40 Tage Fasten mit Hilfe des Papsts: Woche 2

Die Kirche spielt in meinem Leben eine eher untergeordnete Rolle. Zirka so wie die Frage, ob Dschungelcamp oder Austria’s Next Topmodel unnötiger ist—für „nicht meine Baustelle” befunden und nie wieder wirklich darüber nachgedacht. Mit 12 wollte ich mich mal taufen lassen, weil mein Religionslehrer wirklich nett war, aber als er dann einem Mitschüler die Bibel gegen den Kopf geworfen und meine Mutter angegraben hat, entschied ich mich wieder um und ärgere mich bis heute nicht darüber.

Diese Woche habe ich schließlich entdeckt, dass unser aller Social-Media-Guru, der Pontifex, Menschen, die beschlossen haben, zu fasten, dieses Jahr täglich eine SMS schickt, damit sie durchhalten. Ich wusste nicht, dass man ab Aschermittwoch fastet und, Hand aufs Herz, ich verstehe Kirche nicht, aber je mehr ich über das Fasten gelesen habe, desto mehr wollte ich es tun. Die Kirche sagt, es macht uns frei von Überflüssigem und Schädlichem. Die Fastenzeit soll eine Chance zur Veränderung und Verbesserung sein. Weil ich am Anfang des Fastens stehe, muss ich sagen: Das klingt gut. Auch wenn ich glaube, dass Jesus nie gewollt hätte, dass wir so etwas 40 Tage durchziehen, hätte er gewusst, dass es einmal Kaffee und Fertigessen geben würde.

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Beim Fasten hat jeder andere Vorschläge, deswegen werden bereits bei Kaffee und Fertigessen einige von euch den Kopf geschüttelt haben. Die Kirche will auch nicht mehr so ganz konkrete Vorschriften machen, damit nicht noch mehr Schafe die sinkende Arche verlassen. So hat die Kirche im Laufe der Jahrhunderte das Fasten immer mehr entschärft. Zum Beispiel wurde eingeführt, dass man an Sonntagen nicht fasten muss oder dass Biber fischig genug ist, um während der Fastenzeit als erlaubt durchzugehen. Man beschloss, dass Flüssiges das Fasten nicht bricht („Liquida non frangunt ieunum”) und dass alles erlaubt ist, was man aus dem Wasser zieht. Wenn also jemand einen Burger in die Donau wirft, darf ich vielleicht hinterher springen und ihn essen.

Der Heiligenkreuzer Pater Karl Wallner empfiehlt in seinen Tipps zur Fastenzeit, nicht nur auf den Körper zu achten: „Die ,Österliche Buß- und Fastenzeit’ ist vor allem dazu da, dass wir unsere Seele entgiften. Denken Sie einmal konkret nach, wo es Lasten in Ihrem Leben gibt, die geheilt werden sollten.” Überall!

Beim Fasten soll man also auf Dinge verzichten und so zu einem besseren Menschen werden. Also habe ich mir überlegt, worauf ich auf meinem Weg zum astralen Wesen verzichten und wie ich mich und die Welt um mich herum verbessern könnte.

Hier die Spielregeln:

– kein Fleisch (außer Fisch und Biber),
– keine Süßigkeiten,
– keine Säfte oder Limos mehr, nur noch Wasser und Wein. (Wein habe ich für christlich befunden),
– freitags nur Brot und Wasser (das schlägt die Kirche vor, weil es der Tag ist, an dem Jesus gestorben ist),
– keine Serien oder Spielfilme,
– keine Lügen,
– kein Lästern,
– kein Shoppen beziehungsweise generell den Konsum einschränken,
– kein Kaffee oder Schwarztee.

Um noch einmal Pater Wallner zu zitieren: „Am Ende steht die Gnade einer neuen Geburt.” Let’s do this. Ein sehr lustiger Mensch, der ab und zu Fotos für uns macht, hat sich die Freiräume angesehen, die ich mir beim Fasten gelassen habe und das Experiment so bezeichnet: „40 Tage fasten, oder: Wie ich mit einem Bibersandwich und Doppler von Orgie zu Orgie stürzte.” Das habe ich nicht vor.

Tag 1 bis 6

Fastenbrechen: 2 1/2

Die SMS vom Papst helfen übrigens absolut nicht. Die machen nur wütend.

Dass ich nicht viel lügen würde, habe ich mir von Anfang an schon gedacht. Wenn ich etwas gut finde, dann sage ich es. Wenn ich etwas nicht so gut finde, dann sage ich es auch. Vielleicht fehlt mir dabei oft eine gewissen Konstruktivität, aber blabla. Jedenfalls habe ich seit Mittwoch trotzdem einmal gelogen, um ein Treffen abzusagen.

Was am Fasten aber echt beschissen ist, ist der Freitag mit ausschließlich Wasser und Brot. Donnerstag war ich fort und durfte nur bis Mitternacht Wein trinken, worüber ich mich am Freitag in der Arbeit eh sehr gefreut habe. Dort hat sich dann jeder dem Kater hingegeben, Pizza, Bagels und Leberkässemmeln gegessen, Kaffee und Eistee getrunken und ich bin mit Wasser und Brot dagesessen und war überzeugt, dass es der schlimmste Tag meines Lebens ist. Abends habe ich mich dann kurz mit einem Bekannten im Wirr getroffen, ich war zu früh, er zu spät und ich musste dem Kellner sagen, dass ich bitte gerne nur ein Leitungswasser hätte. Ich bin eine viertel Stunde alleine dagesessen, habe Leitungswasser getrunken und gedacht, er wird seinen Job bald wegen Menschen wie mir hinschmeißen.

Freitags kann man also nirgendwo wirklich hingehen. Das war auch mein Fastenbrech-Tag, vormittags ein Smoothie (obwohl Flüssiges das Fasten ja eigentlich eh nicht bricht, deswegen zählt es nur als ein halber Bruch) und am Nachmittag habe ich Kichererbsen und Tomaten gegessen. Das Tolle am schlimmsten Tag des Lebens ist aber der Tag danach, wenn man wieder (beinahe) richtig essen kann. Die Fastenregeln am Wochenende verwirren aber generell mehr, als sie einen beim konzentrierten Entbehren und Energietanken helfen. Man verliert jedes Gefühl für Enthaltsamkeit und Exzess, weil man Freitag nichts, Samstag mehr und Sonntag alles darf.

Also habe ich Samstag nach Mitternacht ein wenig eskaliert, war bis 7:00 Uhr fort und hab am Sonntag Film geschaut (obwohl ich eigentlich auf Serien und Filme verzichten müsste) und Pizza bestellt.

Was meinen Kopf aber am meisten kaputt gemacht hat, war Dokus schauen. Als ich Freitag nach der Arbeit heimgekommen bin, in der schlimmsten Stimmung seit Frank Stronachs Rückzug aus der Politik, eine Doku schauen und schlafen wollte, habe ich, passend zur Laune, eine Doku über verschleppte Kinder und Jugendliche geschaut. Als ich dann ein Date hatte, war ich nach der Doku überzeugt, dabei verschleppt zu werden. Also habe ich einer Freundin geschrieben, wohin ich gehe und dass sie mich retten soll, wenn ich mich nicht mehr melde. Am Samstag wusste ich es zumindest schon ein bisschen besser und habe mich vor der Versuchung gehütet, Serienkiller-Dokus zu schauen (warum sind Serienkiller so spannend?).

Irgendwann weiß auch das gesamte Umfeld, dass ich nicht lügen darf und beginnt, das schamlos auszunutzen. Das Menschen zu sagen war ein schwerer Fehler meinerseits. Bei allem haben die Papst-SMS bisher übrigens überhaupt nicht geholfen. Mit Kirche kann ich immer noch nichts anfangen und ins Haus des Vaters will ich auch nicht. Aber Fasten ist super, ich traue es mich fast nicht sagen.

Tag 7 bis 14

Die vergangene Woche ist schnell zusammengefasst.
Wie scheiße Brot eigentlich ist, weiß man erst, wenn man keinen Käse drauf hat. Brot ist wie Pappe. Deswegen bin ich Freitagnachmittag, nachdem ich mich in der Arbeit überhaupt nicht konzentrieren konnte, zum Merkur gefahren und habe so viel Salat gekauft und gegessen wie nie zuvor. Außerdem hat der Papst in seiner SMS, die „beim Fasten helfen soll”, geschrieben, dass man eigentlich eh alles darf, solange man danach halt Gott um Vergebung bittet. Yay Katholizismus, yay Scheinheiligkeit, yay Grauzonen.

Neue Spielregeln:

– kein Fleisch (außer Fisch und Biber),
– keine Süßigkeiten,
– keine Säfte oder Limos mehr, nur noch Wasser und Wein,
– freitags nur Brot und Wasser,
– keine Serien oder Spielfilme,
– keine Lügen,
– kein Lästern,
– kein Shoppen beziehungsweise generell den Konsum einschränken,
– kein Kaffee oder Schwarztee.

Hanna auf Twitter: @HHumorlos.