Der Wu-Tang Clan sind die Beatles ihrer Generation

Die Beatles waren ohne Zweifel die größte Band aller Zeiten. Sie beeinflussten alles und jeden, verdienten tonnenweise Geld und ihre Musik wird bis heute verehrt. Es werden aber immer wieder Klagen laut, dass die heutige Generation keine Beatles hat. Falsch. Hast du je vom Wu-Tang Clan gehört? Diese New Yorker HipHop-Institution hat in der Musikgeschichte ihren unauslöschlichen Fußabdruck hinterlassen und nebenbei auch viel mehr mit den Fab Four gemein, als du vielleicht denken würdest.

Die Ursprünge

Sowohl die Beatles, als auch der Wu-Tang Clan sind beide aus widrigen und unwahrscheinlichen Umständen hervorgegangen. Wer hätte gedacht, dass vier Working Class-Teenager aus Liverpool so unglaublich talentiert sind und dann auch noch zehn Jahre lang zusammen in einer Band spielen? Ganz ähnlich könnte man auch sagen, dass so etwas wie neun Jungs aus New York, die sich zusammentun und zur größten HipHop-Supergroup aller Zeiten werden, etwas ist, das wahrscheinlich nie wieder passieren wird. The WU, direkt aus dem sozialen Wohnungsbau, und die Beatles mit ihrem bescheidenen Working-Class Hintergrund demonstrierten beide, dass sie das Talent und Potential hatten, die Welt im Sturm zu erobern.

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Game Changer

Der Erfolg von „I Want To Hold Your Hand“ der Beatles wird als der Startschuss für die sogenannte British-Invasion Mitte bis Ende der 60er Jahre gesehen. Die erste Nummer eins-Single der Band in den USA rückte den Fokus des Pop nach England.

In den frühen 90ern wurde der Mainstream-Rap von G-Funk dominiert: Dr. Dre, Snoop Dogg, Tupac und Konsorten machten den amerikanischen HipHop sehr West Coast-lastig. Biggie mischte zwar auch mit, aber es war dann erst die Wu-Tang-Explosion, die die East Coast und New York wieder zu einer wahren HipHop-Größe machte. Die amerikanische Taufe der Beatles bei der Ed Sullivan Show brachte ihnen die plötzliche Aufmerksamkeit der ganzen Welt. Auch der Wu-Tang Clan machte unglaublich schnell von sich reden, indem sie dem Mainstream den Stil und das Storytelling des Underground näher brachten.

Fernöstliche Philosophie

Beide Bands sind stark von fernöstlichen Kulturen und Philosophien geprägt. Bei Wu-Tang ist das schon im Namen sofort erkennbar. Auch zwischen den ganzen Sampeln aus Low-Budget Kung-Fu Filmen adaptierten sie viel von der Ideologie und den Werten der chinesischen Kultur—beim Clan ging es vom Anfang bis zum Ende um nichts anderes. Die Beatles wiederum begeisterten sich unter Anleitung von Ravi Shankar für indische Spiritualität und Kultur. Das wirkte sich so sehr auf ihren eigenen Stil und ihr Verhalten in der Öffentlichkeit aus, dass es zunehmend schwer wurde, in ihnen noch die vier englischen Pilzköpfe von früher zu sehen.

Style

Die Debütalben beider Künstler spiegelten wider, wo sie sich zu der Zeit befanden und wurden mit jeweils minimalen Ressourcen produziert. Es dauerte nur einen Tag und kostete gerade einmal 400 Pfund, um Please Please Me aufzunehmen. Wu-Tangs Enter The Wu-Tang (36 Chambers) kostete nur 300 Dollar. 36 Chambers hat einen ungeschliffenen DIY-Sound, der reflektierte, wie die WUs damals lebten. Da, wo Wu-Tang sich von den populären Jazz und Soul-Sampelbeats entfernten, experimentierten die Beatles mit ungewöhnlichen Instrumenten und Klanglandschaften.

Wu-Tang hatten ihre klangliche Identität von Anfang an schon festsehend, die Beatles jedoch brauchten eine Weile, um die Popnormen zu überwinden und zu einem Punkt zu kommen, an dem sie Platten mit einem stimmigen, wenn auch sehr eigenwilligen Sound machten. Rubber Soul, Sgt Pepper’s und Revolver haben sich alle auf jeweils ganz eigene Weise, ihren verdienten Platz in der Musikgeschichte als bahnbrechende Alben verdient—sei es klanglich oder kulturell. Im Blindtest könnte man sogar fast meinen, dass man es hier mit verschiedenen Bands zu tun hat.

Jeder Kick und jedem Verse auf 36 Chambers kannst du die Armut und Verzweiflung anhören. Während allerdings das White Album der Beatles den Höhepunkt ihres Schaffens darstellte, ließ sich bei den letzten Produktionen mit Ol Dirty Bastard hingegen schon ein Gefühl von Endlichkeit oder baldigem Niedergang raushören.

Kollaborationen

Es gibt eigentlich niemanden, mit dem Paul McCartney nicht zusammengearbeitet hat—darunter auch eine Nirvana-Show mit Paul an Kurts Stelle und ein Projekt mit Yeezy. Alle anderen Mitglieder, die nicht Ringo heißen, waren ebenfalls alles andere als untätig. Dazu gehörten auch Kollaborationen mit Visionären wie Phil Spector und Eric Clapton. RZA wiederum ist das leuchtende Vorbild des WU. Er arbeitet eng mit Quentin Tarantino und Robert Rodriguez zusammen an Soundtracks, aber auch als Schauspieler.

Todesfälle

Die Ermordung John Lennons geschah zwar in der Post-Beatles-Ära, aber genau zu der Zeit, in der Lennon einige seiner besten musikalischen Beiträge und Kulturkritiken äußerte. Als mit George Harrisons viel zu frühen Krebstod auch das spirituelle Element der Band verstarb, blieben nur noch Starr und McCartney übrig, um die Fackel der Band weiter hochzuhalten. Die Wings waren dann aber doch ziemlich beschissen—vor allem wenn man bedenkt, wie talentiert McCartney eigentlich ist.

Ol Dirty Bastards Tod überraschte wohl nur die wenigsten Menschen, wenn man seinen Lebensstil und seine offensichtlichen Drogenprobleme in Betracht zieht—aber sein Tod hinterließ einen tiefen Graben im Clan, einen der schließlich zu seinem Ende führen sollte. Die restlichen WUs produzieren zwar noch weiter Musik, aber das dann unter großer Geheimhaltung, nur einmal gepresst und nicht so einfach zu bekommen.

Das Erbe

Beide Gruppen haben der Muskgeschichte ihren fetten Stempel aufgedrückt. Harrisons und Lennons—und zu einem geringeren Anteil auch McCartneys—Soloprojekte waren durchaus von Bedeutung und Ghostface und Raekwon produzieren noch immer mit den besten HipHop, den die Welt zu bieten hat. Auch RZA macht weiterhin großartige Arbeit als Musiker und Schauspieler. Die Diskografien beider Bands bleiben auch weiterhin zeitlose Meisterwerke und es wird wohl niemand wirklich bestreiten, dass wir es hier mit einflussreichen Meilensteine der Musikgeschichte zu tun haben. Klar, gab es auch noch die Wings, aber wie für die Soloprojekte von U-God, Inspectah Deck und Masta Killah gilt auch hier: Je weniger darüber gesprochen wird, desto besser.

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