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Einstein wäre stolz auf euch: Astrophysiker haben Gravitationswellen entdeckt

Es ist vollbracht. Ein Jahrhundert nachdem Einstein seine Allgemeine Relativitätstheorie veröffentlicht hat, haben Astropyhsiker nun endlich einen Beweis für die Existenz der von ihm vorhergesagten Gravitationswellen vorgelegt. Die Schwierigkeiten bei der Suche nach diesen Kräuselungen in der Raumzeit ließ die Wissenschaft sogar schon an der Richtigkeit von Einsteins These zweifeln—umso größer war der Hype in den Tagen und Stunden vor der heutigen Pressekonferenz.

Auch in Hannover hat das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik zum gemeinsamen Schauen des aus Washington gesendeten Livestreams geladen, der am Donnerstagnachmittag deutscher Zeit eine neue Epoche der Wissenschaft einläutet. Bereits jetzt sollten die Vertreter vor Ort ihre Gläser klingen lassen.

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„Ladies and Gentlemen. Wir haben Gravitationswellen nachgewiesen. Wir haben es geschafft!”—mit diesen epischen Worten eröffnete David Reitze, Leiter des LIGO, seine Rede bei der Pressekonferenz und verkündete die Entdeckung. „Ich glaube, wir öffnen das Fenster in eine Zeit der Gravitationswellenphysik.”

David Reitze bei der Pressekonferenz | Screenshot Youtube

Die im September 2015 in beiden Anlagen gemessenen Signale, mit denen die Forscher die Existenz von Gravitationswellen ablesen können. Screenshot: Livestream / YouTube

Die Forscherin Gabriela González erklärte sichtlich begeistert die ausgewerteten Messergebnisse der bereits am 14. September entdeckten Signale und spielte rauschende Aufnahmen der Gravitationswellen vor. Auch für sie ist die Entdeckung erst der Anfang neuer Forschungsprojekte: „Jetzt wo wir wissen, dass es die Wellen gibt, werden wir beginnen in das Universum zu hören”, freute sie sich vor einem gespannten Publikum auf der Pressekonferenz.

Die bei der Entdeckung federführende Anlage hatte erst im vergangenen Jahr ein umfassendes Upgrade verpasst bekommen: Nachdem man am Laser Interferometer Gravitational Wave Observatory (LIGO) lange Zeit vergeblich den Gravitationswellen nachspürte, verdichteten sich in den vergangenen Wochen die Hinweise auf einen Erfolg der Physiker.

Das LIGO besteht aus zwei gigantischen Detektoranlagen, welche sich in 3.000 Kilometer Entfernung in Hanford (Washington) und Livingston (Louisiana) befinden. Beide Anlagen besitzen ein L-förmiges Ultrahochvakuumsystem mit einer Schenkellänge von jeweils vier Kilometern in dem sich ein Laser-Interferometer befindet. Ein Interferometer ist ein Gerät zur Feststellung von Interferenzen, also Überlagerungen von Wellen—solche Interferenzen lassen sich unter anderem im sichtbaren Licht, aber auch in Röntgen- und UV-Strahlung oder auch Mikro- und Radiowellen messen.

Das Observatorium in Hanford | Bild: Caltech/MIT/LIGO Laboratory | Gemeinfrei

Ein Techniker des LIGO in einem Schenkel des Interferometers | Bild: Caltech/MIT/LIGO Lab | Gemeinfrei

Auf Grund der Entfernung der beiden Observatorien sollen die beiden Interferometer die eigentliche Quelle der Interferenz am Himmel orten können. Der Gedanke dahinter ist, dass sich die Gravitationswellen mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten und sich anhand der Signale, die die Interferometer aufzeichnen und dem Laufzeitunterschied zwischen den beiden Messstationen die Position des Ursprungs der Wellen im All bestimmen lassen kann.

Der Physiker Rainer Weiss erklärt das Prinzip der Gravitationswellen mit Hilfe eines Pendels. Screenshot: Livestream / YouTube

Gravitationswellen sind Wellen in der Raumzeit, die entstehen, sobald Körper mit einer großen Masse stark beschleunigt werden. Das kann bei einer Supernova oder der Vereinigung zweier Schwarzer Löcher geschehen. Diese Wellen breiten sich in der Raumzeit aus, welche von Einstein als eine einzige Variable in einer vierdimensionalen Welt angesehen wurde. Während die Wellen das All mit Lichtgeschwindigkeit durchqueren, sorgen sie für vorübergehende Stauchungen oder Streckungen in der Raumzeit.

„Wenn Einstein die Technologie zur Verfügung hätte, die wir heute haben—ich bin mir sicher: Er hätte LIGO erfunden”, erklärt Rainer Weiss auf der launigen Pressekonferenz.

Die Entdeckung der Gravitationswellen läutet eine neue Forschungsepoche ein. Ihre Messung kann als Fenster in längst vergangene Zustände des Weltalls dienen und sogar den Urknall hörbar machen—Gravitationswellen verschwinden nie wenn sie einmal ausgelöst wurden und dürften der Physik in den kommenden Jahren so noch viele neue Erkenntnisse bieten.