“Iris war nicht anders als wir. Sie war auf jeden Fall eine von uns.”
Rote-Flora-Aktivistin (2014, im Interview mit VICE )
In der Hamburger Autonomen-Szene schlug die Enthüllung ein wie eine Bombe: Iris Schneider, die langjährige Vertraute, Aktivistin und – für manche – Geliebte, war nicht real. Die ganze Identität dieser Frau war eine Lüge, entworfen am Reißbrett des Hamburger Landeskriminalamts.
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Und die Lüge funktionierte außerordentlich gut: Über vier Jahre war Iris Schneider, die eigentlich einen anderen Nachnamen hat, in der Szene um das autonome Zentrum Rote Flora aktiv. Sie leitete Diskussionen, engagierte sich in einer queeren Kickbox-Gruppe und machte bei Demonstrationen mit – mindestens einmal so energisch, dass sie dafür sogar eine Anzeige kassierte. Und: Sie knüpfte in der Szene Kontakte, Freundschaften – und sogar Liebesbeziehungen, und zwar mit mehreren Frauen.
Als die Lüge dann aufflog, arbeitete Iris längst wieder als normale Polizistin. Aber für ihre Freunde und Weggefährtinnen brach eine Welt zusammen. “Es ist, wie wenn jemand stirbt”, sagt eine ihrer Ex-Freundinnen. Den Wunden, die diese Täuschungen hinterlassen haben, haben die Filmemacher Hannes Obens und Claudia Morar jetzt einen Film gewidmet. Im inneren Kreis lässt die Opfer zu Wort kommen. Jene von “Iris Schneider” und jene von einem Stuttgarter LKA-Beamten, der sich 2010 in Heidelberg ein Jahr lang als Student ausgegeben hatte, um sich dort in linke Studenten-Kreise einzuschleusen.
Als die Szene in Hamburg damit beschäftigt war, den von Iris angerichteten Schaden aufzuarbeiten, kamen die nächsten Schläge: In den nächsten zwei Jahren wurden zwei weitere verdeckte Ermittlerinnen enttarnt, die über Jahre in der Szene aktiv gewesen waren – teilweise sogar gleichzeitig. Eine von ihnen, “Maria Block”, hatte ebenfalls Sex mit Männern aus der Szene.
In Hamburg haben diese Fälle für Polit-Skandale gesorgt. Linke Politiker werfen der Hamburger Polizei eine krasse Überschreitung ihrer Kompetenz vor, in manchen Fällen hat die Polizei das dann auch eingeräumt. In dem Fall an der Heidelberger Uni hat ein Gericht mittlerweile geurteilt, dass der Einsatz rechtswidrig war.
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Welcher Art die Informationen waren, die die Ermittler bei ihren Einsätzen sammeln konnten, und ob sie für die Polizei von Nutzen waren, ist bis heute nicht bekannt. Der Schaden, den die jahrelange Täuschung bei den Opfern angerichtet hat, ist dagegen nicht zu leugnen. “Ich frage mich, wer könnte auch falsch gewesen sein”, sagte einer der Männer, mit dem die verdeckte Ermittlerin “Maria Block” eine Beziehung hatte, der Süddeutschen Zeitung. “Es untergräbt mein Selbstvertrauen.”
Der Film Im Inneren Kreis ist am 10. Juni angelaufen und tourt in den nächsten Wochen durch ganz Deutschland. Wo er in deiner Nähe läuft, kannst du hier erfahren.