Tse Chi Lop wurde am Freitag in Amsterdam festgenommen. Der 57-Jährige war einer der meistgesuchten Männer der Welt.
Tse, ein Kanadier mit chinesischen Wurzeln, soll Anführer des internationalen Verbrechersyndikats Sam Gor sein, auch The Company genannt. Die Organisation dominiert den Drogenhandel im Asien-Pazifik-Raum, der auf 70 Milliarden US-Dollar im Jahr geschätzt wird. Er umfasst Länder wie Australien, Neuseeland, Japan, Indonesien und die Philippinen.
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Sam Gor soll für rund 70 Prozent aller illegalen Drogen verantwortlich sein, die nach Australien geschmuggelt werden – vor allem Crystal Meth, Heroin und Ketamin. Trotzdem konnte er sich jahrelang dem Zugriff der Behörden entziehen.
Bis vergangenen Freitag. Niederländische Beamtinnen und Beamten nahmen den mutmaßlichen Drogenboss am Flughafen Schiphol fest, als er in ein Flugzeug nach Kanada steigen wollte. Der Zugriff erfolgte im Auftrag der australischen Bundespolizei, AFP, die Tse seit Jahren auf der Spur war.
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“Das Syndikat hat jahrelang große Mengen illegaler Betäubungsmittel nach Australien importiert und dort vertrieben sowie den Profit im Ausland gewaschen”, heißt es in einem AFP-Statement. Der niederländische Polizeisprecher Thomas Aling sagte, dass Tse sich bereits auf der eigenen Meistgesuchten-Liste befunden habe. “Die Festnahme erfolgte auf der Grundlage von Geheimdienstinformationen, die wir erhalten hatten.”
Seine Festnahme ist ein großer Erfolg – nicht nur für die australische Polizei, sondern für Strafverfolgungsbehörden weltweit. Die Vereinten Nationen hatten zuvor berichtet, dass Sam Gor mit seinen Drogengeschäften jährlich zwischen acht und siebzehn Milliarden US-Dollar einnehme. Das Syndikat entstand aus einer Allianz von fünf Triadengruppen, chinesischen Mafiaorganisationen, und ist laut Antidrogen-Behörden ausgefeilter als jedes lateinamerikanische Kartell. Tse gilt als sein Anführer.
Jeremy Douglas, der beim Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung die Region Südostasien und Pazifik repräsentiert, sagte gegenüber Reuters: “Tse Chi Lop befindet sich in einer Liga mit El Chapo oder vielleicht Pablo Escobar.”
Aber im Gegensatz zu seinen lateinamerikanischen Kollegen soll Tse die meiste Zeit ein weitaus diskreteres und unauffälligeres Leben geführt haben. Er konnte sich auch deswegen so lange unter dem Radar bewegen, weil er sich größtenteils von der Gewalt, dem Kräftemessen mit anderen Gangs und der Protzerei fernhielt, für die milliardenschwere Drogenbarone eigentlich bekannt sind. Mit ein paar Ausnahmen natürlich.
Laut der australischen Bundespolizei veranstaltete Tse jedes Jahr ausgelassene und luxuriöse Geburtstagsfeiern in Fünf-Sterne-Resorts und Hotels, zu denen er seine Familie und Entourage mit Privatjets einfliegen ließ. Einmal soll er in einem Casino in Macau 66 Millionen US-Dollar in einer Nacht verspielt haben. Überall dort, wo er hinreiste, beschützte ihn eine Gruppe Thaiboxer.
An den Ermittlungen, Operation Volante genannt, die schließlich zu Tses Festnahme führten, waren Behörden aus China, Macau, Thailand, Malaysia, Vietnam, Myanmar und Hongkong beteiligt. Die australischen Behörden bereiten nun mit der Staatsanwaltschaft den Auslieferungsantrag vor, damit sie Tse in Australien vor Gericht stellen können.
Der Fahndungserfolg wird aller Wahrscheinlichkeit nach keinen Einfluss auf die kriminellen Strukturen des Sam-Gor-Syndikats haben und die Geschäfte erstmal unbehelligt weiterlaufen.