Vor einer Weile haben wir eine Liste mit den unsexyesten Fehltritten der Dance-Musik zusammengestellt. Darin fanden sich Gabber, EDM und Mousse T wieder. Nachdem wir damit fertig waren, haben wir sechs Monate beinahe ohne jegliche Libido verbracht. Zum Glück, lieber Leser, ist das jetzt vorbei und wir haben—schlechte Austin-Powers-Anspielung—unser Mojo wiedergefunden. Das verdanken wir zehn Platten. Den ungezogensten, laszivsten und ganz einfach versautesten Momenten der Dance-Musik, die dich alle garantiert von Anfang bis Ende unkontrolliert (und unangenehm) ins Schwitzen bringen. Und wenn du dir von zwei schlaksigen, blassen, etwas unbeholfenen Musikjournalisten nichts über Versautheit erzählen lassen kannst, von wem dann?
Was wir für dich haben, ist eine Mischung aus Grandiosem und Lächerlichem. Es gibt Geheule und Geflüster, Geschmackloses und Subtiles. Warum schreibst du nicht deinem Schwarm, schiebst ein oder zwei Tiefkühlpizzen in den Ofen, stellst einen prickelnden Schaumwein kalt, breitest eine Decke aus und legst diese Tracks auf. Befriedigung garantiert.
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Maurice Joshua – I Gotta Big Dick
Sexy Versautheit muss nicht clever sein; das war noch nie so zutreffend wie für das Vocal-Sample, das durch diesen Maurice-Joshua-Track wabert. Wie der Titel schon andeutet, wiederholt das Sample einfach „I gotta big dick”. Immer wieder. Von einem psychoanalytischen Standpunkt gesehen, wäre der Track wahrscheinlich so zu deuten, dass der Sänger des Samples einen Minderwertigkeitskomplex in Phallusform entwickelt hat und Acid House als eitle, egomanische Plattform nutzt, um sein Selbstbewusstseins durch öffentliche Proklamation ins rechte Licht zu rücken, während er gleichzeitig seinen Wunsch nach Aufmerksamkeit und/oder Zustimmung von potentiellen Sexualpartnern bedient. Entweder das oder er hat einen riesigen Schwanz.
A Black Girl Named Sally – Say You Love Me
Zweifellos die erotischste Platte, die jemals auf Vinyl gepresst wurde. Wir wussten nicht viel über Sally, außer, dass diese verführerische, sinnliche, aufreizende kleine Nummer ein Deep-House-Meisterwerk ist. Es ist eine Platte über weibliches Verlangen, weibliche Kontrolle und die Zurückeroberung von Dominanz im sexuellen Kräfteverhältnis. Es klingt also wie eine Sache, über die Schreiberlinge gerne diskutieren, die aber eigentlich ziemlich unterirdisch klingt, wenn du sie dir ganz anhörst. Erfreulicherweise ist Sallys Aufruf kaum zu überbieten. Es gibt orgasmisches Gewimmer, ein pulverisierendes, tiefes Stampfen und Stoßen und eine Stimme, von der du nie genug bekommst. Und jetzt alle: „Your wish is my command/your wish is my command/your wish is my command/l-l-l-let me take you to ecstasy…” Subtilität ist sexy, oder? Ruhig, aber effektiv versaut. Das ist das Dance-Pendant zum diskreten Fick am Sonntagmorgen, nur mit weniger Toast-Krümeln und schlechtem Fernsehprogramm.
DJ Flint – Denial #69 (DJ Milton Remix)
Keine Liste, die den Anschein von Versautheit erwecken soll, wäre vollständig, wenn sich nicht ein heiseres, wildes, unflätiges, versautes und vulgäres Stück Dance-Mania-Magie darin wiederfinden würde. Als eines der wohl ungehobeltsten Plattenlabels überhaupt—und seien wir ehrlich, auch eines der besten—hat sich Dance Mania auf hypersexualisierten, extrem freimütigen Ghettotech, Booty Bass und alle anderen Arten von steifen, zuckenden und wogenden Club-Mechanismen spezialisiert. DJ Flints Original und der bessere Remix teilen dieselbe Süffisanz: Eine Erzählerin, die gegenseitigen Oralsex verlangt. Durchaus ein Argument, denn wie Pornos—und wenn wir Glück haben auch das echte Leben—uns beigebracht haben, ist es immer besser, wenn alle mitmachen. Es ist ein Klassiker zum Mitsingen („TRICK DON’T WASTE MY TIME/IF YOU DO NOT 69/COS I WILL NOT SUCK THE D/IF YOU DO NOT LICK THE P”) und wenn er zur richtigen Zeit gespielt wird, bringt er den Club zum Kochen. Solltest du allerdings nicht bei deinem ersten Set im Gemeindezentrum spielen, wenn deine Mutter zur Unterstützung da ist.
DJ Assault – Dick by the Pound
Genau wie Dance Mania darf natürlich DJ Assault in dieser List nicht fehlen. Wir konnten uns nur schwer zwischen „Ass n Titties”, „Nut In Your Eye” und dieser charmanten Nummer entscheiden. Letztendlich hat uns die verspielte Mann-/Frau-Interaktion dieses Klassikers überzeugt. Es ist eine einfache Geschichte einfach erzählt: Mann prahlt mit seinem großen Penis, Frau prahlt mit ihrer Vagina und alle gehen mit einem Lächeln. Die Freude an dieser Platte rührt daher, wie schrecklich explizit sie ist. Es ist eine Welt ohne Metapher, ein vollständig ausgeglichenes sexuelles Spielfeld. Sein „dick is kinda thick”, ihre „pussy is so hairy”, sie sagt zu ihm „I make your dick cum all night” und er zu ihr: „I make you come like a motherfucker”—ist das nicht reizend? Endlich Harmonie.
Jam & Spoon – My First Fantastic FF
Vor Jahren haben wir die von Optimo zusammengestellte R&S-Best-of zu Weihnachten bekommen. Das war ein Gamechanger—diese enormen, donnernden, klirrenden, tiefen, widerspenstig verdrogten, aufgewühlten, von Acid zersetzten Kracher aus dem Techno-Glutofen waren die perfekte Einführung in die urtümlichsten Freuden frühen Technos. Unsere Naivität brachte uns für den Moment dazu, Jam & Spoon mit T-Spoon von „Sex on the Beach” zu verwechseln, was diese Platte noch beängstigender machte. Das „FF” im Titel steht ganz kokett für „Fist Fuck”, was ein Indiz dafür ist, in welche Richtung wir uns hier bewegen. Das ist die Berghain-Experience—die verhüllende Dunkelheit, die Darkrooms, die Peitschen und Ketten, das Leder und die Poppers—aus einer Zeit ohne Berghain. Es ist unglaublich belebend und merkwürdig erregend. Wenn der Track von Black Girl Named Sally oben ein sonniger Sonntagsfick ist, dann ist das hier ein wogender, harter, brutaler Fick—es ist eine Platte, die zusammen mit einem Codewort kommen sollte.
Lil Louis – French Kiss
OK, ja, du hast recht, letztes Jahr haben wir das hier als die unsexyeste Platte aller Zeiten gekürt. Wir lagen aber falsch und das können wir jetzt zugeben. Weißt du, letztes Jahr kannten wir diese Platte nur als die 12″, die wir mal zu Hause gespielt haben und aus Angst verstecken mussten, dass unsere Mutter die Treppe hoch stürmt, sie in zwei Teile zerbricht und uns ins Kloster steckt. Aber mittlerweile fühlen wir uns erwachsener, wir sind gewachsen und sexy und wir haben gehört, wie Lil Louis dies vor einer Wiese voll attraktiver Pariser gespielt hat und alles hat sich verändert. Fick dich, Mama. Eine schöne Sauerei, zu der deine Eltern es merkwürdigerweise wahrscheinlich getrieben haben.
DJ Funk – Pussy Ride
Ein wenig Hip-House-Ghetto-Tech aus Chicago mit einem wirbelnden Beat, der ungefähr so hart und schnell ist wie die vorgeschlagenen Aktivitäten im Zentrum des Gesangs. „Don’t you wanna pussy ride?”, ist keine Frage, die uns persönlich schon gestellt wurde, aber man kann nicht leugnen, dass sie eine schön dreckige Hook abgibt. Wir sind ein wenig in Verlegenheit geraten, als es darum ging, einen Track von DJ Funk für die Liste auszuwählen—„Da Booty Perk-U-Later” verdient eine Erwähnung—aber als es darauf ankam, hat kein anderer Track uns die Röte ins Gesicht getrieben wie dieser. Und er ist nur 1:56 Minuten lang! Sorry dafür, normalerweise sind wir nicht so schnell.
Loose Joints – Is It All Over My Face
Sag uns, ob wir uns zu viele Gedanken machen, aber „Is it all over my face? You caught me love dancing” ist ein wenig zweideutig, oder? Nur ein bisschen. Vielleicht ist mit dem „it” gemeint… du weißt schon. Und vielleicht bedeutet das „love dancing” eigentlich… du weißt schon. Arthur Russell, der dieses schummrig dreckige Disco-Stück geschrieben und produziert hat, hat es als „Hymne zum Cruisen” beschrieben. In Anbetracht dessen bleiben wir bei der Originalversion mit männlichen Vocals, um den ursprünglichen, heißen Status als Hymne für schwule Männer in New York zu bewahren. Larry Levan hat anschließend weiblichen Gesang genommen und der Track wurde (mit den Worten eines Kollaborateurs von Russell) „eine langweilig heterosexuelle Geschichte… obwohl es eigentlich eine Schwulenhymne sein sollte.”
DJ Rashad – Freakin Me on the Flo
„Freakin me on the flo” ist einer dieser anspielungsreichen Sätze, der sicher etwas Dreckiges bedeutet—wir sind uns nur nicht hundertprozentig sicher was. Die Zeile stammt aus dem Song „Drop & Gimme 50″ von Mike Jones ft. Hurricane Chris, der etwas weniger vage in seinen Absichten ist und mit Zeilen wie „Now put yo right hand in the air, put the left one in yo underwear, now tickle dat cat, tickle dat cat” aufwartet. In den Händen von Rashad und mit einem stimmungsvollen, aufblühenden Synthesizer unterlegt, verbreitet das Ganze ein etwas subtileres Flair.
Moodymann – Freeki Mutha F cker
Die Versautheit dieses Track ist nur allzu real. Wir können nur annehmen, dass der Gesang wirklich außer Atem während eines Post-Koitalen-Bettgesprächs aufgenommen wurde. Die Lautstärke des Sprechens, der schläfrige, sinnliche Ton, in dem gesprochen wird, sowie die sanft pulsierende Basslinie—das ist beinahe unangenehm sexy. Besonders wenn man bedenkt, dass ich gerade mit Kopfhörern in einem Großraumbüro sitze und versuche, mich auf einen Nudelsalat zu konzentrieren, während ich das hier schreibe.
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