Knochen gucken aus einem Sarg

Foto: Aurélien Buttin

Ein geöffnetes und von dicken Baumwurzeln überwachsenes Mausoleum

Foto: Aurélien Buttin

Eine lange Wand mit Gruften, viele davon sind aufgebrochen

Foto: Aurélien Buttin

Blick in eine verwüstete Gruft

Foto: Aurélien Buttin

Blick auf Mausoleen

Foto: Aurélien Buttin

Blick durch ein Fenster auf einen Babysarg, auf dem ein Farbeimer steht

Foto: Aurélien Buttin

Ein verblichenes Porträtfoto liegt auf dem Boden

Foto: Aurélien Buttin

Gruften im Sonnenuntergang

Foto: Aurélien Buttin