Die Priesterin Joey Talley ist zur Stelle, wenn im Norden Kaliforniens mal wieder eine besonders hartnäckige Schadsoftware ihr Unwesen treibt. Als Anhängerin der Mysterienreligion Wicca vollzieht sie nicht nur spirituelle Hochzeiten und verspricht Linderung bei Depressionen oder liebeskummerbedingten Kopfschmerzen, sie treibt auch Viren aus Computern aus.
Das Motto, das auf Talleys bunter Website in zauberhafter Schnörkelschrift prangt, ist in der Tat vielversprechend: „Beratung und individuelle Zaubersprüche. Kein Problem ist zu klein, zu groß oder zu eigenartig”, erklärt Talley, die vom Bundesstaat Kalifornien offiziell als Pfarrerin anerkannt ist, neben ihrer Kontraktadresse und legt gleich noch ein Bonusangebot oben drauf: „Kostenloses Tarot-Karten-Lesen bei jedem Anruf.”
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Talley, die unweit des Silicon Valley wohnt, hat eine ganze Bandbreite an Techniken und Zaubern auf Lager, um Viren zu verbannen: Mal platziert sie einen Stein auf einem Computer, mal beseitigt sie die dunkle Energie eines Gadgets mit der Kraft ihrer übertragenen Gedanken und ein anderes Mal reinigt sie das Umfeld eines Computers durch das Verbrennen von Salbei. Die Dauer der Anti-Viren-Operationen hängen laut Talley von der Bösartigkeit der Viren ab—manchmal ist sie schon nach einer Stunde fertig, manchmal dauert die Zeremonie bis zur vier Stunden.
Ich habe mich mit Talley darüber unterhalten, wie sie sich rund um das Silicon Valley einen Kundenstamm aufbauen konnte, der auf einen alternativen Tech-Support setzt—und was sie ihren Kritikern erwidert, die nicht glauben wollen, dass ihre Maßnahmen funktionieren.
Motherboard: Wann hast du das erste Mal versucht, mit Hilfe von Zauberkräften technische Problem zu lösen?
Talley: Ich hatte einmal einen Kunden, dem ich mit Karriere- und Business-Zaubersprüchen half, und er hatte ein Problem mit seiner Alarmanlage. Das Unternehmen, das die Anlage installiert hatte, versuchte sich an einer Reparatur und konnte einfach nicht klären, wo der Fehler lag. Deshalb rief er mich an.
Ich ging in die Räume, ging in eine Trance und fühlte alles—und wenn ich mich recht erinnerte, fühlte ich dann eine Blockade in einer Wand. Ich habe die Blockade dann gelöst und mein Kunde hatte anschließend keine Problem mehr mit seiner Alarmanlage.
Wie genau nutzt du Zauberkraft, um Viren aus Computern zu entfernen?
Ich arbeite einfach mit Energie. Es gibt auch verschiedene Steine und Stoffe, die bei Computerproblemen helfen—Chlor ist einer von ihnen. Manche Menschen nutzen auch gerne violette Quarze für ihre Rechner. Für mich funktioniert das nicht, aber ich arbeite übernatürlich. Wenn ich in einen Raum mit einem Computer darin gehe, dann gehe ich frisch und offen da ran—ich bin bereit, zu fühlen, was mit dem Computer los ist. Jedes Projekt ist anders, deshalb ändere ich meine Zauberarbeit kontinuierlich.
Manchmal nutze ich einen Zauberspruch, manchmal klebe ich magische Gegenstände irgendwo auf einen Computer. Oder ich gebe den entsprechenden Mitarbeitern oder Reparaturdienste ein Spray, das sie auf ihre Stühle auftragen, bevor sie sich hinsetzen. Um Computer zu schützen, benutze ich sehr häufig Gagat.
Erzähl mir von einem Fall, in dem du einen Virus entfernt hast. Wie genau muss ich mir das vorstellen?
Ich bin zum Beispiel mal von einer Geschäftsfrau aus dem Marin County kontaktiert worden, die verschiedene Viren auf ihren Rechnern hatte. Zunächst musste ich einen magischen Kreis ziehen und dann rief ich Erde, Luft, Feuer und Wasser herbei und schließlich noch Merkur, den Botschafter und Kommunikator. Dann begab ich mich in einen Trance-Zustand und fühlte einfach nur noch. Ich konnte den Virus mit meinem Körper spüren. Ich fühle den geschmeidigen Fluss der Energie und eine Blockade [des Energiefluss]—da hatte sich der Virus eingenistet.
Dann widmete ich mich meiner Austreibungszeremonie: Mit einer schwarzen Schüssel, in der sich ein Magnet und Wasser befanden, lockte ich den Virus heraus. Anschließend segnete ich den gesamten Computer, um die Negativität in die Schüssel zu verjagen und spülte [den Inhalt der Schüssel] die Toilette hinunter.
Anschließend führte ich eine Reinigungs- und Läuterungszeremonie durch und erschuf ein Schutzarmulett aus Chlorid, violettem Quarz und Gagat, das ich an ihrem Arbeitsplatz hinterließ.
Und der Virus war dann sofort verschwunden?
Ja, alles war gereinigt. Die Viren sind meist sofort verschwunden.
Welche Firmen zählen denn zu deinen Kunden?
Auf mich kommen immer nur Einzelpersonen zu, keine Unternehmen. Die haben Angst. Firmen wollen nicht als Spinner, Kiffer oder Teufelsanbeter oder so beschimpft werden. Die müssen vorsichtig sein.
Gab es bisher ein Computerproblem, das du nicht lösen konntest?
Bisher noch nicht. Aber das heisst nicht, dass ich die perfekte Person bin oder dass es da draussen nichts gibt, was stärker ist als ich.
Was ist denn nach deiner Definition ein angreifender Computervirus?
Es gibt viele verschiedene Formen von Energie, manche können vom Menschen wahrgenommen werden; andere nicht. Man könnte solche Energien als Engel, Geister oder Dämonen bezeichnen. Du kannst dir diese Dämonen als Wesen vorstellen—sie essen, sie absorbieren Energie und sie wollen gefüttert werden. Und Computer sind große Speicher elektromagnetischer Energie.
Wenn sich ein Dämon in einem Computersystem festgesetzt hat, dann kannst du ihn dir wie eine Kakerlake in einer Küche vorstellen. Das Teil frisst sich voll, aber operiert ansonsten im Verborgenen. Manche Dämonen arbeiten auch für jemanden, der dir schaden will—das sind die wirklich hartnäckigen.
Du hast mir erzählt, dass sich immer mal wieder Leute über dich aufgrund deiner Arbeit lustig machen. Was antwortest du denjenigen, die dich kritisieren?
Meistens stellen mir die Kritiker unglaublich dumme Fragen. Sie sagen unglaublich dumme und unlogische Sachen. Ich habe gelernt, dass es am besten ist, ihnen zu sagen, dass sie das Buch The Spiral Dance lesen sollen. Wenn sie dann noch fragen haben, können sie mich anrufen. Vorher haben sie gar nicht genug Informationen, um mir logische Fragen zu stellen oder meine Antworten auf ihre Kommentare zu verstehen. Die Leute sollten einfach das Buch lesen—aber darauf haben sie natürlich kein Lust—die meisten wollen einfach nur haten.