Das Berliner Hate-Magazin hat schon viele Ausgaben seines unabhängig veröffentlichten Blattes mit Partys zelebriert und durch diese Einnahmen erst finanziert. Da passt es gut, dass nun auch die finale Ausgabe des liebevoll-unleserlich gestalten Magazins mit einem ausladenden Fest zelebriert wird: Auf einem einwöchigen „Kongress der Möglichkeiten” untersuchen Wissenschaftler, Aktivisten und Künstler Wege für ein neues Einmischen und eine neue Politik im Internet-Zeitalter.
Die Magazin-Macher setzen bei Fukuyamas „Ende der Geschichte” an und landen bei Crypto-Partys, Freifunkerei, Prepper-Workshops und Darknet-Führungen. Wer dazu eine theoretische Leitfrage braucht nehme diese: Wenn „jede noch so kleine Utopie, jede noch so partikulare Subkultur von den Marketingmaschinerien einverleibt wurde, […] wie können wir dann noch gestalten?
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In Zusammenarbeit mit dem Chaos Computer Club haben die Magazin-Macher ein umfassendes Programm mit Panels, Kunst, Workshops und Theater-Performances auf die Beine gestellt, während Aram Bartholl bereits kurz nach dem Beginn des Kongresses am 30.4.vorsorglich seinen toten USB-Briefkasten Deaddrop samt Anarchist Cookbook in die Wand betoniert hat. Das gesamte Programm des Kongresses, der noch bis zum 10.5. im Kunstraum Kreuzberg Bethanien stattfindet, könnt ihr hier einsehen.
Wir freuen uns, mit Motherboard ebenfalls mit einem Panel vertreten zu sein und am 7.5. mit der Anonymous-Expertin Gabriella Coleman über die Ambivalenz von Anon, seine Möglichkeiten, Irrungen und Wirrungen zu diskutieren. Waren Anons eh selten mehr als Trolle mit Sozialromantik, oder könnten die maskierten Hacktivisten noch immer als revolutionäre Macht taugen?
Gabriella Coleman ist Professorin an der McGill Universität und Autorin der hervorragenden Anonymous-Anthologie Hacker, Hoaxer Whistleblower, Spy: The Many Face of Anonymous, die nicht nur mit Selbsterfahrungen als Hackerin im Kollektiv sondern auch präzisen Interpretationen zu Anon zwischen Trickster, WikiLeaks-Supporter und angry-white-male-Hackern aufwartet.
Für alle, die es nicht nach Berlin schaffen: Am Ende dient all das ohnehin nur als Basis, um die Ergebnisse in der zehnten Ausgabe von Hate, die auf dem Kongress kollektiv produziert wird, zu verarbeiten.
Lyotard-Diskurs, Darknet und Bar-Betrieb auf ein und derselben Veranstaltung?—da lassen wir uns jedenfalls nicht zweimal bitten.