Foto via Flickr User Imagens Evangelicas
Das Leben hält einige unschöne Wahrheiten für dich bereit. Dazu gehört auch die Tatsache, dass der Zeitraum, in dem du dir unbedarft jeden Scheiß einschmeißen kannst, stark begrenzt ist. Entweder gibt dir dein Körper irgendwann den freundlichen Wink, dass langsam die Zeit gekommen ist, einen oder mehrere Gänge runterzuschalten, oder du hast mittlerweile so viel Verantwortung am Hals, dass fünf Bier und zwei Pillen mit ‚schlechte Idee’ noch sehr wohlmeinend umschrieben sind.
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Wenn du dich dann aber eines Tages auch noch dafür entscheiden solltest, die Verantwortungen aller Verantwortungen einzugehen—also einen Nachkommen zu zeugen—, dann kannst du nur schwer darauf hoffen, dass dein genetisches Material nicht schon zu sehr davon in Mitleidenschaft gezogen worden ist, dass du dir mit Entwurmungsmittel gestrecktes Koks durch diverse Körperöffnungen reigezogen hast. Die Wahrscheinlichkeit, dass dein Kind gesundheitliche Schäden davonträgt, ist ziemlich hoch.
Was wäre aber, wenn du wüsstest, wie sehr du dir deinen Körper ruinierst, bevor es zu spät ist? Ohne hier jetzt einen auf Keine-Macht-den-Drogen machen zu wollen, habe ich zwei Experten für Reproduktionsmedizin—Dr. Ricardo Yazigi vom Shady Grove Fertility Center in Maryland und Dr. David Nudell, einem Urologen aus der Bay Area—sowie Fernando Caudevilla (auch bekannt als Dr. X, der Drogenflüsterer) gebeten, mir zu erklären, wie sehr sich illegale Drogen wirklich auf Spermien auswirken. Der generelle Konsens lautet, dass der Konsum jeglicher illegalen Droge die Hoden schädigt und die Produktion von Testosteron vermindert—dem Herzstück des männlichen Reproduktionssystems.
Für diesen Artikel haben wir uns außerdem stark auf die 2012er Studie „The Insults of Illicit Drug Use in Male Fertility” aus der Fachzeitschrift Journal of Andrology der American Society of Andrology bezogen, die du hier lesen kannst.
Marihuana
Laut der National Study on Drug Use and Health von 2009 ist Marihuana die am häufigsten konsumierte illegale Droge in den USA und auch bei uns sieht es nicht anders aus. Das bedeutet, dass wahrscheinlich auch deine Spermien unter zumindest einigen dieser Folgeschäden leiden.
Der menschliche Körper verfügt über natürliche Rezeptoren für die cannabinoiden Bestandteile von Marihuana und die befinden sich auch in den Hoden und den Spermien selbst. Wenn diese nun die besagten Orte in Beschlag nehmen, können einige unerwünschte Effekte eintreten und dir den Tag versauen. Dr. Yazigi sagt dazu:
„Ungefähr 33 Prozent der chronischen Marihuanakonsumenten haben eine verminderte Spermienzahl. Es hat sich außerdem gezeigt, dass sich die Bindung der aktiven Komponenten und Stoffwechselprodukte des Marihuanas an die Rezeptoren der Spermien negativ auf deren Beweglichkeit auswirkt. Weniger klar sind allerdings die Auswirkungen auf Gelegenheitskonsumenten—für diesen Fall liegen noch keine vernünftigen Studien vor. Es wird aber generell davon ausgegangen, dass diese Männer, obwohl sie bei einer Unterbrechung ihres Konsums mit einer schnellen Genesung rechnen können, Marihuana meiden sollten, falls sie versuchen, ein Kind zu zeugen.”
Kokain
Koks ist, natürlich, ein legendärer „Ständerkiller”. Der Konsum führt zu einer Verengung der Blutgefäße, was wiederum zu erektiler Dysfunktion führt. Es ist schwer, genau festzumachen, was die Substanz sonst noch verursacht, da jede Studie am Menschen dadurch erschwert wird, dass Koks dich in der Regel dazu bringt, dir noch ganz viele andere Sachen reinballern zu wollen. Ich fragte Dr. Yazigi, warum es nicht mehr Informationen über die Effekte von Kokain gibt und er antwortete, dass Studien am Menschen selten ‚rein’ sind, „da in den meisten Fällen Kokainkonsum mit Alkohol, Zigaretten und anderen Drogen einhergeht. Menschen, die ausschließlich Kokain konsumieren, sind also so etwas wie eine Rarität.” Er erinnerte mich auch daran, dass man ja keine Versuchsgruppe dazu zwingen könne, Kokain zu konsumieren und sich dann fortzupflanzen—aus ethischen Gesichtspunkten.
In Tierstudien ist das allerdings sehr wohl möglich und so ist man zu dem Schluss gekommen, dass es in Eizellen und Spermien Rezeptoren für Koks gibt. „Das testikuläre Gewebe wies eine abnormale Anatomie auf. In einer Reihe von Zellen konnte eine Degeneration festgestellt werden”, sagte Dr. Yazigi. Dr. Nudell ging noch eine Schritt weiter und sagte, dass die Tierversuche gezeigt hätten, dass es wahrscheinlich eine Übertragung des Kokains durch die Spermien auf die weiblichen Eizellen gibt. „Die Effekte dieses Phänomens sind noch unbekannt, können aber sehr wahrscheinlich zu Fehlgeburten führen.”
Opiate
Um Missverständnisse zu vermeiden: mit Opiaten sind Heroin, Oxycodon, Morphin, etc. gemeint. Der Langzeitkonsum von Opiaten kann zu Problemen mit den Reproduktionsorganen führen, da dieser das Hormon Gonadoliberin unterdrückt, das, laut Dr. Nudell, „normalerweise vom Hypothalamus ausgeschüttet wird (dem Organ, das die Hirnanhangsdrüse steuert).” Das wiederum führt zu einer verminderten Ausschüttung von LH (lutenisierendes Hormon) und FSH (follikelstimulierendes Hormon) seitens der Hirnanhangsdrüse—was wiederum medizinisches Kauderwelsch für ‚dein Körper produziert nicht mehr genug Spermien, um ein Baby zu machen’ ist. Es gibt außerdem Hinweise darauf, dass die Abhängigkeit von Opiaten dazu führen kann, dass innerhalb der Spermien einen DANN-Fragmentierung stattfinden kann, was dann wiederum zu miserablen Befruchtungsraten oder sogar Fehlgeburten führen kann.
Methamphetamine
Es sollte keine Überraschung sein, dass die Fortpflanzung bei Methkonsumenten eher untere Priorität hat. Viel wichtiger ist es erst mal, deine Zähne zu pflegen und deinen Eltern das Geld zurückzuzahlen, das du aus ihren Altersrücklagen endwendet hast. Hör außerdem auf, diese bescheuerte Wollmütze zu tragen. 2006 ist schon lange vorbei und du heißt nicht Jesse Pinkman. Du bist eine real existierende Person und stinkst wie ein Eimer feuchter Münzen. Wenn du trotz allem weiteres Leben in die Welt setzen musst, kannst du mit „direkter Beschädigung der Hodenkanälchen” rechnen, die so etwas wie das Supportsystem deiner Eier darstellen. Auch hier bedeutet das im Endeffekt wieder eine verminderte Testosteronproduktion. Außerdem können die Spermien selber durch Gefäßverengungen und Durchblutungsprobleme geschädigt werden. Dr. X gab an, dass das „Hauptproblem bei Amphetaminen und Amphetaminderivaten das Risiko von kardiovaskulären Alterationen (Missbildungen am Herzen) beim Nachwuchs ist.”
LSD
Was ist, wenn man ein Kind auf LSD zeugt? Sehr wahrscheinlich ist das keine gute Idee, aber so ganz genau kann das niemand sagen. Dr. Nudell sagte mir, dass in „den meisten Studien über LSD keine Auswirkungen auf die Spermien nachgewiesen werden konnten. Es sind schon viele Studien durchgeführt worden, um Veränderungen der DNA in Zellen von Spermien und Nicht-Spermien herauszufinden, aber keine von ihnen konnte irgendwelche Ergebnisse liefern.” Dr. X zählte in die Kategorie von Substanzen mit verhältnismäßig geringem Effekt auf die Reproduktionsfähigkeiten neben LSD auch noch Zauberpilze und Ketamin. In anderen Worten: Mach ruhig weiter, Blue Boy, aber sei auf der Hut.
MDMA/Ecstasy
Auch wenn du das große Glück hast, richtiges MDMA in die Finger zu bekommen—und nicht irgendein ominöses Pülverchen, das du von dem Typen hinter den Dixieklos beim Nocturnal Wonderland abgekauft hast—wirst du trotzdem Probleme mit deinen Spermien bekommen. Es gibt leider keine wirklich überzeugenden Studien zu MDMA, aber Dr. Yazigi sagte mir, dass auch diese Substanz deine Testosteronproduktion erheblich einschränken kann. Außerdem „kann es zur Schädigung der Spermien-DNA und zu Rückbildung des Gewebes innerhalb der Hoden kommen. Die Beweglichkeit der Spermien (also ihre Möglichkeit zielgerichtet zur Eizelle zu schwimmen) bleibt jedoch bestehen, wohingegen sich die Anzahl der Spermien verringern kann.” Das ähnelt den Auswirkungen von Kokain, bis auf die Ausnahme, dass, laut Dr. Yazigi, „dort auch die Beweglichkeit vermindert wird. Im Fall von MDMA ist nur ihre Anzahl, also letztendlich die Produktion der Spermien, vermindert.”
Das bedeutet also, dass die Spermien weiterhin normal rumschwimmen, sie zahlentechnisch aber nicht mehr so stark vertreten sind, was die Chancen, jemanden zu schwängern, dann doch erheblich mindern kann. Wie Meth kann auch MDMA Herzfehler bei Kindern begünstigen.
Für den Fall, dass du, obwohl du dir die ganzen Informationen hier zu Gemüte geführt hast, nicht von deinen Gewohnheiten lassen kannst und deinen Sexualpartner nichtsdestotrotz mit Premiumsperma beglücken möchtest, erklärte Dr. Yazigi, dass es ungefähr drei Wochen dauert, um betroffene Spermien aus deinem System zu entfernen:
„Wenn ein Mann durch Verabreichung externen Testosterons Spermien verloren hat, dann würde man davon ausgehen, dass sich die Spermatogenese innerhalb von drei bis sechs Monaten nach Absätzen des Präparats wieder normalisiert. Du wirst wieder normale Spermien haben. Allerdings gibt es auch eine Reihe von Männern, bei denen es einige Jahre dauert, bis sie wieder über eine normal Anzahl an Spermien verfügen.”
Um ganz sicher zu gehen, lässt du die Pülverchen dann eben doch besser ein paar Jahre ruhen.