Ein sogenannter “Rape Train” im Online-Modus von GTA. (Foto: YouTube-Screenshot)
Immer wenn Grand Theft Auto involviert ist, wird der Mainstream um eine Reihe neuer Kontroversen in Videospielen bereichert. Der aktuelle Teil von Rockstars gefeierter Serie—das fünfte „richtige” GTA—und der dazugehörige Online-Modus GTA Online sind die am besten verkauften Entertainment-Produkte aller Zeiten. Das liegt allerdings nicht daran, dass das Spielen total Spaß macht. Nein, wir lieben alle einfach nur Folter, die Erniedrigung und Diskriminierung von Frauen und das Töten von Haustieren (wenn wir sie großzügigerweise am Leben lassen, schauen wir ihnen auch gerne beim Geschlechtsverkehr zu).
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Wenn man die Nachrichten verfolgt—sowohl im Videospielbereich als auch im Mainstream—, dann könnte man meinen, dass Rockstar ein neues Niveau der Erbärmlichkeit erreicht hat, denn dieses ganze „Hot Coffee”-Ding war zumindest noch einvernehmlicher Sex. Diese Woche lautete eine Metro-Schlagzeile nämlich: „Players are having their characters tormented and ,raped’ by online trolls” (Spielcharaktere werden durch Online-Trolls gequält und „vergewaltigt”).
Diese Story wurde am 14. August gebracht. Sechs Tage zuvor berichtete Kotaku über diese Gefahr für die GTA Online-Spieler und setzte des R-Wort ebenfalls in Anführungszeichen. Diese Zeichensetzung ist ziemlich wichtig, denn niemand vergewaltigt hier wirklich jemanden. Hier haben nur einige nicht mal so clevere Modder so lange am Code des Spiels rumgewerkelt, bis sie mit „unartigem Zeug” ihren Spaß haben können. Sie erschaffen ein paar ziemlich beschissen aussehende Animationen, bei denen ein Charakter seine Hüften an einem anderen Charakter reibt.
Und sie nerven auch noch anders. Sie übernehmen die Kontrolle über die Charaktere von anderen Spielern und lassen diese dumm herumtanzen oder sich selbst in die Luft sprengen—alles nicht sehr förderlich für den Spielfortschritt der Betroffenen. Und bis Rockstar das Problem behebt, gibt es kein Entkommen, außer man beendet das Spiel komplett und beschränkt sich auf eine private Online-Session, was aber nicht wirklich der Sinn des Online-Spiels ist.
Die Leute sind zurecht angepisst. Die Modder, Trolls oder Hacker (wie auch immer wir Menschen nennen, die genug Zeit haben, um Fremde im Internet auf die Palme zu bringen, anstatt etwas Produktives zu machen) sind unsterblich, um so viel Chaos wie möglich zu verursachen. Rockstar wird sie irgendwann loswerden, aber in ähnlichen Fällen waren sie dabei nicht gerade die Schnellsten. Zur Zeit kann man nichts anderes machen, als das Gesicht zu verziehen und darüber hinwegzusehen.
Ein verlängerter „Rape Train”
Das Problem hier ist nicht die Andeutung von virtuellem Sex—die meisten Spieler wissen es zu schätzen, dass die moderne Spielindustrie auf den Erwachsenenmarkt abzielt, und GTA-spielende Erwachsene wissen, dass sie anstößiges Material und anstößige Szenen zu erwarten haben. Niemand wird davon ein Leben lang traumatisiert sein. Nein, das Problem hier ist das Kindische und der Rückschlag, den die Werbung für das Spielen von Online-Games erleidet, denn Online-Spielen kann und soll eine tolle Erfahrung mit anderen Spielern sein. Aber ich wette, dass davon jetzt niemand Albträume bekommt.
Was die anderen, wirklich ziemlich grausamen Inhalte des regulären (Offline-)Spiels betrifft: Wenn du als Grundschulkind GTA V spielst, dann sind deine Eltern Idioten, und ich erlaube dir hiermit ausdrücklich, den Beispielen von Trevor und seiner Entourage zu folgen. Klaue Geld, decke dich mit Drogen ein (oder mit Haribo-Süßigkeiten, was du eben besser findest), bringe die Freunde von Mama und Papa um und zünde dann euer Haus an. Das Übliche eben.
Für die meisten Spieler wird das Problem nicht wirklich von moralischer, sondern eher von praktischer Natur sein. „Griefing” bedeutet, dass Zocker die Mitspieler absichtlich zur Weißglut bringen, zum Beispiel durch bewusstes Feuern auf Verbündete oder Belästigung per Chat oder Headset. Dieser Aspekt des GTA-Online-Mods nervt am meisten. Man will sich eigentlich nur einloggen, ein paar Waffen kaufen und den Laden an der Ecke zerballern, aber stattdessen wird dir dieses Vergnügen durch die Leute verwehrt, die lieber zusehen, wie du dich vornüber beugst, während ihr Charakter seinen Schritt an deinem reibt.
„Griefing” ist nichts Neues—das Konzept gibt es schon seit Jahren, sei es nun sexuell oder anders. Der Artikel „A Rape in Cyberspace” wurde vor über 20 Jahren geschrieben. In einem Edge-Artikel von 2013 über die Gewinner und die häufiger vorkommenden Verlierer dieses Phänomens heißt es: „‚Griefing’ ist vielfältig, und jegliches Online-Spiel, an dem mehr als fünf Leute teilnehmen, wird davon betroffen sein. Manchmal macht man es einfach nur aus Spaß, manchmal will man damit eine Botschaft übermitteln und manchmal verdient man damit sogar Geld.”
Im Falle von GTA Online „vergewaltigen” Modder andere Spieler nur, um diese zu nerven. Da steckt kein großer Plan dahinter. Einige Menschen finden so etwas einfach nur witzig. Und obwohl es schon ziemlich komisch ist, dass sie das wirklich komisch finden, gibt GTA seinen Spielern nicht den Humor vor.
In vielen der sehr populären Spiele kam es schon zu „Griefing”—aber trotzdem wird weitergespielt und der Rubel rollt. Deswegen wird Rockstar zu den „Vergewaltigungs”-Mods wahrscheinlich eine distanzierte Haltung einnehmen. Valves Team Fortress 2 und Bohemia Interactives DayZ sind für code-knackende Idioten wahre Paradiese, aber die Tatsache, dass das zweitgenannte Spiel selbst mal ein Mod der relativ trockenen Militärsimulation ARMA II war, zeigt uns auch, dass eine bewusste Offenlegung der versteckten Mechanismen eines Spiels dem Online-Spaß sogar zugute kommen kann.
Es geht nicht nur darum, Lara Croft nackt zu machen—das haben findige Zocker für die 2013er-Neuauflage des Spiels schon (irgendwie) geschafft. Wenn man es richtig anstellt, dann kann Modding für tolle, einzigartige Erlebnisse verantwortlich sein, bei denen zum Beispiel das Darstellen von Mario als Mitglied des Ku-Klux-Klans genau das sein soll, was es auch ist: reine Zeitverschwendung. Da ist es besser, sich auf verlockende Vaporware (lange angekündigte, aber nie erschienene Spiele) zu konzentrieren. Beispiele hierfür sind Black Mesa (eine Mod-Neuauflage von Half-Life, die das Quellenmaterial sogar irgendwie noch verbessert hat) oder der abgedrehte Just Cause 2-Mulitplayer-Mod, der mit über 1000 gleichzeitig spielenden Leuten den Multiplayer-Modus von GTA locker in die Tasche steckt (da liegt das Limit bei 16 Spielern). Natürlich lässt sich hier „Griefing” nicht vermeiden, aber es macht trotzdem verdammt viel Spaß.
Für die Leute, die GTA Online wirklich spielen wollen, liegt das Hauptproblem nicht darin, dass sie „vergewaltigt” werden. Was viel mehr stört, ist der Fakt, dass das Hobby der einen Person das Hobby der anderen Person kaputt macht. Aber den Moddern wird auch hier irgendwann die Lust vergehen, also ignoriert man sie am besten einfach. Beende das Spiel, mach draußen einen Spaziergang, hol dir ein Eis und probier’s dann noch einmal.
Spiele sind toll, aber manchmal sind die Spieler einfach Arschlöcher. So war es schon immer und so wird es auch immer sein. Und wenn jetzt noch GTA hinzukommt, dann braucht es nur einen kleinen Konflikt und schon fliegen die Finger zum Schreiben eines Kommentars über die Tastatur. Modder haben Mass Effect im Grunde zu einem Porno gemacht und provozierten damit eine ganze Schar von kommentarschreibenden Trotteln, die ganz eifrig betonten, dass alle Videospiele nach diesem Muster ablaufen und die Spieler sofort zu vergewaltigendem Abschaum machen.