Die Menschheit ist so besessen vom Konzept der Schönheit, dass wir quasi ständig alle Hebel in Bewegung setzen, um unsere Makellosigkeit und ewige Jugend zu bewahren. Und so rasieren, wischen, reiben, cremen, schäumen, schrubben, füllen, injizieren und färben sich sowohl Männer als auch Frauen die Hässlichkeit weg. Die Göttin der sündhaften Schönheitsrituale ist dabei ohne Zweifel Kim Kardashian, deren Instagram-Bilder ein Beleg dafür sind, wie weit wir Menschen gehen, um hübsch auszusehen.
Aber auch ich habe mir schon mal die Haare mit Essig gewaschen. Normalerweise mache ich so etwas ja nicht, aber meine Großmutter erzählt mir immer davon, wie sie ihr Haar damals, als man noch kein Shampoo und keinen Conditioner zur Verfügung hatte, immer mit Essig oder Zitronensaft gewaschen hat. Und damit ist sie nicht alleine: Auch Scarlett Johansson nutzt Essig, um ihr gutes Aussehen zu erhalten. Beim Gespräch mit meinen Kollegen wurde dann offensichtlich, dass wohl jeder Mensch eigene Schönheitstricks auf Lager hat: Joghurt mit Zucker gegen Cellulite, Avocados gegen trockene Haut oder tiefgefrorene Löffel gegen Tränensäcke. Der Trick, der jedoch alles toppte, kam vom spanischen i-D-Online-Redakteur: Scharfe Soße auf die Lippen schmieren, damit sie auch ohne Lippenbalsam „schön rot und voll” erscheinen. Diese Vorstellung gefiel mir und deshalb entschloss ich mich dazu, das Ganze auszuprobieren.
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Nachdem ich mir im Supermarkt um die Ecke eine Flasche Sriracha-Soße gekauft hatte, benetzte ich meine Lippen mit dem roten Teufelszeug. Aufgrund der Sprödheit brannte das Ganze dann doch stärker als erwartet, aber meine Lippen schwollen auch direkt an—viel einfacher und wohlschmeckender als die sogenannte #kyliejennerchallenge, bei der Frauen Videos in den sozialen Netzwerken hochladen sollten, in denen sie mithilfe eines Schnapsglases und Unterdrucks so volle Lippen wie Kylie Jenner bekommen sollen.
Diese Challenge wollte ich jetzt nicht unbedingt ausprobieren, aber dafür hatten es mir andere Promi-Schönheitstipps, die besonders exzentrisch und extrem anmuten, umso mehr angetan. Ich meine, wer sollte sich denn auch schon besser mir dem Thema Schönheit auskennen als Menschen, die dafür bezahlt werden, gut auszusehen? Und so opferte ich mich im Namen des Investigativ-Journalismus und rieb mich mit Tierplazenta ein, ließ Schnecken über mein Gesicht laufen, badete in Essig und Zitronensaft, behandelte meine Zähne mit Erdbeeren, schmierte Hämorrhoiden-Creme unter meine Augen und unterzog mich einer PRP-Therapie (ich ließ mir im Grunde also Blut ins Gesicht injizieren).
Plazenta auf den Augen
Plazenta—egal ob nun menschliche oder tierische—scheint wohl das Kollagen anzuregen. Zwar verursachte die Vorstellung davon, mir eine blutige Nachgeburt auf die Haut zu legen, bei mir schon ein ziemlich flaues Gefühl in der Magengegend, aber wenn diese Praxis von Kim Kardashian, Harry Styles und Victoria Beckham empfohlen wird, dann muss ja wohl auch was dran sein. Selbst Madonna hat das Ganze schon ausprobiert, obwohl sie dabei nur auf mit Plazenta angereicherte Cremes zurückgriff. Mit einem solchen Kompromiss wollte ich mich jedoch gar nicht erst abgeben—wennschon, dennschon.
Es war dann allerdings keine leichte Aufgabe, an richtige Plazenta zu kommen. Zwar rief ich eine ganze Reihe an Tierärzten an, musste dann aber schnell feststellen, dass die Frage nach Plazenta in den meisten Fällen mit einem sofortigen Auflegen des Hörers quittiert wird. Bei einer Pferdezucht hatte ich jedoch Glück, denn dort war man gar nicht mal so überrascht darüber, dass ich die Mitarbeiter um Plazenta bat. Nein, sie meinten sogar direkt, dass ich vorbeikommen und mich bei der Geburt bedienen sollte, die noch am gleichen Tag stattfand.
Als ich dort ankam, war das Fohlen schon einige Stunden alt und dazu noch riesig. Die freundlichen Pferdezucht-Mitarbeiter erklärten mir dann, dass das Tier noch keinen Namen hätte und aufgrund des Systems irgendetwas mit dem Anfangsbuchstaben O heißen müsste. Und dann passierte die tollste Sache der Welt: Ich wurde gefragt, ob ich die Patin der jungen Stute sein und sie benennen wollte. Und so taufte ich das Tier auf den Namen Olympia.
Die Plazenta von Olympias Mutter wurde in einen Plastikeimer verfrachtet, den ich mit nach Hause nahm und schnell in meinen Kühlschrank stellte, wo er dann über Nacht neben Soja-Shakes, Radieschen und Karotten verweilte. Als ich das Ganze am darauffolgenden Tag wieder herausholte, schlug mir direkt ein strenger Verwesungsgeruch entgegen—so etwas Ekelhaftes hatte ich bis dato nur selten gerochen. Es gab jedoch kein Zurück mehr. Mit der Hilfe meines Freunds Gonzalo schnitt ich das Stück Plazenta ab, das ich dann auch auf mein Gesicht legen sollte. Dabei fiel es uns nicht leicht, ein Stück auszuwählen.
Ich harrte ein paar Minuten mit der Plazenta auf meiner Augenpartie aus und versuchte, nicht über den fiesen Gestank nachzudenken—und darüber, wie feucht, klebrig und allgemein albtraumhaft die ganze Angelegenheit eigentlich war.
Schließlich hatte ich genug und rannte mit blutverschmiertem Gesicht ins Badezimmer, wo ich mich fast übergeben musste. Zum Glück blieb mein Klo verschont. Ich sah jedoch auch nicht viel jünger aus. Eigentlich blieb mir von diesem Experiment nur ein komischer Geruch in der Nase sowie ein mit Blut verschmierter Kühlschrank zurück. Um mich zu beruhigen und sicherzugehen, dass ich mich nicht umsonst so gequält hatte, rief ich anschließend bei Dr. Marisa Manzano, einer Schönheitschirurgin bei der Antiaging Group Barcelona, an. Ihre Antwort fiel leider ziemlich ernüchternd aus.
So meinte sie zu mir: „Cremes, die tierische und pflanzliche Stammzellen beinhalten, sind pure Abzocke, denn es ist nicht wissenschaftlich erwiesen, dass sie wirklich die gewünschte Wirkung haben. Unser Immunsystem ist viel komplexer als das der Tiere. Wenn man sich tierische Plazenta aufs Gesicht legt, bringt das überhaupt nichts, denn unser Gewebe kann die Wirkungsstoffe des Ganzen gar nicht aufnehmen.”
Schnecken im Gesicht
Die Erklärung der Ärztin ließ mich an meinem Plan, mein Gesicht mit Schneckenschleim zu behandeln, doch etwas zweifeln. Aber dann entschloss ich mich dazu, mich nicht von der fachmännischen Einschätzung beeinflussen zu lassen, denn auf jeden Arzt mit Bedenken kommt mindestens ein Promi, der von der Wirkung seiner Beauty-Tipps überzeugt ist.
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Nach mehreren Tagen ohne Regen sollte sich die Suche nach Schnecken, die auf meinem Gesicht abhängen wollten, jedoch als ziemlich schwierig erweisen. Also habe ich mich auch in Lebensmittelläden umgesehen, denn ich weiß, dass es auch Menschen gibt, die diese Tiere kochen und essen. Ich persönlich habe zwar noch nie eine Schnecke verspeist, aber in meinem Kopf schmecken sie wie Kaugummi. Schließlich fand ich sogar zwei verschiedene Arten: einmal Schnecke in Soße und einmal gefroren. Ich entschied mich für die zweite Variante, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass Soße meinem Gesicht so gut tun würde. Katie Holmes hat wohl schon mal davon erzählt, wie gerne sie ihre Haut mit Schneckenschleimcreme behandelt, und das Ganze ergibt ja auch irgendwie Sinn, denn ein Schnecke ist in der Lage, ihre Schale selbst zu reparieren. Leider zeigte es keine Wirkung, als ich mein Gesicht mit gefrorenen Schnecken einrieb. Also mussten ein paar lebende Exemplare her.
Als es dann endlich mal geregnet hatte, fand ich auch direkt ein paar Schnecken auf den Treppen vor meinem Haus. Ich lud die Tiere dann zu mir in die Wohnung ein, wo sie nach Herzenslust über mein Gesicht spazieren durften.
Eine der Schnecken war dabei vor allem auf meiner Stirn unterwegs, während die andere eher eine Vorliebe für mein Kinn hatte. Ich half meinen beiden neuen Freunden auch immer wieder in ihre vorherige Position zurück, wenn sie von meinem Gesicht zu fallen drohten. Nach einiger Zeit hatte ich dann genug und mein Antlitz fühlte sich richtig klebrig und starr an. Nachdem ich mich gewaschen hatte, machte sich jedoch ein sauberes und glattes Gefühl breit—ein gewisser Grad an Schleimigkeit ließ sich allerdings nicht entfernen. Ich frage mich, ob hier nicht auch etwas Wunschdenken mit im Spiel war, wenn man bedenkt, dass ich mein Gesicht nun schon mit Pferdeplazenta und lebenden Schnecken behandelt habe. Ich kann nur so viel sagen: Meine Haut fühlte sich durch den Schneckenschleim doch ziemlich gut an.
Ein Bad in Essig und Zitronensaft
Am darauffolgenden Tag wollte ich mich dann noch weiter reinigen, indem ich meine Badewanne mit Wasser, Essig und Zitronensaft füllte—denn es stand ein Säurebad an. Essig und Zitrone sind dabei uralte Beauty-Geheimnisse und wurden schon von berühmten Persönlichkeiten wie etwa Karolina Kurkova, Scarlett Johansson und Hilary Duff angepriesen. Und so falsch können sie ja nicht liegen, wenn die beiden Sachen auch regelmäßig dazu genutzt werden, um alle möglichen Oberflächen zu reinigen und zu desinfizieren. Zitronen enthalten dazu auch noch Ascorbinsäure, also eine Form von Vitamin C, die viele positive Eigenschaften hat.
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Ich machte mir eigentlich nur Sorgen, dass es anfangen würde zu brennen, wenn ich in die Badewanne steige. Da ich doch recht stark zu Hautausschlägen neige, erwartete ich das Schlimmste: kleine Pickel, Flecken und Verbrennungen. Aber nichts davon trat ein. Zwar roch ich in den Tagen nach meinem Säurebad wie eine Schüssel Salat, aber meine Haare und meine Haut machten auch einen unglaublich geschmeidigen Eindruck. Und ich war echt froh, dass ich wirksame Beauty-Utensilien auch in meinem Kühlschrank vorfinde und dafür nicht zwangsläufig wieder bei der Pferdezucht vorbeischauen muss.
Zähneputzen mit Erdbeeren
Ich konnte es kaum erwarten, Catherine Zeta-Jones’ Schönheitstipp auszuprobieren: Zähneputzen mit Erdbeeren. Und so aß ich eine ganze Woche lang nur Erdbeeren, kaute auf ihnen herum und ließ den roten Mus auf meinen Zähnen verweilen. Dadurch sollte sich mein Zahnschmelz aufhellen, denn anscheinend entfernt die Fruchtsäure Flecken und lässt die Zähne wieder erstrahlen. Zwar schmeckte das Ganze meistens richtig lecker, aber weißer wurden meine Beißerchen dadurch leider nicht. Ich fand auf diesem Weg jedoch heraus, dass es da draußen Mutanten-Erdbeeren gibt, deren Samen so groß sind, dass sie unweigerlich in den Zähnen festhängen bleiben und man da nichts dagegen machen kann. Außerdem schmecken viele Erdbeeren entweder nach nichts oder nach Kork. Ich muss wohl mal meinen Obst- und Gemüsehändler wechseln.
Hämorrhoiden-Creme unter die Augen
Zwar würde ein normal denkender Mensch niemals auf die Idee kommen, sich eine Creme unter die Augen zu schmieren, die eigentlich für den Hintern gedacht ist, aber wenn Sandra Bullock das so macht, dann musste ich das Ganze natürlich auch ausprobieren. Als ich in die Apotheke ging, um mir eine Tube Hemoal zu kaufen, fragte ich die freundliche Angestellte, ob ich die Salbe auch gegen meine doch recht auffälligen Tränensäcke verwenden könnte. Als gute Verkäuferin fing sie natürlich sofort damit an, die vielen Vorteile des Produkts aufzuzählen—darunter auch die gefäßverengenden Eigenschaften zur Linderung von Reizungen und Entzündungen. Leider erklärte mir die Apothekerin dann auch noch, dass zwar viele Menschen solche Cremes auch erfolgreich unter ihren Augen anwenden, aber da meine Tränensäcke anscheinend mehr blau als verquollen sind, sollte ich mir lieber nicht zu viel erhoffen. Also schmierte ich mir eine Woche lang jeden Abend Hermoal-Salbe unter meine Augen. Und obwohl sich das Ganze doch recht erfrischend anfühlte, hatte ich nicht den Eindruck, dass sich meine Haut dadurch irgendwie bessern würde. Vielleicht war ich vom Kopf her einfach noch nicht bereit dazu, mein Gesicht mit Arschcreme einzureiben.
Die Blutplättchen-Behandlung
Ich rief erneut bei Dr. Marisa Manzano an. Zwar bestätigte sie mir, dass Hämorrhoiden-Creme durchaus auch unter den Augen wirken kann, aber wenn ich meine Haut wirklich regenerieren wollen würde, dann müsste ich mich einer PRP-Therapie unterziehen. Diese Art der Therapie kommt zum Beispiel bei Knochenbehandlungen, Nervenverletzungen und Oral-OPs zum Einsatz, aber in der Klinik von Dr. Manzano wird das Ganze auch zur Gesichtsverjüngung genutzt.
Die Therapie läuft dabei folgendermaßen ab: Zuerst wird einem etwas Blut entnommen und durch eine Zentrifuge geschickt, in der das thrombozytenarme Plasma und die roten Blutkörperchen herausgefiltert werden. Das, was übrig bleibt, wird dann mit einem thrombozytenreichen Serum angereichert. Anschließend wird diese Mischung dann wieder zurück in den Körper injiziert. Die ganze Prozedur ist auch logisch, denn bei einer Wunde sind es ja die Blutplättchen, die die Hautregeneration unterstützen. Das Ziel der Therapie besteht darin, die Produktion von Kollagen und Vitaminen dort in Schwung zu bringen, wo die Nadeln angesetzt werden.
Kim Kardashian hat bei Instagram mal ein Selfie mit einer Maske ihres eigenen Bluts gepostet und obwohl sie dabei so aussieht, als sei sie gerade schlimm verletzt worden, macht sie doch noch irgendwie einen hübschen Eindruck. Ich musste das Ganze einfach selbst ausprobieren.
Als ich die Klink betrat, stellte ich mir die PRP-Therapie noch wie eine Art Peeling vor. Es sollte sich dann jedoch eher wie eine Art Botox-Behandlung herausstellen. Beim Anblick der Liege, der Zentrifuge und der Spritzen wurde mir dann doch etwas flau im Magen, aber bevor ich mich versehen konnte, war mein Gesicht schon betäubt und drei Reagenzgläser enthielten mein entnommenes Blut. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Die erste Nadel wurde direkt an einem meiner Tränensäcke angesetzt. Zwar wollte ich nicht hinsehen, aber es ging einfach nicht anders. „Da wird sich jetzt ein Bluterguss bilden!”, warnte mich Dr. Manzano. Und sie sollte recht behalten: Die Behandlung liegt nun schon geraume Zeit zurück und gewisse Spuren sind immer noch zu sehen.
Beim Verlassen der Klinik fühlte ich mich richtig entstellt. Wenige Tage später verschwanden die Blutergüsse dann jedoch so langsam und ich konnte tatsächlich einen Unterschied feststellen: Geschmeidigere und glänzendere Haut—und das vor allem unter meinen Augen. Da der Preis der PRP-Therapie allerdings irgendwo zwischen 300 und 700 Euro liegt, wäre es aber auch ziemlich komisch gewesen, wenn das Ganze nichts gebracht hätte.
Mein Fazit
Welche Schlüsse ziehe ich nun aus diesen ganzen Experimenten? Das Gesicht mit dem eigenen Blut aufzufüllen, bringt zwar etwas, ist jedoch auch ziemlich schmerzhaft und vor allem teuer. Hämorrhoiden-Creme tut im Vergleich nicht so sehr weh und wirkt schneller, ist letztendlich allerdings nicht so effektiv. Erdbeeren schmecken gut, aber die Zähne hellen sie leider nicht auf. Schneckenschleim zeigt ungefähr genauso wenig Wirkung. Falls du mit dem Brennen klarkommst, dann kannst du mit scharfer Soße auf den Lippen nichts falsch machen, und wenn du nichts gegen den penetranten Geruch eines Essigbads hast, dann werden sich deine Haare und deine Haut bei dir bedanken. Aber egal wie verzweifelt du in Bezug auf dein Aussehen auch sein magst, bitte klatsch dir niemals Plazenta ins Gesicht, denn das ist es einfach nicht wert.