Kaum ein Spiel steht so sehr für ein ganzes Genre wie Counter-Strike: Global Offensive, kurz CS:GO. Über 500.000 Menschen schießen sich jeden Monat durch unzählige Runden, was aber gleichzeitig bedeutet: Etwa die Hälfte davon verliert. Immer wieder. Kein Wunder, das Spiel ist komplex, es ist schnell, es ist fordernd. Wer gut werden will, muss Zeit reinstecken. Oder diesen Artikel lesen.
Wir haben jemanden nach Tipps gefragt, der mit CS:GO ordentlich Geld verdient: Florian “syrsoN” Rische, gerade 22 Jahre alt geworden, kommt aus einem kleinen Städtchen bei Halle an der Saale und ist eSportler. Er ist der AWP-Schütze des deutschen Teams ALTERNATE aTTaX. Wäre er Fußballer, Florian wäre der Star-Stürmer. Als Scharfschütze ist er mit der mächtigsten Waffe des Spiels für präzise Abschüsse zuständig und damit auch erfolgreich auf internationalen Turnieren unterwegs. Wir treffen ihn online für eine Stunde Noob-Nachhilfe.
Videos by VICE
Nimm das richtige Fadenkreuz, um effizienter zu treffen
Das Fadenkreuz ist in jedem Shooter das wichtigste Werkzeug. Bloß taugen die Fadenkreuze von CS:GO alle nicht für wahre Profis – und das obwohl sie ganz detailliert eingestellt werden können: Manche gehen beim Laufen auseinander, um die erhöhte Streuung zu verdeutlichen, andere bedecken den ganzen Bildschirm und haben nur einen Punkt in der Mitte. “Alles nicht mein Fall, aber vom voreingestellten Fadenkreuz würde ich auch abraten”, sagt Florian. Profis bauen ihre eigenen Fadenkreuze. Und das funktioniert mit der Entwicklerkonsole (“Optionen” -> “Spieleinstellungen”-> “Entwicklerkonsole aktivieren”). Sobald die Entwicklerkonsole aktiv ist, kann man sie im “Maus/Tastatur”-Menü auf eine unbenutzte Taste legen (etwa die ^-Taste unter der ESC-Taste) und dann öffnen.
Profis tippen jetzt “cl_crosshairstyle 4” ein, so kriegt man ein Fadenkreuz, das statisch in der Bildmitte bleibt. Statt der 4 könne man auch mit anderen Zahlen rumexperimentieren, sagt Florian, in seinem Team mache das aber niemand: “Bei den Profis spielen alle mit der 4.” Noch zwei weitere Befehle machen das Werkzeug perfekt: “cl_crosshairsize 3” und “cl_crosshairgap -2”. Voilà, ein kompaktes Fadenkreuz fürs Wesentliche.
Halte das Fadenkreuz immer auf Kopfhöhe
“Viele Anfänger machen den Fehler, das Fadenkreuz recht tief zu führen”, sagt Florian. Logisch: In der unteren Bildschirmhälfte befindet sich die Waffe, alles Spannende passiert in der oberen Hälfte. Also richten viele Spieler ihre Waffe nach unten, um mehr vom Spielgeschehen zu sehen. Läuft dann ein Gegner vorbei, drücken die meisten Spieler sofort ab – und treffen ihn in den Fuß für minimalen Schaden. Ein Kopfschuss hingegen ist oft tödlich.
Schaut man Profis wie Florian beim Zocken über die Schultern, dann sieht man, was er mit Kopfhöhe meint. Wie an einer unsichtbaren horizontalen Linie entlang führt er sein Fadenkreuz. Als Übung für die richtige Höhe empfiehlt Florian den Spielmodus Deathmatch: Taktisches Vorgehen steht hier nicht im Vordergrund, es ist mehr ein Dauergeballer, bei dem man viel Übung kriegt.
Erstelle einen eigenen Server und schieß rum
Den Druck und das Chaos einer ganz normalen Runde muss man sich nicht immer geben: Florian treffen wir alleine auf dem privaten Trainingsserver seines Teams unterwegs, er hat die Map de_dust2 geladen, um ein paar Tricks zu demonstrieren. Auf diesem privaten Server diskutiert er mit seinen Team-Kameraden und dem Coach neue Taktiken und Laufwege. Es gibt Anleitungen dafür, wie man sich einen eigenen Server mit optimalen Trainingsbedingungen einstellt.
Dank eines Befehls in der Entwicklerkonsole werden die Einschläge von Florians Projektilen durch rote Quadrate verdeutlicht. Beobachtet man die, sieht man, wieso gerade Anfänger mit automatischen Waffen kurze Feuersalven abgeben sollten anstatt ins Dauerfeuer zu verfallen: Florian zückt seine AK 47 und hält einfach mal auf eine Wand drauf. Dauerfeuer. Die roten Quadrate landen überall, nur nicht an dem Punkt, wo Florians Fadenkreuz ist, die Spur geht nach oben, nach links, nach rechts, dann wieder nach links. Und das ist der Trick: Jede Waffe verzieht unterschiedlich, aber nach einem bestimmten Muster. Florian zeigt, wie es richtig geht: Wieder Dauerfeuer, diesmal steuert er der Streuung entgegen. Kaum ein Anfänger kann das, als Profi muss man das gerade bei häufig benutzten Waffen im Schlaf beherrschen. Das Ergebnis: Die roten Quadrate bleiben dort, wo sein Fadenkreuz hinzielt.
Ein eigener Server ist auch geeignet, um den richtigen Umgang mit Granaten zu üben. Es gibt bestimmte Würfe auf jeder Map, auf die man als Anfänger nicht unbedingt von alleine kommt. Auf YouTube gibt es die wichtigsten Tricks – etwa für de_dust2, auf der Florian gerade herumschießt.
Kauf dir auch scheinbar unnütze Granaten
Sie machen aus Counter-Strike das, was es ist: Ein Spiel, in dem es nicht nur ums Ballern, sondern vor allem um Taktik geht. Ohne gut platzierte Granaten kommt man nicht einmal halb so weit. Man könne nie zu viele Granaten haben, gerade Rauch- und Blendgranaten, sagt Florian. Die Granaten müssen wie jede Waffe im Spiel zwischen den Runden mit Spielwährung eingekauft werden. Viele Spieler ignorieren die Granaten und sparen lieber auf dicke Scharfschützengewehre. Doch wenn man das Geld sparen muss, das man nach Kills und jeder Runde kriegt, dann nicht bei den Granaten.
Selbst die kaum genutzte Ködergranate, die nur den Sound eines Gewehrs imitiert und damit den Gegner verwirren soll, könne nützlich sein, sagt Florian. Weil sie aussieht wie eine Blendgranate, die jeden Spieler, der auf sie schaut, kurzzeitig blendet, drehen sich Gegner wahrscheinlich um, wenn sie anfliegen. Das kann man ausnutzen: Eine Ködergranate um die Ecke werfen, direkt hinterherrennen und auf den Gegner zielen, während der sich wegdreht.
Ebenfalls auf Motherboard: Wenn Gamer zu Versuchskaninchen werden
Auch die Art, eine Granate zu werfen, sollte man variieren: Nach dem Ziehen der Granate nicht einfach die linke Maustaste loslassen, sondern stattdessen die rechte drücken und loslassen. Dann fliegt die Granate in einer steileren Flugbahn – und nicht so weit. Perfekt, um Gegner hinter Kisten zu erwischen.
Spar dir als Counterterrorist den Helm
Das Schutz-Outfit aus Kevlar-Weste und Helm sollte man schon von der ersten Runde an immer kaufen. Sobald aber die meisten Spieler mit Gewehren herumlaufen, gibt Florian einen Tipp, um ein paar Dollar zu sparen: Bei den Counterterrorists (Team CT) ist die Hauptwaffe die M4, bei den Terrorists (Team T) die AK 47. Sie unterscheiden sich nicht nur im Handling, sondern haben vor allem einen gravierenden Unterschied: Einen Kopfschuss mit der AK überlebt man selbst mit Helm nicht, einen Kopfschuss mit der M4 hingegen schon. Wenn du also als CT spielst und weißt, dass alle Gegner mit AKs rumlaufen, kauf dir ruhig nur die Kevlar-Weste und verzichte auf den Helm – er ist praktisch nutzlos.
Bleibt immer zu zweit
Spielt man als Anfänger mit einem Kumpel zusammen: Bleibt zusammen! “Im Profibereich versucht man immer, zu zweit unterwegs zu sein”, erklärt Florian. Wird ein Zweier-Team nämlich überrumpelt und ein Spieler abgeschossen, dann hat der andere immer noch die Chance, gleich einen Anschlusstreffer zu landen und das Teamverhältnis auszugleichen. Weil man meistens fünf gegen fünf spielt, bilden sich im Profi-Bereich oft zwei Zweier-Teams, während der übrige Spieler die anderen absichert.
Zu zweit fällt es auch leichter, Räume für sich zu erobern. Florian nennt das “Lenkrad kriegen”: Spieler 1 läuft als erstes um die Ecke – in einem weiten Bogen. Steht ein Gegner dahinter, wird der sein Feuer auf Spieler 1 eröffnen und mit seiner Maus diesen Bogen mitgehen. Doch direkt dahinter kommt schon Spieler 2 um die Ecke und bleibt eng an der Wand. Der Gegner wird diesen Bogen nicht schnell genug zurückführen können, ohne selber ins Feuer zu geraten. Ein ziemlich sicherer Kill für das Zweierteam.
Mach das Mixtape aus und hör genau hin
Die meisten Spieler sind nicht in Profi-Teams mit Voice Chat organisiert, sondern spielen mit zufällig zusammengewürfelten Fremden. Gerade hier sei es wichtig, aufmerksam zu sein und stets zu wissen, wo der Gegner ist, sagt Florian. “Ich schaue dann sehr oft auf die Minimap, öfter als bei Profi-Spielen.” Schließlich fehlt ihm dann oft die sprachliche Kommunikation mit dem Team.
“Um richtig gut zu sein, muss man sich auch auf seine Ohren verlassen”, sagt Florian. Also keine Musik reinhauen, sondern in den Sound-Einstellungen die Option “Stereo-Kopfhörer” wählen, um zu hören, ob der Gegner von links oder rechts kommt. Mit dem Befehl “volume” in der Entwicklerkonsole kann man die optimale Lautstärke für sich einstellen.
Hör auf Ansagen – oder mach welche
CS:GO hat einen eingebauten Voicechat, über den ein Team im Spiel kommunizieren kann. Theoretisch. Oft hört man hier nur türkische Musik oder russische Flüche, kaum jemand spricht mit seinem Team. Umso dankbarer sollte man sein, wenn doch mal jemand eine Ansage macht, sagt Florian. Oder man macht eben selber welche. Dazu sollte man aber die gängigsten Begriffe kennen: “Rush B”, also gemeinsam schnell den Bombenablageplatz B einnehmen, “Hold A long”, also den langen Zugang zum Platz A absichern.
Eine Ansage ist besser als keine, und selbst wenn sich nur eine Person daran hält, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man so einen besseren Plan hat als der Gegner. Und auch, wenn der Plan schiefgeht, dann sei das okay, sagt Florian. Die Community bei Counter-Strike habe zwar auch ihre Probleme, sei aber nicht so anstrengend wie die in anderen Online-Spielen: “Zusammen im Team zu scheitern ist sowieso immer besser.”
Folgt Motherboard auf Facebook, Instagram, Snapchat und Twitter