Der Aufstieg einer Skaterin in der japanischen Bondage-Szene

Alle Fotos: bereitgestellt von Paul Hillier

2009 lernte ich Milla Reika im japanischen Osaka kennen. Sie war damals neu im Land und bekam mit, wie ich meinen Freunden von einer japanischen Seilbondage-Show erzählte, zu der man mich eingeladen hatte. Beim Hören des Wortes Shibari flehte mich das australische Skater-Mädchen schon fast an, sie mitzunehmen.

Angestachelt durch diese erste Shibari-Show setzte es sich Reika mit ihrem jugendlichen Enthusiasmus zum Ziel, die Bondage-Kunst selbst zu erlernen. Und so beschäftigte sie sich intensiv mit den Knoten, Seilen und der Geschichte des Shibari. Wir versuchten sogar, ihre Kunst fotografisch festzuhalten, aber im Grunde ging die ganze Sache erst richtig los, als sie zum ersten Mal den berühmten BDSM-Clubs Matrix betrat. Nachdem sie mit der dortigen Mama-san über ihre Zukunftswünsche gesprochen hatte, bat diese ihr direkt einen Job an. Leider hatte die Mama-san selbst keine Zeit, Reika alles beizubringen, aber sie empfahl ihr andere Seilmeister von Osaka. Nur wenige Monate später begann Reika dann nach gutem Zureden ihrer Mentoren damit, ihre ersten Auftritte zu absolvieren.

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Ein Jahr später musste das Matrix schließen. Und die Mama-san weigerte sich beharrlich, den Club wiederzueröffnen. Stattdessen drückte sie Reika die Schlüssel in die Hand und wies sie an, die Zügel zu übernehmen. Dieses Angebot nahm die junge Frau dankend an.

Die von Männern dominierte Szene war durch den Einstieg der Australierin schon fast in ihren Grundfesten erschüttert, denn die übernahm nicht mehr nur den aktiven Bondage-Part, sondern besaß jetzt auch noch ihren eigenen Club. Ihrer Präsenz begegnete man gleichermaßen mit Interesse und Vorbehalten. So musste sich Reika nicht nur das Verhalten in der Shibari-Szene sowie die japanischen Business-Gepflogenheiten aneignen, sondern sich auch noch den Respekt der Community erarbeiten.

Es dauerte nicht lange und selbst angesehene Fesselkünstler wurden auf Reika aufmerksam. Ihre Fähigkeiten reichten jedoch leider nicht aus, um den Club am Leben zu erhalten. Mit nur wenig Erfahrung, Kontakten und Vorgeschichte musste die junge Frau das Matrix im Jahr 2015 zum zweiten Mal schließen—und zwar endgültig.

Als wir uns vor Kurzem wieder trafen, konnte ich dann allerdings nicht anders, als die selbstsichere Frau zu bewundern, zu der sich Reika inzwischen entwickelt hatte.

Milla Reika

Nicht alle Seile sind gleich und beim Shibari verwendet man vor allem Jute. Seilkünstler sehen ihre Werkzeuge als eine Art Verlängerung von sich selbst an und deswegen sind sie bei der Auswahl auch besonders bedacht. Milla hat sich einen so großen Vorrat gekauft, um ihn selbst zurechtschneiden und behandeln zu können

Nachdem sie das Seil geschnitten und gedehnt hat, brennt Milla mit offener Flamme alle Fransen weg

Schließlich behandelt Milla das Seil noch mit ein wenig Pferdeöl, um die gewünschte Textur und Haptik zu erreichen

Milla und ihr Model (auch “Konaha” genannt) checken noch mal die Adresse der Veranstaltung, bei der sie auftreten sollen

Die Verbindung zwischen der gefesselten Person und dem Fesselkünstler ist von sehr hoher Bedeutung. Ohne diese Verbindung würde ein Auftritt kalt und mechanisch daherkommen. Im Grunde ist Shibari vergleichbar mit einem leidenschaftlichen Tanz

Shibari ist eine Kombination aus Schmerz, Vergnügen und Reizentzug

Milla befreit ihr Model nach dem Auftritt

Zweimal pro Woche veranstaltet Milla einen Seillehrgang, bei dem man neue Leute kennenlernen, Bondage-Performances anschauen und üben kann. Auf diesem Foto demonstriert Milla für einen Gast eine neue Knotenvariation

Karabiner sind häufig Teil einer Aufhängung, mit der man das Model ganz oder nur teilweise in die Luft hebt

Milla inspiziert das Model und das Seil

Der finale Teil von Millas Performance besteht aus einem sogenannten “Nyotaimori”, also einem Sushi-Gericht, das auf einem nackten Frauenkörper daherkommt. In diesem Fall bietet sie dem Publikum jedoch kleine Desserts statt Sushi an