Diese Lebensmittel-Fotografin hat es satt, dass ihre Bilder geklaut werden

Seit 2012 fotografiert Brittany Wright Essen. Damals verdiente sie noch mit Computer-Reparatur ihren Lebensunterhalt, die Fotos waren nur ein Hobby.

Aber Essen hatte sie schon immer fasziniert. Sie wuchs im kalifornischen San Diego auf, ihre Großeltern waren Südstaatler. So stand schon immer Cajun-Essen auf ihrem Speiseplan, und Wright bemerkte, dass die anderen Kinder in der Schule neugierig wurden: Sie hatten noch nie Gumbo, Okraschoten oder Grits, also Maisgrütze, gesehen – geschweige denn probiert.

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“Dadurch wurde mir klar, dass es da draußen garantiert auch Lebensmittel gab, von denen ich noch nie gehört hatte”, sagt Wright. “Und das ist immer noch so.”

Foto: Brittany Wright

Als sie 2012 die Kamera in die Hand nahm, fing sie an, Essen mit neuen Augen zu sehen. Altbekannte Zutaten offenbarten ihr auf einmal neue Texturen, Farben und Formen.

“Meine Kunst ist für mich ein Ventil für meine Fantasie und für alles, was in meinem Kopf so vor sich geht”, sagt Wright MUNCHIES am Telefon. “Ich bin dankbar, dass ich das mit der Kamera für die Ewigkeit festhalten kann.” Seit 2014 ist die Fotografie ihr Vollzeitjob, und das mit großem Erfolg: Auf Instagram hat Wright inzwischen fast 200.000 Follower.

Foto: Brittany Wright

Leider läuft nicht alles so, wie es sollte. Seit Wright mit ihren Fotos Aufsehen erregt, gibt es auch viele Menschen, die ihre Arbeit stehlen. Ende 2013 wurde ihr das Problem bewusst, als sie auf Google eine umgekehrte Bildersuche mit einigen ihrer Fotos machte. Zahlreiche Ergebnisse kamen zum Vorschein, in denen jemand ihre Werke ohne Erlaubnis und ohne Urheberrechtsvermerk veröffentlicht hatte. Und seither ist das unzählige Male passiert. Wrights Fotos tauchen als Memes auf oder als Pinterest-Posts, versehen mit massentauglichen inspirierenden Sprüchen.

Wright sagt, ihr Name stehe vielleicht bei der Hälfte der Veröffentlichungen ihrer Bilder. Doch wenn jemand keinen Quellennachweis angibt, dann entsteht daraus eine Kettenreaktion, die ihre Urheberschaft nur weiter und weiter verschleiert: “Eine Person postet meine Fotos, und dann teilen drei weitere den Post – und dann verbreitet es sich wie ein Lauffeuer.”

Seit September ist Wright bei Pixsy, einem Dienst, der Kreativen hilft, derartigen Diebstahl geistigen Eigentums zu verfolgen. Dabei kamen 18.000 Links zutage, in denen Wright keinen Urheberrechtsvermerk bekommen hatte. “Ich fühlte mich von der Zahl völlig überwältigt und musste mich erst mal hinsetzen”, sagt sie mit leicht bebender Stimme.

Seit sie weiß, wie oft ihre Arbeit gestohlen wird, hat ihre Begeisterung für die Fotografie ein wenig nachgelassen. Auch ihre Produktivität leidet darunter, denn das Problem nimmt ihre Aufmerksamkeit in Anspruch – auch wenn andere das nicht immer verstehen. Inzwischen ist die Situation für sie so schlimm, dass sie sich rechtlichen Beistand gesucht hat.

Foto: Brittany Wright

Wright arbeitet aus ihrer Wohnung in San Diego, die auch gleichzeitig ihr Studio ist. Im November hat sie einen kleinen Bildband namens Feast Your Eyes veröffentlicht, unser Telefonat fand wenige Wochen zuvor im Oktober statt. Das Buch ist voll mit Bildern von Schnittlauchblüten, Kaktusbirnen und Pracht-Himbeeren, alle schön ordentlich in Reihen arrangiert. Mit der Veröffentlichung will Wright ein Stück weit wieder Besitz von ihrer eigenen Arbeit ergreifen.

“Jeden Tag geht es weiter”, sagt sie über den Diebstahl ihrer Fotos. “Ständig schicken mir Leute Links oder hinterlassen Kommentare, um mich darauf hinzuweisen, wo meine Kunst ohne Erlaubnis verwendet wurde”, sagt Wright. “Die Bananen, der Toast und einige meiner Citrus-Bilder sind am stärksten betroffen.”

Foto: Brittany Wright

Die Fotos, von denen sie spricht, sehen aus, als seien sie konzipiert, um viral zu gehen: Lebensmittel nach Farbspektren angeordnet, Bananen liegen im Kreis wie die Speichen eines Rads, Toastscheiben von papierweiß bis rußfarben. Gerade diese Fotos hast du vielleicht auch schon irgendwo gesehen, ohne Wrights Namen darunter zu lesen.

Im Oktober postete die beliebte Facebook-Seite “Money Saving Mom” Brittany Wrights Toast-Foto. Auf jeder Brotscheibe war eine Zahl, und dazu wurde die Frage gestellt, wie gut durch die Betrachter ihren Toast mögen – Wrights Foto als Meme. Die Fotografin wurde sehr wütend, als sie das sah. Money Saving Mom hat auf unsere Bitte um Kommentar nicht reagiert. Dasselbe gilt für die meisten anderen Firmen, die laut Wright Fotos von der Künstlerin gestohlen haben.

Foto: Brittany Wright

Unter den wenigen mutmaßlichen Raubkopierern, die uns geantwortet haben, ist die englische Nonprofit-Organisation Real Junk Food Project Leicester. Die Gruppe hatte insgesamt zehn Fotos von Wright sowohl online als auch offline für Werbung eingesetzt. Bobby Hawkins, der Leiter des Freiwilligenprojekts, erklärt auf unsere Nachfrage, Wright habe ihn nie aufgrund der Urheberrechtsverletzung kontaktiert. Ein paar Tage später schreibt uns Hawkins außerdem, er habe die Fotos von verschiedenen Stock-Foto-Seiten bekommen. Wright konnte die Fotos auf den genannten Seiten jedoch nicht finden; möglicherweise wurden sie inzwischen entfernt.

“Da die Urheberin mit uns nicht in Kontakt getreten ist, werden wir die Bilder weiterhin verwenden, bis wir ein neues Design fertiggestellt haben”, schreibt Hawkins an MUNCHIES. “Wenn jemand eine legitime Beschwerde gegen uns vorbringt, werden wir die Fotos natürlich sofort entfernen. Wir sind eine gemeinnützige Nonprofit-Organisation und von guten Absichten motiviert. Deshalb würden wir niemals versuchen, aus der Arbeit anderer Profit zu schlagen.” Wright bestätigt uns gegenüber, dass sie mit dem Real Junk Food Project Leicester nicht in Kontakt getreten ist.

Das Team des Modedesigners und Promi-Hochzeitsplaners David Tutera hat Wrights Citrus-Fotos ebenfalls verwendet – als Hintergrund für eine Schmuckwerbung. Auf unsere Nachfrage schreibt uns seine Mitarbeiterin Rona Menashe, dass Beschwerden über Facebook und Instagram eingegangen seien. Das Team habe die Bilder umgehend entfernt und sich bei Wright entschuldigt, was Wright bestätigt. Laut Menashe ist Tutera nun allerdings ein großer Fan von Wrights Arbeit, vielleicht wird er ihre Fotos in Zukunft also auf legale Weise nutzen.

Foto: Brittany Wright

“Urheberrechte bieten einen Anreiz, Kunst zu erschaffen. Den meisten Menschen ist klar, dass es unserer Kultur besser geht, wenn wir mehr kreative Stimmen haben”, sagt der Anwalt Scott Burroughs aus Venice, Kalifornien. “Wenn jemand ein Kunstwerk gewinnbringend einsetzen möchte, dann muss diese Person den Künstler oder die Künstlerin kontaktieren, Erlaubnis einholen und, wenn gewünscht, ihn oder sie auch entlohnen.”

Laut Burroughs ist das Problem gerade bei Lebensmittelfotografie sehr verbreitet; oft gefährde die Raubkopiererei den Lebensunterhalt der Fotografen. “Essensfotografie ist so beliebt, es gibt sehr viele Blogs und Websites mit Bildern von Lebensmitteln. Wir haben in der Kanzlei viele Fälle aus diesem Bereich”, sagt Burroughs. “Frau Wrights Arbeit ist ästhetisch einnehmend und auffällig, weshalb sie für viele Menschen besonders attraktiv ist.”

Foto: Brittany Wright

Genau deshalb hat Wright als Titelbild für ihr Buch ein Foto gewählt, in dem Citrusfrüchte zu einem Farbverlauf angeordnet sind. Dieses Foto hat man ihr besonders häufig gestohlen. “Ich will, dass die Leute das sehen und sagen: ‘Hey, das Bild kenne ich doch aus dem Internet!’”, sagt sie. “Ich möchte einfach, dass man es wieder mit mir in Verbindung bringt.”

Und vielleicht kennen die Menschen so irgendwann nicht nur ihre Fotos, sondern auch ihren Namen: Brittany Wright.