Uwe Hauck hat sich Anfang Februar mit Depressionen selbst in die psychiatrische Klinik eingewiesen. Während das für viele immer noch ein Thema ist, das man nur anspricht, wenn man wirklich keine andere Wahl hat, ist Hauck damit ziemlich offen umgegangen: indem kurz darauf angefangen hat, unter dem Hashtag #ausderklapse über seinen Alltag zu twittern.
In den Tweets mischen sich alltägliche Beobachtungen aus der Psychiatrie mit Gedanken über die Krankheit, die den Ehemann und Vater von drei Kindern so aus der Bahn geworfen hat.
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Weil es selten ist, dass jemand in aller Öffentlichkeit so sorglos und ehrlich mit dem Thema Depression umgeht, habe ich Uwe Hauck angerufen, um mit ihm über seine Krankheit, seinen Hashtag und den Alltag in der „Klapse” zu sprechen.
VICE: Hallo Herr Hauck, wie geht es Ihnen?
Uwe Hauck: Momentan richtig gut. Ich bin ja gerade in der Tagesklinik, und das läuft richtig gut. Ich bin sozusagen in der Vorbereitungsphase für den Alltag.
Was hat Sie ursprünglich dazu gebracht, sich in die Psychiatrie einzuliefern?
Dass einfach die Depression sich bei mir so stark auf das Alltagsleben ausgewirkt hat, dass ich gemerkt habe: Ich muss mir helfen lassen. Ich hatte die Depressionen schon etwas länger, aber da hat sich dann gezeigt, dass es so stark wird, dass es nicht mehr weitergeht. Da habe ich gesagt: Es muss was passieren, bevor die Familie drunter leidet.
Haben Sie mit sich kämpfen müssen, um diese Diagnose zu akzeptieren?
Das auf jeden Fall. Ich glaube, das ist auch ein Männerphänomen: Ich wurde erst mit einem „Burnout” diagnostiziert, das ist so der Klassiker. Das klingt auch super, man ist ausgebrannt, man hat alles gegeben. Aber das war nicht die richtige Diagnose, das war eine Depression. Und die habe ich mir erst eingestanden, als klar war, es geht gar nicht mehr weiter. Zu sagen: Das ist eine Krankheit, die behandelbar ist, die ich aber auch behandeln muss, das hat auch noch eine Zeit gedauert.
Woran liegt das? An anerzogenen Vorbehalten?
Ja, und das war auch einer der Gründe für meine Kampagne: Weil viele ein völlig falsches Bild von sowas haben. Wenn man mit einem Knochenbruch im Krankenhaus liegt, dann versteht jeder, wenn ich die nächsten zwei Wochen nicht zur Arbeit kommen kann. Wenn jemand Depressionen hat, und man sieht das von außen nicht, dann haben die meisten noch ein bisschen Respekt oder Angst davor—weil sie es nicht verstehen. Und was ich damit erreichen wollte, ist zu zeigen: „Das ist nichts Schlimmes, du wirst behandelt wie bei einem Knochenbruch—nur dass eben deine Psyche behandelt wird.”
Unter Psychiatrie stellt man sich ja oft einen Ort vor, wo man hinter verschlossen Türen verschwindet. War das ein Grund für Sie, #ausderklapse zu tweeten?
Das war einer der Hauptgründe. Weil ich im Gespräch mit engen Vertrauten gemerkt habe, dass die Vorstellungen von Psychiatrie ziemlich „mittelalterlich” waren: Dass man da weggeschlossen wird.
Das wollte ich ein bisschen aufbrechen. Ich wollte zeigen, wie der Alltag da wirklich läuft: Dass da Leute sind, die versuchen, dir zu helfen. Dass man nicht einfach „durchgeknallt und weggesperrt” ist.
Haben Sie den Hashtag absichtlich etwas provokant gewählt?
Ja, das sollte eine Anspielung auf genau dieses falsche Bild sein. Weil ich genau damit spielen wollte: Hey Leute, ihr denkt alle, in der „Klapse” geht es so oder so zu—ich erzähl euch jetzt mal was aus dieser Klapse. Einfach um die Leute darauf aufmerksam zu machen: Das ist nicht so, wie ihr euch das vorstellt.
Haben Sie das Gefühl, dass das funktioniert hat?
Von dem Feedback, das ich bekommen habe, auf jeden Fall. Zum einen von Leuten auf Twitter, die es interessant fanden zu sehen, wie es wirklich ist. Und zum andern die, die gesagt haben: Jetzt lasse ich mir auch mal helfen. Und die, die gesagt haben, dass sie besser verstehen, wie es ihrem depressiven Freund geht.
Sie schreiben ja von einem „Stigma”, das Depressionen immer noch umgibt. Hat der Fall Andreas Lubitz das verschlimmert?
Ich war eher verblüfft, wie offen die Community nach der Germanwings-Sache war. Die wussten auch, dass das ein Einzelfall war. Obwohl es teilweise komisch klang in den Medien—ich hatte das Gefühl, dass die Diskussion dem Thema „Depression” sogar förderlich war.
Gut, und jetzt zur zentralen Frage: Wie ist denn das Essen in der Psychiatrie?
Gut, erstaunlich gut. Man kriegt die Sachen geliefert, aber es war sehr gut.
Gut zu wissen. Wie geht es bei Ihnen jetzt weiter?
Ich muss jetzt noch mal fünf Wochen in der ambulanten Therapie sein. Und dann gelte ich sozusagen als geheilt. Das ist ein schwieriger Begriff, aber er bedeutet, dass ich so weit bin, dass ich mit ein bisschen Achtung auf mich selbst normal weiterleben kann.
Dann gute Besserung!
Danke sehr.