Anfang 2011 brach der Arabische Frühling auch im Jemen aus—zeitgleich mit Tunesien und Ägypten gingen hier die Menschen auf die Straßen und protestierten gegen Präsident Salih. Ein Jahr lang tobten die Kämpfe gegen die Regierung, die für Korruption und Arbeitslosigkeit verantwortlich gemacht wurde, aber auch weil sie die Verfassung zu ihren Gunsten ändern wollte. Ende 2011 unterzeichnete der Präsident dann endlich ein Rücktrittsabkommen. Heute ist der Jemen noch immer von diesem Konflikt zerrüttet und wird regelmäßig zum Ziel amerikanischer Drohnen, die die starke Präsenz al-Qaidas bekämpfen sollen, die sich vor allem in Stammesgebieten ausbreitet.
Amira Al-Sharif ist eine der wenigen weiblichen professionellen Fotografinnen im Jemen. Als Frau im Jemen zu fotografieren, ist selbst nach der Revolution sehr gefährlich, da die Gesellschaft immer noch von patriarchischen Strukturen durchzogen ist. Frauen, die fotografieren, sind nicht gerne gesehen.
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Sie will mit ihrer Fotografie vor allem Frauen im Jemen zeigen, die ihrer Meinung nach in den Medien nicht richtig repräsentiert werden und deren Rolle in der arabischen Revolution verkannt wird. Da sie weder zu ihrer eigenen Ausstellung in Berlin kommen konnte (Visa sind sehr schwer zu bekommen), noch über Skype oder Telefon erreichbar war (Skype funktioniert im Jemen nicht und die Telefonverbindung ist sehr schlecht), haben wir uns über fast fünf Wochen E-Mails geschrieben. Dabei bekam ich nicht nur unglaubliche Momentaufnahmen des Arabischen Frühlings zu sehen, sondern erfuhr auch immer mehr über Amiras Leben und die Umstände, unter denen ihre Fotografien entstehen.
Doch nicht nur hinter, sondern auch vor der Kamera kann es als Frau im Jemen gefährlich sein. Frauen, die Amira fotografiert, schweben in Gefahr, in Konflikt mit ihrer Familie zu geraten. Amira erzählte mir, wie Männer oft versuchen, ihr die Kamera wegzureißen, und dass sie in manchen Gegenden von al-Qaida bedroht wird. Während der Revolution konnte sie nur mit männlichen Begleitern das Haus verlassen, von denen einer angeschossen wurde und einer spurlos verschwand. Amira hat dennoch einen ungebrochenen Willen zu fotografieren, obwohl die meisten ihrer Aufnahmen unter extremer Lebensgefahr entstanden sind. Die Fotos zeigen die arabische Revolution im Jemen und vor allem auch die Rolle, die Frauen dabei gespielt haben.