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Popkultur

Das passiert, wenn man in New York City Nosferatu mit dem Hulk kreuzt

Guillermo del Toro schenkt mit der originellen Neuerfindung des Genres The Strain Vampir-Fans neue Hoffnung und viel Freude.

Ich als eingefleischter Horrorfilme-Fan mit Vorliebe für Vampir-Slasher habe die Nase voll von pseudo-romantischen und längst abgeschmackten Interpretationen des Genres inklusive gratis Religionsunterricht-wie etwa momentan wieder mit Dracula Untold. Wer meinen Ärger versteht, der sollte sich unbedingt Guillermo del Toros brandneues Vampirepos The Strain zu Gemüte führen.

Guillermo del Toro hat durch zeitlose Juwelen wie Blade 2, Pan's Labyrinth, Hellboy oder Pacific Rim bewiesen, dass er Verständnis für Menschen wie mich hat und über die nötige Fantasie und Durchsetzungskraft verfügt, um einen ordentlichen Reboot des gesamten Genres zu wagen.

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Der Erfolg gibt ihm Recht. Die Dreharbeiten für Season 2 haben bereits begonnen, und The Strain (hier ins Deutsche wahrscheinlich am geeignetsten als „Der Erregerstamm" übersetzt) verfügt bereits über eine ähnliche Fanbase wie etwa The Walking Dead oder Z Nation-wenn auch der Dramagehalt bei The Strainfast noch dezenter und niedriger gehalten wird, als bei den Zombie-Ablegern. Und das ist der Knackpunkt. Ich will echten Horrorspaß, der hält, was versprochen wird, und nicht ein verstecktes Grey's Anatomy mit ein paar Schock- und Gore-Momenten als Alibi für ein endloses Meer aus über Frust, Wut und Tränen-in Form von schlechten Dialogen.

Die in Kanada gedrehte Serie wird vom dortigen Sender „FX" produziert und ausgestrahlt und hat eben die erste Staffel beendet. Das Horror Drama basiert auf dem gleichnamigen Roman von Guillermo del Toro and Chuck Hogan, welcher in drei Teilen den erbitterten Kampf einer kleinen Gruppe wütender Idealisten gegen eine plötzlich auftretende böse Vampirübermacht darstellt.

Das Ganze spielt im New York unserer Zeit und ist deswegen so untypisch, weil ohne jegliche Mystifizierung oder Religionsbezug mit den Zombie-ähnlichen Vampiren umgegangen wird. Das heißt, hier helfen weder Kreuz noch Weihwasser oder hysterische Pfaffen. Herrlich.

Im Gegenteil, hier wird der gebotene Vampirismus als Viruserkrankung gesehen und über einen gemeinen, kleinen Wurm übertragen, welcher jede denkbare Körperöffnung nutzt, um immer neue Wirtskörper in willenlose Zombie-Vampire zu verwandeln. Die haben nicht einmal mehr Fangzähne, sondern saugen den Opfern mittels eines blitzschnell aus dem Mund schießenden schlangenählichen Megawurms das Blut aus und injizieren gleichzeitig den Miniwurmnachwuchs.

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Als Mastermind hinter der Vampirhorde und ihrer unheiligen Machenschaften steht der geheimnisvolle Obervampir, genannt The Master, der stets nur kurze Auftritte bekommt und uns durch sein innovatives Aussehen-einer Mischung aus Nosferatu, dem Urvampir und Hulk-fasziniert.

Als die rechte Hand des Meisters dient Thomas Eichhorst, ein nicht alternder, ehemaliger SS-Offizier, perfekt besetzt durch den deutschen Schauspieler Richard Sammel, welcher bereits in Tarantino's Inglourious Basterds dem Bärenjuden erlaubte, seinen Schädel mit einem Baseballschläger zu zermalmen.

Als den „Guten" in der Hauptrolle gibt's Corey Stoll, der momentan in scheinbar jeder zweiten TV-Serie irgendwie vorkommt und den ich noch von House of Cards als Polit-Alkoholiker kenne. Die herrlich beklemmende Stimmung schafft del Toros typischer Filter-die Farbe Rot ist ausschließlich dem Blut vorbehalten.

Mir als aufmerksamem Horrorfan und del Toro-Maniac erscheint The Strain als längst überfälliges, modernes und angenehm urbanes Gruselmärchen, welches dank seiner liebevollen und detailverliebten Machart hoffentlich zu einem Vorbild für andere wird. Del Toro versteht sein Handwerk und hat mir und meinem vampirophilen Herzen wieder süße Hoffnung und ein Lächeln geschenkt. Und das noch vor Weihnachten. Danke.