Das sind die 10 spannendsten Künstler vom Newcomer-Mekka Eurosonic 2018

Das stets bei unangenehm nasskaltem Januarwetter im niederländischen Groningen stattfindende Eurosonic Noorderslag Festival ist trotz der oben erwähnten Umstände immer wieder ein Genuss. Hier finden sich die Talente und Newcomer des europäischen Kontinents ein, um sich einem Haufen Fachbesuchern und ein paar verrückten Holländern zu präsentieren und dem weltweit größten Newcomer-Festival SXSW in Austin eine europäische Variante mit Automatenfutter und gutem Bier entgegenzustellen.

Seit 1986 gibt es das Eurosonic Festival und jährlich spielen hier etwa 100.000 weitestgehend unbekannte Bands auf. Viele davon haben noch nicht einmal ihr Debütalbum veröffentlicht. Andere wiederum erleben plötzlich einen Hype (Debüt hin oder her) und wiederum andere sind in manchen Kreisen hinlänglich bekannt und wagen über das Eurosonic den Sprung ins (europäische) Ausland. In letztere Kategorie fallen dieses Jahr die House-Granden Rone und George Fitzgerald oder die in Deutschland längst berühmte Dillon. Die drei haben wir für diesen Text über die spannendsten Newcomer beim ESNS18 und darüber hinaus also mal ausgeklammert – ansonsten dürfte die Liste einigermaßen vollständig sein.

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IAMDDB

Ist das nur unsere Wahrnehmung oder hat IAMDDB die Schwelle zwischen Newcomer und Star nicht eh schon überschritten? Spätestens seit der Kollabo mit dem Produzenten Inka zu “Leaned Out” katapultierte sich die Sängerin aus Manchester ins Bewusstsein von Soul-, R’n’B- und Rap-Fans auf der halben Welt. Ihre EP-Trilogie “Waeveybby”, “Vibe” und “Hoodrich” beweist, dass sie vom fröhlichen Neunziger R’n’B bis zum düsteren 2017er Trap eine enorme Bandbreite beherrscht. Wenn da erstmal ein ganzes Album kommt, wird es kein Halten mehr geben.

Noisey Stardom Orakel: 10/10

Ace Tee

Nach dem Überhit “Bist du down” muss man zu Ace Tee eigentlich nichts mehr schreiben. Es sei denn, man ist Pessimist und geht von einem klassischen One-Hit-Wonder aus. Da sich Noisey aber international längst einen Ruf als Plattform des gnadenlosen Optimismus gemacht hat, sind wir überzeugt, dass die “neue Muse von Karl Lagerfeld” (Zitat Vogue) in den kommenden Jahren richtig abgeht. In Sachen 90er-Nostalgie und R’n’B á la TLC macht der 24-Jährigen international schon jetzt niemand was vor.

Noisey Stardom Orakel: 9/10

Nihils

Guter Indiepop hat heutzutage aus Österreich zu kommen. Gehört einfach zum guten Ton. Nihils wissen eh, was sich gehört, folgerichtig kommen sie eben aus irgendeinem Kaff in den Bergen Tirols. Die drei Herren tragen zum Teil Schnörres (Tirolerisch für Schnurrbart) und machen sehr international klingenden Indiepop der stark an Foals erinnert. Das sorgt in der Heimat schon seit Längerem für einen gewissen Buzz und könnte mittelfristig zu einer internationalen Karriere führen.

Noisey Stardom Orakel: 5*/10 (*siehe Leoniden)

TheColorGrey

US-Präsident Donald Trump hat Belgien mal als “eine wunderschöne Stadt” in Europa bezeichnet. Nachdem wir TheColorGrey gehört haben, sind wir uns aber nicht mehr so sicher, ob sich der Herr Präsident da nicht irgendwie vertan hat. Denn TheColorGrey kommt aus Belgien und so wie die Musik der 23-Jährigen klingt, müsste diese “wunderschöne Stadt” eher irgendwo in den USA liegen. Wahlweise in Regionen, in denen Soul, R’n’B oder Jazz erfunden wurden. Der Junge muss sich jedenfalls nicht vor der Konkurrenz aus Übersee verstecken, so funky, smooth, lässig souled er sich über moderne R’n’B-Beats. Sollte er es jemals aus dem wunderschönen Belgien raus schaffen, wir stehen mit offenen Armen bereit.

Noisey Stardom Orakel: 8/10

https://youtu.be/2k5dGT1kUIw

Bergfilm

Köln hat sich über die Jahre einen hervorragenden Ruf als Heimstätte des Elektropop erarbeitet. Zuletzt brachte die Rheinstadt dankenswerterweise Musiker wie Coma, Vimes oder Roosevelt hervor und Bergfilm schicken sich an, die nächsten in einer langen Reihe Kölner Elektropopper zu sein. Im Herbst veröffentlichten sie ihr Debütalbum Constants, dessen Anziehungskraft sich zunächst etwas versteckt, mit der Zeit aber immer offensichtlicher wird. Man sollte Bergfilm also etwas Zeit geben. Verdient haben sie es allemal.

Noisey Stardom Orakel (mit etwas Zeit): 7/10

Agar Agar

Die Veganer unter den Lesern wissen: Agar-Agar ist die vegane Alternative für tierische Gelantine. Das Zeug wird aus Blau- oder Rotalgen gewonnen und in der asiatischen Küche schon seit Jahrhunderten benutzt, um glibbriges Essen glibbrig zu bekommen. Diese Information ist vollkommen unerheblich, wenn ihr euch die Musik von Agar Agar anhört. Das Duo kommt aus Paris, macht 80er Synthiepop und hat sich auf einer Kunsthochschule kennengelernt. Und jetzt nochmal ganz langsam zum Mitschreiben: Duo, Paris, Synthies, Kunsthochschule. Daft Punk und Justice haltet euch fest, das hier schreit nach einer Weltkarriere!

Noisey Stardom Orakel: 11/10

Soulé

Soulé kommt aus Dublin und wie bei so ziemlich allen Eurosonic-Ects gibt es irgendeinen Musikkritiker, der sie in letzter Zeit als “Newcomer des Jahres”, “One to Watch” oder “Best New Artist of …” bezeichnet hat. Soweit also weniger spannend. Allerdings ist Soulé schon der ein oder andere veritable Hit rausgerutscht. Klar, ein Hit führt nicht unweigerlich zu einer größeren Karriere, aber der schlechteste Start ist es auch nicht. Soulé verbindet Elektropop mit Dancehall- und Soul-Elementen und geht sowas von ins Ohr, dass man sich die Dame auf jeden Fall mal auf irgendeinen Newcomer-Zettel notieren sollte.

Noisey Stardom Orakel: 7/10

Sigrid

Dieser Hype ist offenbar real und – soweit man das im Januar 2018 schon seriös einschätzen kann – ziemlich ernst zu nehmen. Sigrid ist ein sehr mädchenhaftes Mädchen aus Norwegen, das sehr mädchenhaften Mädchenpop macht. Und auch wenn man sich bei all der Unschuld, die sie ausstrahlt, auf Dauer etwas nach einem radikalen Bruch sehnt, funktioniert das Konzept bisher ganz beeindruckend. Sigrid wurde mit nur 20 Jahren von Island Records gesignt und für ihre EP Don’t Kill My Vibe 2017 vom BBC’s Annie Mac gefeiert. Videoaufrufe und Streams gehen längst in Millionenhöhe, der Guardian beschreibt Sigrid (nicht zu unrecht) als die “neue Lorde” und alle warten auf das Debütalbum.

Noisey Stardom Orakel: 10/10

Leoniden

Guter Indiepop hat heutzutage aus Österreich zu kommen. Gehört einfach zum guten Ton. Leoniden scheißen da aber sowas von drauf. Sie kommen, frech wie sie sind, einfach mal aus Kiel, was so ziemlich das Gegenteil von Österreich ist. Trotzdem machen sie sehr international klingen Indiepop, der allerdings überhaupt nicht an Foals erinnert, sondern eher an Two Door Cinema Club. Zudem tragen die fünf Herren teils wirklich beeindruckenden Schnörres (Plattdeutsch für Schnurrbart). Das sorgt in der Heimat schon seit Längerem für einen gewissen Buzz und könnte für eine internationale Karriere genügen. Da wir allerdings überzeugt sind, dass nur entweder Leoniden oder Nihils einen richtig große Karriere bevorsteht, vergeben wir konsequent nur die halbe Punktzahl.

Noisey Stardom Orakel: 5*/10 (siehe Nihils)

Manzi

Rap und seine Spielarten (wie der Feuilletonist in mir schreiben würde) hat beim Eurosonic traditionell nicht den einfachsten Stand. Die meiste Musik hier ist im weitesten Sinne Band- wenn nicht gar Gitarrenmusik. Auch wenn Rap in vielen europäischen Ländern extrem erfolgreich ist, das Eurosonic ist nun mal ein internationales Festival und Rapmusik konzentriert sich meist auf ein gleichsprachiges Publikum. Die Alternative lautet Englisch rappen. Nur, dass viele Europäer das nicht so gut hinbekommen. Anders Manzi. Der 22-Jährige kommt ursprünglich aus Burundi und musste schon als kleiner Junge mit seinen Eltern nach Holland fliehen. Seine Musik verbindet afrikanische, europäische und amerikanische Einflüsse und klingt überhaupt nicht nach einem europäischen Versuch, Amirap zu imitieren, sondern authentisch, spannend und vielversprechend. Wir sind gespannt, wie das beim Eurosonic-Publikum ankommt.

Noisey Stardom Orakel: 6/10