Bullies in Pullis: In einer Welt voller Hass sind sie die Bullies der Liebe

“Never stop bullying” ist ein Satz, der von Salzburg nach Wien pendelt und einer Crew gehört, die sich Bullies in Pullis nennt. Klingt nach Gewalt? Klingt nach dem, was der Welt gerade nicht fehlt? Weit gefehlt. Aber der Reihe nach: 2012 brachten Crack Ignaz und Jazzy Dick – heute Young KrillinBullies in Pullis GP heraus und nun erscheint am 9.3. Bullies in Pullis II. Produziert wurde diesmal von Fid Mella und Clefco, was nahelegt, dass die Platte auch auf Hector Macello Records erscheinen wird.

Anfang Februar waren wir bei der Listening Session in einer kleinen Galerie im 7. Wiener Gemeindebezirk. Die Möblierung bestand quasi aus zwei Tischen – auf einem standen Boxen auf zwei Büchertürmen, auf denen Man Titel wie Avant Gardeners oder Landscape Architecture now! fand. Auf dem anderen lagen zwei Aschenbecher in From von Einmachgläser-Deckel und ein absurd hoher Haufen Fonzies. Wir haben uns von Young Krillin sagen lassen, dass sie zwar verdammt gut sind, aber wenn man zu viel von ihnen reinballert, schmeckt und riecht alles so, als wären die Cheese-Snacks wieder aus dem Magen geklettert – if you catch my drift.

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Anyways, so viel können wir sagen: Das, was die Hanuschplatzflow-Jungs hier mit den Hector Macello-Jungs gemacht haben, hat bei der Listening Session den Vibe-Express in Gang gesetzt. Wer am Boden saß, wollte eigentlich rumjumpen, aber hey, immer cool bleiben. Nach der Session haben wir uns die Bullies zur Seite genommen und mit ihnen über ihren Release, über überraschend wenig Trap, ein bisschen Italien und ergo auch ein bisschen über die katholische Kirche gesprochen.

Noisey: Hört man euer Album am besten dann, wenn man jemandem die Fresse polieren will?
Young Krillin: Man hört unser Album am besten dann, wenn man jemandem die Fresse poliert hat. Er liegt auf dem Boden, dann gibst du ihm noch einen Elfer, dann schlatzt auf ihn aufi, dann nimmst seine Schuhe und sein iPhone – dann hört man das Album.

Warum Bullies in Pullis? Wollt ihr jemanden tyrannisieren?
Young Krillin: Darf ich dazu was sagen, entschuldigung. Ich weiß, was du meinst – ich hab Bullies in Pullis auch schon mal übersetzt und “tyrannisieren” ist schon eine korrekte Übersetzung, aber wir meinen nicht “Tyrannen” im Sinne von Diktatoren, sondern wir sind einfach Leute aus dem ganz normalen Alltag, Leute, wie du und ich, die Leute wie du und ich sind, quälen.

Klingt beruhigend, ja. Warum quält ihr die?
Young Krillin: Darf ich dazu eine Anekdote erzählen? Es gibt da einen Frosch und er will über einen Fluss, merkt aber, er schafft es nicht. Dann ist da eine Schlange, die sagt “Hey, ich will auch rüber, setz dich auf meinen Rücken, ich schwimm´uns beide rüber”. Und der Frosch sagt “Na, Oida, du willst mich ja fressen”. Darauf sagt die Schlange “Nein, ohne Scheiß, ich bring dich rüber”. Dann jumpt der Frosch … Wie ging des das weiter?

Crack Ignaz flüstert Young Krillin die Story ins Ohr, der im Zuge dessen immer wieder “Ja, ja, das ist schon klar” sagt.

Young Krillin: Also. Sie schwimmen rüber und der Frosch denkt: “Nice” und dann frisst die Schlange den Frosch und der schreit aus dem Magen der Schlange: “Warum hast du mich gefressen?” und die Schlange sagt: “Ja, ich bin halt eine Schlange”. Und deshalb sind wir Bullies.

Artwork von Clefco

Metapher-game strong. Bullies in Pullis I habt ihr ja quasi räumlich getrennt von einander gemacht, bei Teil II war das ja nun anders, oder?
Crack Ignaz: Young Krillin will dazu sicher etwas sagen.
Young Krillin: Ich würde gern was sagen: Wir haben Bullies in Pullis auch nicht ganz getrennt gemacht, wir haben das Outro gemeinsam gemacht.

Das hätte ich jetzt wissen sollen, was?
Young Krillin: Als HipHop-Journalistin, ja.
Crack Ignaz: Dieses Mal war es auch ähnlich. Wir haben uns dazwischen gesehen, aber es war sehr schwer, dass wir zur selben Zeit am selben Ort sind. Es ist heutzutage aber auch so, dass man zum Glück gut miteinander arbeiten kann, ohne dass man sich sieht. Auch Fid Mella und Clefco waren unterwegs. Es fühlt sich auch sehr natürlich an, so zu arbeiten.

Warum habt ihr den Tiger am Cover? Wegen seiner scharfen Sinne?
Crack Ignaz: Auch, aber ursprünglich sind Krillin und ich Tiger-Bros. Das ist der Ursprung des Tigers. Die Tigersinne kommen daher, dass wir Tiger-Bros sind.

Was vereint Tiger-Bros noch?
Crack Ignaz: WPM. Das ist auch ein Ausdruck von damals aus 2011. Es ist schwer, das aufzuschlüsseln 2018.

Es gibt ein bisschen mehr Rummel um Bullies in Pullis II, nicht?
Young Krillin: Ja, schon, aber wenn du überlegst, als Bullies in Pullis I rausgekommen ist, war das für so ein Release, das am meisten groß aufgezogene Release. Es hat sich nichts geändert.

Was ist die große Idee dahinter?
Young Krillin: Damals als Bullies im Pullis angefangen hat, war es eines der ersten Trap-Releases auf Deutsch überhaupt, aber es war von denen, die es damals gegeben hat, das Geilste. Und jetzt ist Trap in aller Munde, jetzt machen wir das Gleiche, nur umgekehrt.

Wir haben uns auf jeden Fall Trapigeres erwartet. Was auch spannend ist: Es ist ein Album, das man sich tatsächlich von vorne bis hinten anhören sollte, weil es in sich schlüssig ist. Lange waren jetzt einzelne Songs fast wichtiger, als ein Album.
Fid Mella: Wir haben eben die bullyigsten Beats gemacht.
Young Krillin: Darf ich dazu was sagen, entschuldigung. Es gibt keine Bezeichnung für das, was es ist. Es ist ja auf einer Ebene ein Hörspiel auf einer EP, aber dadurch, dass es kombiniert ist, hat es Albumlänge. Dadurch ist ein Hybrid-Release.

Wann wurdet ihr ins Boot geholt, Clefco und Fid Mella?
Clefco: Vor einem Jahr. Da haben uns die Bullies angerufen und gesagt: “Hey, wir brauchen neues Bullies-Material.” Dann haben Mella und ich uns zusammengesetzt und viel Alkohol getrunken, um richtig aggressiv zu werden und diese Beats zu produzieren. Dann haben wir genau die hingeschickt und sie wussten, was wir meinten und haben es aufgenommen.
Fid Mella: Es ist sehr auf die Emotion hinproduziert.
Clefco: Deshalb gibt es ja auch einen eher traurigen Song. Als Bullie fühlt man sich nicht immer so gut.

Wie hat es sich entschieden, wer welche Tracks produziert?
Fid Mella: Wir haben einen Faustkampf gemacht. Ich hab auch ein bisschen geblutet. Aber ich habe gewonnen, deshalb hab ich vier Beats drauf und er nur zwei.
Clefco: Er hat es sich verdient.

Wie endet die Geschichte, die erzählt wird. Man hört nur, dass mächtig geballert wird, aber man weiß nicht, wer wen erschießt. Es macht mich unrund. Wird man das jemals erfahren?
Young Krillin: Man wird es erfahren, entweder in Bullies in Pullis II, Brudis in Hoodies, oder bei Bullies in Pullis III, Coolies in Poolies. Aber II ist III und III ist IV. .
Fid Mella: Word.
Clefco: Wort.

Verstehe. Wie war die Zusammenarbeit mit Fid Mella und Clefco für euch.
Young Krillin: Voll nice. Bullies in Pullis II hat angefangen, als ein Trackprojekt mit Clefco und Young Krillin und die anderen sind dann dazugekommen, kein Scheiß.
Clefco: Clefco und Young Krillin featuring Crack Ignaz und Fid Mella.
Fid Mella: So eine Lüge. Es hat natürlich mit Ignaz und mir begonnen.
Clefco: What the fuck. Die wollen uns wegbullien. Fid Mella hatte eine Schaffenskrise und dann habe ich ihn angerufen und gesagt “Hey, machen wir mal wieder was?” und dann hab ich gesagt: “Ja, lass mal die Salzburger fragen, oder so”.
Crack Ignaz: Das ist komplett gelogen. Krillin und ich brauchten Produzenten, wir hatten die Vision. Clefco und Mella sind richtig gut, deshalb haben wir sie kontaktiert und ihnen gesagt, dass wir sie für unser Projekt wollen.
Young Krillin: Entschuldigung, ich möchte heute auch eine ernsthafte Antwort geben. Ein guter Freund von mir, er ist auch ein legendärer Rapper – Kamp – hat mir empfohlen, mit Hector Macello zusammenzuarbeiten. Und Crack Ignaz ist eben auch dabei.
Crack Iganz: Das Wichtigste, ist zu wissen, dass es unter Bullies auch ein Bullying gibt.

Das ist nicht zu überhören, ja. Das Mobbing ist real. Warum rappt man gerne über Alaba gerade? Ihr macht es ja auch. Weil Crack Ignaz mal idiotischer Weise mit Alaba verglichen wurde?
Crack Ignaz: Ich bin schon mit jedem Schwarzen verglichen worden. Vor allem mit schwarzen Menschen mit blonden Haaren, aber der Vergleich, ach … Aber Alaba ist einfach der einzige Baller in Österreich.
Young Krillin: Aber wir hätten auch sagen können, Toni Polster, Otto Konrad oder Otto Baric. Aber wir wollten auch, dass die aktuelle Zielgruppe es versteht.

Warum macht ihr als Projekt keine Instagram-Stories? Das ist doch so hot bei Rappern.
Young Krillin: Clefco, Ignaz, Mella und ich waren beim Videodreh, ich hab mein Leben nicht gepackt, wie viele Storys die machen. Ich hab in meinem Leben noch nie eine gemacht! So gesehen machen wir insgesamt sehr viele Stories. Ich ziehe den Durchschnitt ein bisschen runter.
Clefco: Ja, true.

Bei euch kommt ja auch MDMA vor. Drogen und Rap wird seit Lil Peeps Tod ja öfters thematisiert, Warum rappt man noch über Drogen?
Young Krillin: Es wird immer über Drogen gerappt, nur weil bei Rap jetzt MDMA vorkommt, ist es nichts Neues. Früher haben Rapper auch über Kokain und Weed gerappt.
Crack Ignaz: Ich glaub, das ist auch für jeden unterschiedlich.
Young Krillin: Geile Antwort, Alter.
Crack Ignaz: Naja, es gibt Leute, die verwenden es als Stilmittel und es gibt Leute, die erzählen aus ihrer Realität. Eine universelle Antwort ist schwer.
Young Krillin: Ich hab aufgehört, verherrlichend über Drogen zu rappen. Wenn ich über Drogen rappen, dann über die negativen Folgen davon oder es hat einen nostalgischen Grund, was es melancholisch macht. Ich verführe niemanden. Hoffe ich. Nehmt keine Drogen, Oida! Ernsthafte Aufforderung.

Bei der letzten Nummer geht es darum, dass man mit Weed und Cash begraben werden will. Wär es nicht kollegialer, das seinen Homies zu hinterlassen.
Crack Ignaz: Ja, man braucht halt selber auch noch was.

Talking about death – ihr sprecht auch sehr oft katholische Symbolik an.
Crack Ignaz: Krass, dass dir das aufgefallen ist.
Young Krillin: Wir sind Italiener und Italiener sind sehr katholisch.
Crack Ignaz: Wir wollten das eigentlich richtig sneaky reinstellen.
Young Krillin: Was ist die Mischung aus einem Österreicher und einem Kroaten?


VICE-Video: Hanuschplatzflow


Ein Italiener?
Young Krillin: Richtig!

Religion ist aber nichts, was ihr den Leuten droppen wollt.
Crack Ignaz: Nein, es hat eine starke Symbolik, eine starke Ästhetik, das ist der Grund, warum das bei uns eingeflossen ist.
Young Krillin: Der Lord ist immer am Start.

Wie entwickelt sich die Wahrnehmung österreichischer Rapper?
Crack Ignaz: Ich glaube schon, dass es im Deutschrap-Universum eine Kategorie gibt von Künstlern aus Österreich, die ein bisschen anders betrachtet wird als Rapper aus Deutschland. Aber in Punkten Respekt weiß ich nicht, ob sich da etwas verändert hat. Ich halte mich auch so gut ich kann aus dem Deutschrap-Universum raus. Für mich ist das eine eigene Sache, aber nicht meine. Nicht wegen der Nationalität, sondern, weil es eine eigene Dynamik und eine eigene Realiät hat. Da geht es teilweise nicht mehr um Musik.
Young Krillin: Als wir angefangen haben, war Österreich überhaupt nicht auf der Landkarte, aber jetzt sind wir underground-mäßig am Start und Österreich ist ein Geheimtipp. Your favourite rappers favourite rapper. Aber wo wir hinwollen ist, dass wenn man über Deutschrap redet, die ersten fünf Artists Österrreicher sind.

Wie geht es dir als Leitwolf of Hanuschplatzflow?
Young Krillin: Ich würde mich nicht als Leitwolf bezeichnen, weil wir ein Team sind. Wir machen, was ich will, aber wir sind ein Team. Zu viele Köche verderben den Brei. Besser eine Meise in der Hand als eine Taube auf dem Dach.

Clefco hat mir ja erzählt, dass es Videos geben wird. Könnt ihr schon verraten, in welchem Stil die sein werden?
Clefco: Stanley Kuanfick aka Wolf Peters ist unser Videoman.
Fid Mella: Es wird viel Happiness verbreiten.
Crack Ignaz: Es wird eine noch nie gesehene Fusion von unterschiedlichen Lebensphilosophien.
Young Krillin: Eine Art Hybrid!
Clefco: Wir promoten auf jeden Fall Happiness. Wir sind ja auch die Bullies der Liebe. Schon sehr viel Hass, aber auch viel Liebe.

Meine nächste Frage wäre gewesen, wie viel Frust auf dem Album ist.
Young Krilin: Wir sind Bullies. Ein Bully ist immer jemand, der gegen jemanden ist. Aber wie ist die Welt? Sie ist voller Hass. Wir sind Bullies gegen den Hass. Wir rempeln die Welt an mit Liebe. Wenn ich Clefco über die Füße fahre…
Clefco: … dann ist es Liebe. Alter come on. Umarm mich einfach mal, schau mir einfach mal in die Augen.

In einer Welt voller Hass, seid ihr die Bullies der Liebe.
Young Krillin: Du bist die Erste, die es verstanden hat.

Warum habt ihr euch entschieden, den Hörspiel-Teil “Intermezzo” zu betiteln?
Crack Ignaz: Fid Mella und Clefco sind aus Südtirol, was bekanntlich in Italien liegt und durch die Zusammenarbeit fand ein starker kultureller Austausch statt. Deswegen sind sehr viele Elemente eingeflossen.

Was ist euer Lieblingswort auf Italienisch?
Fid Mella: Bamba?
Crack Ignaz: Fuori.
Young Krillin: Spiritus.
Clefco: Fantasma.
Young Krillin: Arrividerci, Signora!
Crack Ignaz: Ja, auf Wiedersehen!

Update: Hier ist es, das erste Video der Bullies in Pullis:

Isabella auf Twitter: @isaykah

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