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MUNCHIES Guide to: Essen auf Festivals

Wenn du früher auf ein Festival gefahren bist, hast du statt der Regenjacke immer lieber noch ein paar extra Bier in deinen Rucksack gestopft, bevor dir noch einfiel, dass du ja auch was essen könntest und du schnell noch ein paar dieser Mini-Cornflakes-Packungen in die Seitentaschen gequetscht hast. Wehmütig verabschiedete sich deine Mutter von dir, erzählte dir noch ein paar Horror-Drogen-Storys, die sie aus irgendwelchen Zeitungen aufgegriffen hat. Gutes Essen war das Letzte, woran du gedacht hast.

Heute aber wachst du mit einem ordentlichen Tinitus auf, dein Schlafsack ist mit Schlamm gefüllt, aber du kannst dir auf den Festivals doch irgendwie noch deinen Latte mit einem leckeren Panini gönnen, nach dem sich dein städtischer Körper nach einer kurzen, unbequemen Nacht im Zelt so sehr sehnt.

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Gehörst du eher zu den Festivalgängern, die meinen, dass alles was man isst, schön frittiert und und in Styroporschachteln serviert werden muss? Oder willst du doch lieber einen gesunde und cleanen Smoothie, weil du für alles hier bezahlt hast und keinen Whisky zum Frühstück haben willst?

Wir haben uns an drei Experten gewandt, um herauszufinden, was wir bei den Festivals diesen Sommer essen und trinken sollten (Tipp: Wahrscheinlich kannst du deinen Dosenöffner zu Hause lassen).


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Unsere Experten: Clare Isaacs, macht das Catering beim Wilderness Kunstfestival in Oxfordshire. Charlie Nelson, Mitinhaber von Fundi, einem Pizza-Imbiss, der auch beim Gottwood Festival und beim Dinerama Street-Food-Festival vorbeischaut. Josh Baines, Festival-Veteran und Editor bei THUMP, dem Kanal für elektronische Musik und Clubkultur bei VICE.

Wilderness 2015

Beim Wilderness Festival. Foto mit freundlicher Genehmigung von Danny North

Als Allererstes: Ist gutes Essen bei einem Festival wichtig?

Claire Isaacs: „Klar, warum sollte man nicht bei einem Festival genauso gut essen können wie in einem Restaurant? Du bist den ganzen Tag unterwegs, tanzt bis in die frühen Morgenstunden … da brauchst du gutes Essen, um wieder Energie zu haben.”

Charlie Nelson: „Das ist das Wichtigste. Wenn du keine Energie hast, gehst du kaputt. Früher habe ich auf Festivals nie richtig gegessen, nur einmal am Tag irgendeinen Scheiß. Irgendwann wurde mir dann klar, dass ich ein bisschen gutes Gemüse oder etwas abgefahren Leckeres brauche, damit ich weiter feiern kann.

Vor gut zehn Jahren war das Essen auf Festivals noch ziemlich scheiße. Entweder man bekam irgendein komisches veganes Linsengericht oder etwas extrem Fettiges—dazwischen gab es nichts. Jetzt haben aber ein paar Leute genau diese Lücke gefüllt und das Publikum will auch keinen Scheiß mehr essen. Sie geben mehr Geld für gutes Essen aus, was ihnen vorher nicht so wichtig war.”

Josh Baines: „Absolut. Auch wenn ich gern so tue, als würde ich mir auf Festivals nur eine Dose Bier nach der anderen reinknallen und mir reinstopfen, was ich irgendwo auf dem Boden finde, um dann 12 gute Stunden zu fistpumpen—nur mit einer Flasche Volvic und ein paar Kaugummis als Verpflegung, geht es in Realität doch etwas zahmer zu.

Am liebsten sitze ich einfach auf einer Wiese, trinke genüsslich ein ziemlich teures Bier aus einem Plastikbecher, während eine Band oder ein DJ, die mich eigentlich nicht wirklich interessieren, im Hintergrund vor sich hin dudeln. Essen gehört einfach zu diesem Erlebnis. Gutes Essen vielleicht weniger.”

Foto von Miss Copenhagen via Flickr

Wie man am besten den Festival-Kater bekämpft

Claire Isaacs: „Beim Wilderness Festival stürze ich mich morgens als Erstes auf das Zelt der Petersham Nurseries. Da gibt es gebackene Eier mit Chilis, Tomaten, Oregano und Crème fraîche, dazu getoastestes Sauerteigbrot. Dazu noch eine Mimosa von Noble Rot und schon kann ich den Tag starten.”

Charlie Nelson: „Definitiv ein Frühstücks-Burrito. Der ist riesig, fast so groß wie ein kleines Baby. Da bekommt man was für sein Geld und es ist alles Nötige drin: Kohlenhydrate, Eier, Chorizo. Außerdem ist er ein bisschen scharf. Pizza geht morgens auch immer gut. Wir haben ein Frühstücksspecial: geräucherter Pancetta mit Spiegeleiern—auf Pizza.”

Josh Baines: „Nichts ist besser bei einem Kater als eine Dose extrem kalter Cola—und zwar die echte rote—, die man dann in nur drei Schluck herunterstürzt. Danach noch einen French Toast mit Bacon. Die Kombination aus Limo und dieser salzig-matschigen Brotpampe ist einfach perfekt, wenn dein Gehirn sich anfühlt, wie ein alter Fußball, der von einem Hünen stundenlang gegen eine Wand gekickt wurde. Ein Mars geht auch immer.”

Foto mit freundlicher Genehmigung von Fundi

Der ultimative Snack

Claire Isaacs: „Wahrscheinlich glaubt ihr, ich sage jetzt so was wie eine Schale handgepflückter sizilianischer Oliven, aber nein. Ich habe vier Kinder, also definitiv ein paar Tüten Chips.”

Charlie Nelson: „Das beste sind Sandwiches mit Cheddar und Branston Pickle. Wir haben zum Glück einen Kühlschrank und einiges an Equipment da, sodass wir die auch frisch machen können. Kleine Pork Pies oder Scotch Eggs gehen auch immer. Ziemlich ekelhaft irgendwie, aber sie erfüllen ihren Zweck.”

Josh Baines: „Ich war nur einmal campen bis jetzt und war sowohl sonnenverbrannter als auch viel bekiffter als jemals zuvor. An dem Wochenende haben wir uns nur von gegrillten Burgern ernährt: richtig billige Fleischpattys, diese komisch süßen Burgerbrötchen „American Style” und dazu dieser blasse Scheiblettenkäse. Darüber noch ein bisschen Schlamm, Sand und Asche gestreut—et voilà.

Jetzt bin ich ein bisschen älter und vernünftiger und würde mir eher eine Großpackung Mandarinen mitnehmen. Ja, so was will ich. Mandarinen. Und vielleicht noch einen Einkaufswagen voll mit Gemüsechips.”

Der perfekte Drink zum Feiern

Claire Isaacs: „Zum Anfang definitiv ein Cocktail, ein Klassiker von Mark Hix: Einfach eine Kirsche in ein Glas geben, darüber ein paar Teelöffel Kirschlikör und dann mit Sekt auffüllen.”

Charlie Nelson: „Zum Frühstück Cider (am besten die Zwei-Liter-Flasche der Eigenmarke von Tesco) und nachmittags dann noch ein schlechtes Bier. Man will ja kein Geld für teure Cocktails verschwenden.”

Josh Baines: „BIER, BIER, BIIER.Ich weiß, das ist vielleicht nicht die beste Wahl, wenn man eigentlich den ganzen Tag noch aktiv sein will, aber seit ich mein erstes Pint getrunken habe, ist es für mich einfach was zum Wohlfühlen.Festivals können ziemlich komisch und gruselig sein, da sehnt man sich nach zu Hause. Und nach dem Pub.”

Foto mit freundlicher Genehmigung von Andrew Whitton

Fancy oder fettig?

Claire Isaacs: „Jeder braucht gegen den Kater mal was Fettiges, aber andererseits finde ich fancy Essen auch nicht schlecht. Warum also nicht beides kombinieren? Beim Wilderness gibt es geräucherte Schweineschulter, gegrilltes Hühnchen und gegrillte Flank Steaks, dazu Chilisauce, über Holzfeuer gegrillte Maiskolben und selbst gemachten Krautsalat. Das ist fancy und gleichzeitig schön fettig-lecker.”

Charlie Nelson: „Das Großartige an Festivals ist doch, dass man nicht mehr strikt zu festen Zeiten isst, also gibt es auch kein richtiges Essen für eine bestimmte Zeit. Es gibt weder Richtig noch Falsch. Das ist gut für uns, weil dann bei uns den ganzen Tag Leute sind, nicht wie auf einem Street-Food-Markt, wo die Leute zum Mittag und dann erst wieder abends kommen. Auf Festivals kommen sie egal wann, weil sie spät aufstehen oder weil sie gar nicht erst schlafen. Cool ist auch, dass alle Imbissstände Essen tauschen. Neulich beim Gottwood Festival in Wales hatten wir massenweise Mac’n’Cheese, die Leute nebenan haben leckere getoastete Sandwiches gemacht, womit wir uns dann vollgestopft haben.”

Josh Baines: „Zum Mittag haut man am besten einen Zehner für einen Burger auf den Kopf. Man muss ja gut in den Tag starten, bevor das ganze Bier kommt. Ich fühle mich nicht dick und esse gern dekadent, also gönne ich mir gern einen Burrito mit Ortolan und Dodo-Eiern oder so. Nach 15 Uhr? Gib mir eimerweise fettige Pommes, mit einem ordentlichen Klecks Billig-Ketchup. Die Styropor-Schachtel muss unter dem Berg zusammenbrechen. Außerdem muss alles in zwei Minuten verschlungen sein.”

Was man zu Hause lassen kann

Clare Isaacs: „Dosen mit Bohnen und dann keinen Dosenöffner. Blauschimmelkäse, den du im Rucksack vergisst. Wenn es bei Festivals gutes Essen gibt, lasse ich die Würstchen lieber zu Hause und hole mir stattdessen etwas Ordentliches.”

Charlie Nelson: „Früher habe ich mir immer einen Campingkocher mitgenommen, um Porridge zu machen, aber irgendwie hab ich den dann doch nicht benutzt. Außerdem verteilen sich dann die Haferflocken im Zelt, das ist ganz schön nervig. Viele haben immer gute Vorsätze, wollen viel Obst essen und so, aber es ist ziemlich schwer, gesund zu essen, wenn man doch eigentlich Bock auf was Fettiges hat.”