Ich bin beeindruckt. Schon auch wegen dem Line-up (Radiohead!), aber vor allem wegen der Promostrategie. Während andere Festivals nämlich schon im Herbst und ohne eine einzige bekannte Band versuchten, mit Early Bird-Tickets und anderen Aktionen ihre designierte Wiese zu füllen, liess sich das Open Air St. Gallen für seinen 40. Geburtstag Zeit. Schon vor Monaten hiess es: Am 21. Januar wird das Line-up bekannt gegeben, am 6. Februar startet dann der Vorverkauf.
Dieses Vorgehen ist nicht nur ein werbetechnisches Lehrstück—3. Lektion: Wie generiert man einen Hype—, sondern daneben auch ein Statement und zwar für die Musik. Anstatt lediglich mit ein oder zwei grossen Namen mal ordentlich abzugrasen—Radiohead alleine hätte das Stammpublikum schon vor Wonne zucken lassen—, präsentieren die Organisatoren gleich 29 Acts vom Newcomer bis zum Headliner auf einmal und sagen damit: „Wir booken nicht einfach einen Kassenschlager und füllen danach mit irgendwas auf. Uns geht es ums Festival als Ganzes!“
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Was dabei jetzt schon klar ist: Wer vom 30. Juni bis 3. Juli am Klangspektakel im Sittertobel mit dabei sein will, der sollte sich am 6. Februar den Wecker stellen. Und sich vorher via Homepage im Fanportal, dem einzigen Vorverkaufskanal, registrieren. Wir tippen jetzt mal so auf 22 Minuten bis ein fettes „Ausverkauft!“ auf der Website prangen wird.
Und das darf man einem der dienstältesten Festivals der Schweiz ruhig gönnen, denn auch dieses Jahr heisst beim St. Gallen „Ausverkauft“ nicht Ausverkauf. Klar: Party-Garanten wie Fettes Brot oder Deichkind (die ihr im Februar schon in Basel sehen gehen solltet) werden den hornbebrillten Soundsnob zu gegenteiligen Äusserungen verlocken (wie die ersten Facebook-Kommentare auf der Festivalseite schon beweisen) und auch die Schmuse-Folker Mumford & Sons lösen mittlerweile eher bei deiner Mutter Glücksgefühle aus als bei dir, doch daneben stehen Namen, die ein weiteres Mal die kuratorische Sorgfalt der Ostschweizer Programmmacher unter Beweis stellen.
Mit Bands wie Caribou, Years & Years oder Odesza wird der elektronischen Schönheit gefrönt, zu Two Door Cinema Club, Wolf Alice und Nothing but Thieves montiert man die Röhrlihosen und mit Annenmaykantereit und Joris kommt auch die Herzschmerzfraktion auf ihre Kosten. Daneben streicheln wir uns zu Nathaniel Rateliff den Holzfällerbart und retten mit Alligatoah den deutschsprachigen Rap.
Was dabei aber vor allem schön zu sehen ist: Auch Schweizer Acts dürfen mitmischen und zwar nicht nur als frühnachmittägliches Kanonenfutter, sondern dank Sophie Hunger, Boy oder den unkaputtbaren Patent Ochsner an prominenter Stelle. Und mit Wassily, Troubas Kater, Panda Lux und Europa: Neue Leichtigkeit bietet man traditionsgemäss auch jungen CH-Acts die Chance, sich zu präsentieren und wer den subversiven Anti-Schlager der letztgenannten Europäer am Donnerstag verpasst, dem scheuern wir persönlich eins.
Würde man meckern wollen, man könnte auf die etwas stiefmütterlich behandelte Gitarrenfraktion zeigen oder darum herumnörgeln, dass neben Radiohead die meisten Namen kaum den Hauch des Exklusiven umweht, den man sich von einer Jubiläumsausgabe vielleicht versprechen könnte. Doch passt eben auch das zum St. Gallen, dass es—Radiohead jetzt eben mal ausgenommen—nicht so sehr um einzelne Namen geht, sondern ums Gesamtpaket. Damit vermarktet sich das St. Gallen Open Air und damit wird es auch dieses Jahr wieder einen Ticketansturm lostreten, von dem anderen Schweizer Festivals mittlerweile nur noch träumen können.
Das bisher bestätigte Line-up in der Übersicht:
Donnerstag, 30. Juni:
Fettes Brot, Gramatik, Nothing But Thieves, Wassily, Hopes & Venom, Jas CRW, Europa: Neue Leichtigkeit
Freitag, 01. Juli:
Deichkind, Two Doors Cinema Club, Years & Years, Patent Ochsner, Wolf Alice, Romano, Panda Lux
Samstag, 02. Juli:
Radiohead, Annemaykantereit, Caribou, Boy, Joris, Odesza live, The Very Best, Adam Angst
Sonntag, 03. Juli:
Mumford & Sons, Sophie Hunger, Alligatoah, Bastian Baker, Nathaniel Rateliff & The Night Sweats, Sunset Sons, Troubas Kater
Mehr Infos zum Open Air St. Gallen findet ihr auf der offiziellen Homepage, auf Facebook oder auf Twitter.
Noisey Alps freut sich auf Toitois und Sonnenbrand auf Facebook und Twitter.