Die Rangers sind zurück und zwar mit abenteuerlichen Träumen

„The Rangers are back”, sangen die Fans der Glasgow Rangers gestern im ausverkauften Ibrox Stadium. Nach dem 1:0-Sieg gegen Dumbarton hat der schottische Rekordmeister nun 17 Punkte Vorsprung auf die Verfolger und konnte vorzeitig den Aufstieg in die erste Liga feiern. Nach dem Zwangsabstieg 2012 wartet dort der ewige Rivale Celtic und vielleicht auch eine neue ruhmreiche Ära der Rangers. Es gibt nur ein Problem: Der Verein hat nichts aus seinen Fehlern gelernt.

Es waren harte Jahre für die Seele eines jeden Rangers-Fans. Seit 1985 gewann kein anderes Team die schottische Meisterschaft als die beiden Vereine aus Glasgow. Die Rangers haben mit 54 Meistertiteln—die letzten drei holten sie zwischen 2009 und 2011—sogar den Weltrekord als Rekordmeister inne. Während aber der Old-Firm-Rivale Celtic mühelos die letzten vier Meisterschaften gewann und auf die fünfte zusteuert, mussten sich die Rangers wegen jahrzehntelanger Misswirtschaft durch ein Insolvenzverfahren und die Ligen vier bis zwei kämpfen.

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Zuvor hatten die Rangers über Jahre maßlose Summen auf dem Transfermarkt ausgegeben und unverhältnismäßig hohe Spielergehälter gezahlt, ohne dabei Steuern zu zahlen. Als die Rangers dann Steuernachzahlungen über 100 Millionen Euro leisten sollten, folgte der Kollaps. Der Verein musste den ewigen Wettstreit mit Derby-Rivale Celtic beenden und versetzte sich selbst in die vierte Liga.

Es folgte der Börsengang 2012, der mit 22 Millionen Pfund neues Geld einbrachte. Trotzdem wird die Aktie immer noch weit unter dem Ausgabekurs von 80 Pence gehandelt. Nach zwei direkten Aufstiegen und teils 50.000 Zuschauern bei Viert- und Drittliga-Heimspielen im heimischen Ibrox Park folgte in der letzten Saison ein dritter Platz und das Scheitern im Finale der Play-offs für die Scottish Premiership. Nachdem drei Trainer im letzten Jahr verschlissen wurden, fand das Team unter Mark Warburton, dem ersten englischen Coach der Vereinsgeschichte, wieder zum Erfolg und nun zum Aufstieg.

Bis heute sind die Sympathiewerte für den Verein jedoch so niedrig wie nie. Das liegt vor allem an dem zwielichtigen Neuanfang samt Neugründung der Rangers. Statt in die siebte musste der Klub nur in die vierte Liga absteigen und von den über 167 Millionen Euro Schulden wurde bis heute nichts zurückgezahlt. Andere Pleite-Vereine wie Dundee United oder Heart of Midlothian müssen hingegen seit Jahren Gelder begleichen. Den Rangers-Anhängern ist das egal.

In einem Reddit-Thread über die Zukunft der Rangers vor einigen Monaten träumten viele „Bluenoses” schon wieder von einer glorreichen Zukunft. „Mit ein paar anständigen Investitionen können wir im nächsten Jahr auf jeden Fall mit Celtic um den Titel spielen”, so Och_Aye über seinen Lieblingsverein. „Wir sind immer noch einer der größten Klubs in Großbritannien mit sehr guten Möglichkeiten und einem großen Stadion, so dass wir kein Problem bekommen werden, die richtigen Spieler zu holen.” Laut transfermarkt.de haben die Rangers jedoch derzeit einen Kaderwert von 6,9 Millionen Euro—und Celtic einen von über 53 Millionen.

Zwar gibt es auch kritischere Stimmen, doch der Tenor ist klar: Bald spielt man mit Celtic wieder auf Augenhöhe! „Ich bin sicher, man kann eine Top-4-Platzierung in der nächsten Saison erreichen und vielleicht sogar die Qualifikation für den europäischen Wettbewerb zwischen 2017 und 2018 erreichen—wenn man den Pokal nicht schon in diesem Jahr gewinnen kann”, erklärt ein anderer User. Das Problem ist, die neuen Erfolge der stark aufspielenden Rangers sind teuer erkauft. „Es ist bestimmt keine Underdog-Geschichte. Die Rangers haben trotzdem noch die zweithöchsten Gehaltsausgaben im schottischen Fußball”, erzählt User Martinhay.

Der Nichtaufstieg und die damit fehlenden Einnahmen der schon als sicher geplanten Rückkehr in die erste Liga ließen die Rangers erneut ein Minus von etwa zehn Millionen Euro allein im Jahr 2014 machen. Vereinsikonen wie Lee McCulloch oder Kyle Hutton gingen zwar mit in die vierte Liga und nahmen Gehaltseinbußen in Kauf, doch der Klub zahlt weiterhin viel zu hohe Spielergehälter. Eine erneute Insolvenz konnte 2015 verhindert werden.


Ein weiteres Problem sind die undurchsichtigen Führungsstrukturen des früheren Serienmeisters. Die große finanzielle Abhängigkeit macht die Rangers zum Spielball von Investoren, die sich immer wieder bei den Schotten einkaufen wollen. Nachdem ein Übernahmeangebot von Robert Sarver, Eigentümer des NBA-Teams Phoenix Suns, ausgeschlagen wurde und Präsident David Somers dem Verein einen Notkredit gewährt haben soll, versucht sich immer wieder der Geschäftsmann und Besitzer von Newcastle United, Mike Ashley, bei den Rangers einzukaufen.

Ashley besitzt schon um die neun Prozent, darf laut Vereinbarung mit dem schottischen Fußball-Verband (SFA) aber nicht mehr als zehn erwerben. Auch Felix Magath besitzt laut mehren Medienberichten wohl einen Prozent an dem Traditionsklub. Die Rangers-Anhänger hingegen wehren sich gegen die Fehler der Vergangenheit und die Macht der Investoren wie Ashley, denen finanzielle Interessen im Vordergrund stehen.

Einige Fans schlossen sich zusammen und gründeten den Fond „Rangers First”. Das Ziel: Den Rangers FC wieder zu einem von Mitgliedern bestimmten Verein machen. Mittlerweile hält der Fond über zwei Prozent am Verein und Rangers-Hauptanteilseigner Dave King, selber tief verbunden mit Verein und Fans, findet ebenfalls Gefallen an der Bewegung. Vielleicht können die Fans ihren Verein retten, andernfalls wird er wohl weiter an den großen Träumereien einer glorreichen Zukunft und der bitteren finanziellen Realität scheitern.

Bis dahin kommentiert auf Reddit ausgerechnet ein Celtic-Fan die Ziele der Rangers-Anhänger und die immer noch herrschende Misswirtschaft recht treffend: „Ich bewundere euren Optimismus”. Am 17. April spielen die Aufsteiger zum Vorgeschmack im Halbfinal-Duell des schottischen Pokals gegen Celtic. Danach könnte der Optimismus der Rangers ungeahnte Höhen bekommen—oder den ganzen Verein auf den Boden der Tatsachen zurückholen.

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