Richard Nixon hat angeblich mal gesagt, in John F. Kennedy würden die Menschen sehen, wie sie gerne wären und in Nixon nur, wie sie wirklich sind. Wenn man das Gleichnis auf Österreich umlegt, müsste mit ziemlicher Sicherheit irgendwo darin Austrofred vorkommen—wir wissen nur noch nicht ganz, an welchem Ende des Spektrums wir ihn ansiedeln würden.
Auf jeden Fall hat der heimatnahe Fred, der als Austro-Apotheose von Freddy Mercury seit mehr als einem Jahrzehnt Herrn und Frau Österreicher den Spiegel vorhält, gerade ein neues Buch geschrieben. Und auch, wenn es darin nicht um den Leberkas-Pepi geht, muss man sagen, dass es zumindest sehr stark danach klingt (und ob Austrofreds oberösterreichischer Wurzeln auch ziemlich gut dazu passen würde).
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In unserer Literaturausgabe 2015 ist der einzige bisher unveröffentlichte Text dieser Essay-Sammlung schon vorab erschienen. Wir haben mit dem österreichischen Weltwunder über Politik, die ikonische gelbe Jacke und seinen absoluten Lieblingsort in Wien gesprochen. Und ihm natürlich auch seinen kleinen Seitenhieb auf VICE drin gelassen. Bussis.
VICE: Dein neues Buch heißt Pferdeleberkäse. Warum?
Austrofred: Mir ist lange kein Titel eingefallen, der zu einer solchen philosophischen Essay-Sammlung dazu passt. Also habe ich geschaut, welche Begriffe kommen besonders oft vor in dem Buch, und das war dann mit Abstand der Begriff Leberkäse. Interessant eigentlich, weil ich in der Öffentlichkeit ja als reiner Schnitzeltiger gelte. Pferdeleberkäse heißt das Buch, weil nur Leberkäse wäre mir dann doch zu proletarisch gewesen wäre. Ein Pferd ist eine edles Tier—das signalisiert: Hier war eine Edelfeder am Werk.
Welche Rolle spielt Austrofred in der österreichischen Musikszene?
Ich sehe mich als Mittlerfigur zwischen altem und neuem Austropop, als Staffelträger quasi. Außerdem bin ich einer der Wenigen in der Szene, die ihr erarbeitetes Praxiswissen nicht einfach nur horten, sondern es auch an kommende Generationen weitergeben. Von dem her bin ich auch ein bisschen ein Think Tank oder Wissensturm.
„Eich Dodln gib i Gas”—ist Austrofred politsch?
Nicht direkt, weil ich bin ein Showmensch und mich selber zipft es als Zuschauer sehr an, wenn eine gute Show von zu viel Ideologie vernichtet wird. Aber natürlich beschäftige ich mich, gerade in meinen Büchern, sehr viel mit gesellschaftlichen und also auch wieder politischen Themen. Weil ich bin ja ein gescheiter Mensch, von dem her ist es ja für die Leute interessant, was ich für eine Meinung habe.
Hat Austrofred Angst vor einer Völkerwanderung?
Nein, als Tourneekünstler zähle ich selber zum fahrenden Volk.
Wäre Austrofred auch ohne Helmut Qualtinger möglich?
Bei aller Wertschätzung des Genies von einem Qualtinger hat mich der eigentlich null beeinflusst. Was sich sicher bei mir niedergeschlagen hat, waren eher der Hödlmoser vom Reinhard P. Gruber oder auch der Wolf Haas. Freddie Mercury war bei mir auch nicht ohne Einfluss.
Nutzt sich der Queen-Schmäh auch ab? Wird das für einen selbst irgendwann langweilig?
Nachdem mein Berufsbild sehr vielfältig ist und ich ja Bücher schreibe und viele Lesungen gebe und Fernsehen mache und so weiter, eigentlich nicht. Jetzt spiel ich meine Queen-Interpretationen vielleicht in Summe vielleicht 20 bis 30 Mal im Jahr, und das taugt mir schon jedes Mal wieder. Sind ja auch wirklich gute Nummern.
Wie steht Austrofred zum Nationalstolz, der an der Refugee-Situation gerade auf beiden Seiten entflammt?
Ich finde, wer Gutes tut, der kann und soll auch stolz drauf sein, weil der Mensch will ja Liebe und Lob und wenn er das dafür kriegt, dass er notwendige Lebensmittel zu einem Bahnhof bringt, dann ist das eine gute Sache, die jedem was bringt. Und wahrscheinlich gibt es das Wort „Spenden-Weltmeister” eh in allen Weltsprachen. Auf Österreich als Ganzer braucht man aber nicht stolz sein, weil da hast du auch den Strache und Traiskirchen und eine recht wischi-waschi agierende Regierung. Freuen darf man sich aber sicher über die ÖBB und die Volkshilfe und so weiter.
Siehst du Parallelen zwischen deiner Figur und einem Wrestling-Charakter (von wegen „in character” bleiben, überlebensgroße Kunstfiguren etc.)?
An Wrestling-Figuren hätte ich noch nie gedacht, aber wie eine Comic-Figur komme ich mir schon manchmal vor, und das ist ja im Prinzip dasselbe. Alterslos und immer im selben Gwandl. So wie man den Donald Duck nur im Matrosenanzuge sehen will, wollen die Leute den Austrofred nur in der Freddie-Mercury-Montur. Aber ist ja auch ein geiles Outfit, da will ich mich gar nicht beschweren.
Apropos: Wonach riechen deine gelbe Jacke und deine weiße Hose?
Das willst du nicht wissen. Momentan zusätzlich auch noch nach Pferd, weil ich gerade für einen Filmdreh zum ersten Mal geritten bin! Prompt hat es mich gleich einmal hinuntergeprackt.
Ich bin sicher, dass die EAV-Lieder, vor allem textlich, überzeitlich Bestand haben werden.
Das ist lustig. Was ist das Lustigste, das du jemals gehört hast?
Vor kurzem bin ich einmal beim Schachtelwirt gesessen, und ein Vater hat seine Tochter geschimpft: „Jetzt hast du gar nichts gegessen von deinem Happy Meal—wenn wir das nächste Mal zum McDonalds gehen, dann kriegst du gar nix.” Auf das hin ist die Tochter aufgesprungen und hat geschrieen, „Hurra, wir gehen wieder zum McDonalds!!!” Da habe ich massiv schmunzeln müssen. Außerdem mag ich den positiven Spirit von dem Mädchen.
Welche fünf österreichischen Künstler spielen eine Rolle für dich?
Als quasi Material sind für mich starke erfolgreiche Eigenmarken interessant: Hundertwasser, Falco, Zawinul, Mozart. Da hat jeder ein Bild dazu, eine Meinung. Der größte Austropopper ist für mich der Thomas Spitzer von der EAV—ich bin sicher, dass die EAV-Lieder, vor allem textlich, überzeitlich Bestand haben werden. Und schon auch sehr gut: der Nestroy.
Was ist dein Lieblingsort in Wien?
Eigentlich sollte ich das gar nicht sagen, damit ich meinen geheimen Rückzugsort nicht verliere, aber im VICE liest’s eh keiner: Das Caritas-Altersheim in der Schönbrunner Straße.
Und warum?
Da hast du einen kleinen Park, der öffentlich zugänglich ist, aber den fast keiner kennt, und im Café gibt’s günstige Mittagsmenüs. Hin und wieder kommt man auch mit den Oldies zum Reden. Und im Eck hinten gibt’s einen Hasenstall, da kann man sich sehr gut zum Philosophieren hinsetzen und zum Hasen Schauen.
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Kannst du dich noch erinnern, dass du einmal bei der Geburtstagsfeier von unserem ehemaligen Herausgeber, Niko Alm, gespielt hast?
Freilich, das ist aber schon sehr lange aus, da habe ich noch alle Haare gehabt und er war noch kein Religionsgründer.
Hast du manchmal Lust drauf, den Austrofred als Figur umzubringen?
Nein. Wobei ich schon weiß, dass mich diese Lust irgendwann einmal überkommen wird, und für den Fall passe ich auf, dass ich mich nicht in irgendwelche langfristigen Verpflichtungen verstricke. Wenn ich sage, ich will nicht mehr, dann mach ich auch nicht mehr. Aber vielleicht fall ich ja auch einfach mal tot auf der Bühne um, auch nicht das Schlechteste. Wär halt gut, wenn da noch ein Zeitl hin ist.
Die Gretchen-Frage für Österreichmusiker: Korrumpiert einen der Erfolg? Machen kleine Events mehr Spaß als große?
Ich finde, so 100 bis 500 Leute ist eine optimale Publikumsgröße, da hast du Stimmung, aber auch noch einen persönlichen Zugang. Aber so pauschal kann man das nicht sagen. Im Endeffekt gilt: Gut organisierte, gut bezahlte und gut besuchte Auftritte machen mehr Spaß als schlecht organisierte, schlecht bezahlte und schlecht besuchte.
Wer ist für dich Österreichs größter Politiker der Zweiten Republik und warum? (Bruno Kreisky ausgenommen.)
Schwierige Frage. Ich mag seriöse Leute, die es ernsthaft gut meinen: Kirchschläger, Fischer, Van der Bellen, die find ich alle schwer OK. Ich glaub, so richtig Fan von einem Politiker könnte ich aber nicht sein. Wenn man einen Musikvergleich bringen will: Es sind ja letztendlich doch alles Major-Label-Acts. Von dem her nominiere ich als Indie-Act den Gea-Chef Heini Staudinger als in seinem Wirkungskreis aktiven, engagierten und innovativen Typen.
Titelbild von Ingo Pertramer