Londoner Informatiker sind auf ein gigantisches Twitter-Botnetz aus 356.000 Accounts gestoßen, die das soziale Netzwerk mit Star-Wars Zitaten vollgespammt haben. Alle Accounts sind sich verdächtig ähnlich: Sie sind innerhalb von drei Wochen im Sommer 2013 entstanden, meldeten sich seitdem ein bis elf Mal zu Wort und schliefen dann bis heute wieder ein. Diese Erkenntnisse stammen vom Forscher Shi Zhou und seinem Studenten Juan Echeverria Guzman, die auf der Suche nach Bot-Armeen eine Stichprobe von sechs Millionen englischen Twitter-Accounts untersuchten.
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Es ist das größte je aufgedeckte und analysierte Botnetz—und nicht nur wegen seines Umfangs interessant. Denn das Netz scheint von einem einzelnen Menschen kontrolliert zu werden, glauben die Autoren. Als die Forscher nämlich die angeblichen Orts-Tags der Accounts untersuchten, fiel ihnen ein seltsames Muster auf: Es schien viele Star Wars-Fans zu geben, die mitten im Ozean und in der Wüste lebten. Kartografierte man ihre Aufenthaltsorte auf einer Weltkarte, legten sie sich wie zwei genau abgegrenzte rechteckige Teppiche über ganz bestimmte Regionen auf dem Planeten:
Dass die Forscher die Twitter-Armee überhaupt so erfolgreich aufdecken konnten, verdanken sie laut eigener Aussage ihrer gründlichen und neuartigen Sampling-Methodik—und der Tatsache, dass die getwitterten Star Wars-Zitate aus Romanen stammen und damit menschliche Sprache eher imitieren als ein Dauerfeuer aus bloßen Hashtag-Phrasen zu produzieren. Denn genau jenes Fachvokabular wurde ihnen auch zum Verhängnis: Exotische Namen wie Leia und Anakin lassen sich eben leichter herausfiltern als Worte, die der Durchschnitts-Twitter-Nutzer so absondert, wie der untenstehende Vergleich im Untersuchungszeitraum zeigt:
Zum Zeitpunkt ihrer Aktivierung twitterte die Bot-Armee ausschließlich Star Wars-Zitate, die aus insgesamt elf Star Wars-Büchern stammen sollen. Immer mal wieder sind die Zitate auch abgehackt und keiner der Accounts tweete mehr als 11 mal Weisheiten aus dem Star Wars-Universum.
Warum die Star Wars-Armada erschaffen wurde, können sich die Forscher nicht abschließend erklären. „Im besten Fall geht es nur um Marketing”, schreiben sie. Eine solch große Anzahl an Bots könnte tatsächlich ohne Problem die Trending Topics von Twitter manipulieren. Für wahrscheinlicher halten es die Forscher allerdings, dass jemand die Bot-Armada erschaffen hat, um damit Geld zu verdienen und die Bots als Fake Follower zu verkaufen. Auch ob die Bots je wieder erwachen, ist unklar—und ob sie dann nicht vielleicht zu einem ganz anderen Thema als zu Star Wars twittern.
Wie groß der Einfluss von Twitterbots sein kann, zeigt auch der Fall des US-Wahlkampfs, in dem eine Bot-Armee aus rund 300.000 politischen Bots Hasskommentare multiplizierte, politische Gegner, Journalisten und Minderheiten belästigte und nuancierte Stimmen erstickte, die ansonsten gehört werden könnten. Unklar ist, ob auch sie zentral gesteuert wurden. Eindeutig nachweisbar ist allerdings, dass es noch keinen Wahlkampf in der Geschichte gab, in dem politisch eingesetzte Bots eine so zentrale und desaströse Rolle gespielt haben. Klar ist auch, dass sie hauptsächlich im Sinne von Trumps Lager agierten.
Auch den Londoner Informatikern ist klar, dass das Thema in Zukunft noch wichtiger werden dürfte. Ihre Studie über das Star Wars-Botnet ist noch nicht mal außerhalb eines Preprint-Servers veröffentlicht, da liegt ihnen schon das nächste Thema zu Füßen: Sie glauben, bereits einem noch größeren Botnetz auf die Spur gekommen zu sein. Es soll weit über eine halbe Million Accounts umfassen.