Ein Jahrhundert nachdem Albert Einstein die Existenz der Gravitationswellen vorhergesagt hat, könnten wir heute Zeugen des ersten wahrhaftigen Beweises dieser Kräuselungen in der Raumzeit werden. Die Hoffnung auf einen solchen Durchbruch, der den Entdeckern auf direktem Wege einen Nobelpreis bescheren könnte, wird seit Montag dieser Woche mit einer Presseerklärung befeuert: Forscher vom Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory (LIGO) kündigten für den heutigen Donnerstag die Veröffentlichung eines „Status Reports” an, der einen Einblick in ihren aktuellen Forschungsstand geben soll.
„News vom LIGO, das klingt aufregend”, freute sich der Physiker Lawrence Krauss auch gleich bei Twitter. Krauss war es, der mit seinem voreilig getwitterten Flurfunk schon Mitte Januar die Gerüchte um eine Entdeckung der Gravitationswellen schürte. „Ich twittere keine Details vor Donnerstag. Nur noch zwei Tage bevor eine neue Ära in Astronomie und Physik beginnen könnte”, heizte er die Aufregung am Montag trotzdem noch einmal an.
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Die Augen der gesamten Wissenschaftswelt, aber auch aller Physikfans richten sich heute um 16:30 Uhr deutscher Zeit auf die Pressekonferenz, die parallel an den Standorten Washington DC, Livingston und Hanford stattfindet. Längst ist der Hashtag #Gravitationswellen auch in Deutschland Trending Topic.
Warum Gravitationswellen der heilige Gral physikalischer Forschung sind
Der Hype um die erwartete Offenbarung ist mittlerweile riesig—sollte das LIGO lediglich ein Routine-Update des aktuellen Forschungsstand verkünden, dürfte ein tiefer Seufzer des Bedauerns durch die Wissenschaftsgemeinde gehen. Sollte LIGO jedoch die Gerüchte bestätigen und eine Entdeckung der Gravitationswellen melden, handelt es sich um einen Meilenstein in der Astrophysik und eine der wichtigsten wissenschaftlichen Entdeckungen des vergangenen Jahrzehnts.
Gravitationswellen entstehen durch eine asymetrische Beschleunigung gewaltiger Objekte wie zum Beispiel die Explosion eines Sterns oder die Kollision zweier Schwarzer Löcher. Vergleichbar mit dem Effekt wenn ein Stein in ein stilles Gewässer fällt, löst solch ein gigantisches kosmisches Ereignis Wellen aus, die sich im All ausbreiten. Einstein hat die Existenz dieses Phänomen basierend auf den Erkenntnissen seiner Theorien zur Krümmung des Raums berechnet und in seine Allgemeine Relativitätstheorie eingebunden.
Obwohl die Gravitationswellen durch unglaubliche Kräfte erzeugt werden, sind sie extrem schwer nachzuweisen. Wissenschaftler konnten zwar schon verschiedene indirekte Beweise für diese Stauchungen und Dehnungen der Raumzeit vorlegen können, es konnte jedoch noch nie eine solche Welle in der Realität eingefangen werden. Bedenkt man, welch schwache Auswirkungen die Gravitation auf die Materie hat, ist das nicht verwunderlich. Es handelt sich schließlich um eine Kraft, die um ein Vielfaches schwächer ist als der Elektromagnetismus.
Die letzten ungelösten Rätsel der Relativitätstheorie
Diese Schwierigkeiten machten es dem italienischen Virgo Obervatorium und auch der ursprünglichen Version des LIGO unmöglich diese kosmischen Strömungen aufzuspüren, gleichzeitig kursierten jedoch auch immer wieder Falschmeldungen über angebliche positive „Sichtungen”.
rüstete umfassend nach gewaltige Laser-InterferometerTechniker am LIGA überprüft die Spiegel im Inneren der Anlage | Bild: Matt Heintze/Caltech/MIT/LIGO Lab | Gemeinfrei
Die Gravitationswellen sind der letzte, große Streich aus Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie, der auch nach einem Jahrhundert noch nicht direkt nachgewiesen werden konnte. Ihre Entdeckung würde nicht nur eine weitere Bestätigung des bahnbrechenden Werks Einsteins bedeuten, sondern könnte gleichzeitig auch theoretische Ungereimtheiten zwischen klassischen kosmologischen Theorien und der Quantenmechanik aufklären.
Und nicht nur das, ein Beweis der Gravitationswellen wäre auch eine Legitimation für die Existenz für das LIGO selbst. Die riesige, kostenintensive Anlage soll spätestens mit ihrer Nachrüstung entscheidende Daten zur Beschaffenheit des Universums liefern. Mit Hilfe von Teleskopen können wir zwar bis in die verstecktesten Ecken des Alls hineinblicken, doch die Musik, die dort spielt, die Gesetze, die dort herrschen, die physikalischen Verhältnisse, das Verhalten der Materie, die sich dort befindet, können wir noch immer nicht ausreichend analysieren.
Anlagen wie das LIGO sollen das ändern—und die technischen Senoren sein, die unsere Augen und Ohren für das große Unbekannte öffnen und mit denen wir die unendlichen Weiten des Universums besser verstehen.