Die emotionalste Rede zur Seenotrettung kommt von einem neuen Grünen-EU-Abgeordneten

Grünen-Abgeordneter Erik Marquardt im Europäischen Parlament

Man kann Politikern und Politikerinnen vorwerfen, dass ihre Lebensrealität ziemlich weit von den Problemen der Gesellschaft entfernt ist. Aber nicht dem Grünen-Abgeordnete Erik Marquardt. “Ich habe das Leid gesehen”, sagt Marquardt, 31, neues Mitglied des Europäischen Parlaments am Mittwoch bei seiner ersten Rede im EU-Parlament. Als Fotojournalist begleitete er Geflüchtete auf ihren Routen in die EU. 2017 war er an Bord der Sea-Eye und begleitete die Crew bei ihren Seenotrettungseinsätzen im Mittelmeer. Marquardt weiß als vielleicht einziger EU-Abgeordneter, wie es aussieht, wenn Menschen hilflos im Meer treiben. Und diese Erfahrung hat er dem Parlament am Mittwoch in einer emotionalen Rede beschrieben.

“Und doch kann ich mir nicht vorstellen, wie es sich anfühlt, auf einem kleinen, überfüllten Schlauchboot zu sitzen.” Oder, sagt Marquardt, wie es sich anfühle, nicht schwimmen zu können. “Und alles, was man will, ist Luft. Und man sucht irgendwas, um sich festzuhalten. Aber man findet nichts (…), weil dort nur Wasser ist.”

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Dann macht Marquardt eine Pause, die rechte Faust geballt, die andere Hand hinter dem Rücken. “Und dann ertrinkt man. Leise, qualvoll. Im Mittelmeer.”

Marquardts Rede ist der vielleicht emotionalste Beitrag zur Seenotrettung und der Krise im Mittelmeer. Schätzungen zufolge starben dort zwischen 2014 und 2018 insgesamt über 17.000 Menschen beim Versuch, nach Europa zu flüchten. Die Entscheidungen europäischer Küstenstaaten und das fehlende Handeln der EU wurden in der Vergangenheit immer wieder kritisiert. Doch kaum jemand hat diese Kritik bisher so klar und niederschmetternd formuliert wie Marquardt.

Die Grünen-Fraktion teilte am Mittwoch einen fast zweiminütigen Clip der Rede bei Twitter. Marquardt fordert darin die EU auf, die Krise im Mittelmeer zu beenden. “Das Sterben kann so einfach verhindert werden”, sagt er. Allein in Deutschland gebe es über 70 Kommunen, die die Menschen aufnehmen würden. Gesetze dürften das Lebenretten nicht stärker bestrafen als das Sterbenlassen.

“Und wenn es Boote gibt, die retten können”, sagt Marquardt. “Dann lasst uns diese Boote verdammt nochmal schicken.”

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